Jagd auf Meer-Neunaugen Sexduft wird zum Verhängnis
29.01.2009, 14:59 UhrEin künstlicher Sexuallockstoff lockt die Weibchen der Meer-Neunaugen unwiderstehlich in die Falle. Damit zeichnet sich ein neuer Weg zur biologischen Schädlingsbekämpfung ab - unter anderem in den Großen Seen Nordamerikas. Das berichtet eine Forschergruppe um Nicholas Johnson von der Michigan State University in East Lansing (USA) in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Die Entdeckung ist von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die in die Großen Seen eingewanderten Meer-Neunaugen haben sich zu einer Pest entwickelt. Die Parasiten heften sich mit ihrem Maul an andere Fische, raspeln sich mit scharfen Zähnen durch deren Haut und ernähren sich von Blut und anderen Körpersäften ihrer Opfer. Diese sterben häufig daran. In Zeiten großen Parasiten-Aufkommens tragen bis 85 Prozent aller anderen Fische entsprechende Wunden davon, berichtet die von Kanada und den USA gegründete Great Lakes Fishery Commission.
Selbst echte Männchen ohne Chance
Eiertragende Weibchen nehmen Duftstoffe der Männchen - sogenannte Pheromone - über eine Strecke von mehr als 100 Metern wahr und schwimmen dann in die Richtung, aus der der Geruch kommt. In Fallen eingesetzt könnten diese Lockstoffe helfen, weibliche Neunaugen wegzufangen und so deren Zahl zu reduzieren, schreiben die Forscher weiter. Johnson und seine Kollegen hatten im Labor die Pheromone männlicher Neunaugen analysiert und einen Bestandteil davon in Fallen eingesetzt. Daraufhin beobachteten sie, dass weibliche Neunaugen magisch von diesem Duft angezogen werden: Die Hälfte von ihnen ging in die Falle.
Selbst wenn echte Männchen anwesend waren und ihren betörenden Duft verströmten, ließen sich die Weibchen täuschen. Allerdings nur dann, wenn der Duft des synthetischen Pheromons intensiver war als der des echten potenziellen "Liebhabers". "Es ist also wahrscheinlich effektiver, die Weibchen einzufangen und die Neunaugen so auf biologischem Wege in ihrem Bestand zu reduzieren", schreiben die Wissenschaftler in "PNAS".
Nur 270 Gramm Pheromone nötig
Das 3kPZS genannte Pheromon wirkt in extrem niedrigen Konzentrationen. Um alle Fallen in den Zuflüssen des Huronsees (Lake Huron), des Michigansees (Lake Michigan) und des Oberen Sees (Lake Superior) während der dreiwöchigen Laichzeit zu bestücken, seien insgesamt nur 270 Gramm der Substanz nötig. Damit lassen sich 5,5 Kubikkilometer Wasser behandeln - das sind rund zehn Prozent des Bodensee-Volumens.
Die Meer-Neunaugen sind vor mehr als 100 Jahren eingeschleppt worden. Jedem Parasiten fallen im Laufe seines Lebens bis zu 20 Kilogramm andere Fische zum Opfer, heißt es bei der Fischereikommission. Daher wird seit längerem nach einer Möglichkeit gesucht, den Bestand der Tiere zu reduzieren. Bisher werden Pheromone vor allem für die biologische Bekämpfung von Insekten eingesetzt.
Quelle: ntv.de