Suche nach dem Higgs-Teilchen USA preschen voran
19.02.2012, 13:04 Uhr2012 könnte ein besonderes Jahr für die Physik werden. Es soll den Nachweis für das lange gesuchte Higgs-Teilchen bringen, das anderen Teilchen - so die Theorie - seine Masse verleiht. US-Physiker aus Chicago glauben, die Fahndung nach dem Teilchen abschließen zu können. Doch ohne die Daten aus dem europäischen Cern kann ein Nachweis gar nicht gelingen.

Der Zerfall eines Higgs-Boson lässt sich illustrieren. Aber das Teilchen selbst ist noch nicht gefunden.
Im Wettlauf um den Nachweis des Higgs-Teilchens möchten US-Forscher gerne die Ersten sein. Das Fermilab bei Chicago hat die Fahndung nach dem lange gesuchten Teilchen abgeschlossen und will die Messergebnisse seiner beiden Detektoren im März auf den Tisch legen, kündigte Projektleiter Rob Roser auf einer Konferenz im kanadischen Vancouver an.
Derweil suchen auch die Europäer weiter nach dem Higgs-Teilchen. Es gilt als letztes fehlendes Puzzleteil im derzeit gültigen Standardmodell der Teilchenphysik, ohne das sich die Masse der Elementarteilchen nicht erklären lässt. Europas Wissenschaftler produzieren im europäischen Teilchenforschungszentrum Cern bei Genf knapp das Vierzigfache der amerikanischen Daten und dürften am Ende mit ihrer Genauigkeit überzeugen.
Rätsel bis 2013 gelöst
Der wissenschaftliche Direktor des Cern, Sergio Bertolucci, bekräftigte in Vancouver, dass die Europäer das Higgs-Rätsel bis Ende 2012 lösen würden. Das Cern werde seinen riesigen Beschleuniger LHC (Large Hadron Collider) noch in diesem Jahr von einer Energie von 3,5 auf dann 4 Tera-Elektronenvolt bringen, sagte er. Damit kann der Beschleuniger Elementateilchen mit noch höherer Energie aufeinander schießen. Bei diesen Kollisionen entstehen neue Teilchen, womöglich auch das Higgs (auch Higgs-Boson genannt).
Die Suche wird so oder so ein interessantes Ende finden. Existiert das Higgs-Teilchen tatsächlich, bestätigt sein Nachweis die Richtigkeit des Standardmodells. Seine Nicht-Existenz hieße, dass das Modell - das viele Physiker als wichtigste Theorie des 20. Jahrhunderts feiern - ergänzt oder korrigiert werden muss.
Ohne Higgs ist's spannender
"Es wäre spannender, wenn wir es nicht fänden", sagte Bertolucci in Vancouver. "Wenn das Higgs nicht existiert, muss es einen anderen Mechanismus geben". Die Teilchen-Physikerin Anadi Canepa vom kanadischen Nationallabor Triumf in Vancouver sagte, dass die Nicht-Existenz des prophezeiten Higgs-Teilchens "zu neuen Dimensionen in Raum und Zeit führen könnte".
Nach ihren Angaben reicht das Datenvolumen des Tevatron allerdings nur dafür aus, die Existenz des Higgs-Teilchens zu verneinen. "Für seinen Nachweis bedarf es des weitaus größeren Datenvolumens der Europäer", sagte die Expertin. Der betagte Tevatron-Beschleuniger des Fermilabs in Batavia (US-Bundesstaat Illinois) ist seit September abgeschaltet.
Eingegrenzt, doch nicht entdeckt
Mitte Dezember hatten Wissenschaftler des Cern viel beachtete Zwischenresultate zu Higgs vorgelegt. Das Elementarteilchen sei den bisherigen Daten zufolge am ehesten im Energiebereich zwischen 116 und 130 Giga-Elektronenvolt (GeV) zu finden. Die Hinweise seien aber noch nicht stark genug, um von der "Entdeckung" des Higgs-Teilchens zu sprechen, hieß es.
Nachdem "seine" Higgs-Daten analysiert wurden, will US-Forscher Roser sie Anfang März auf der Moriond-Tagung im italienischen Ort La Thuile der Fachwelt bekanntgeben.
Quelle: ntv.de, Gisela Ostwald, dpa