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In Lava gegossene Attraktion Versteinerte Bäume

Im Erdreich der Stadt Chemnitz liegt ein geheimnisvoller Schatz verborgen - zu Stein gewordene Bäume. Doch selbst viele Chemnitzer kennen ihren 290 Millionen Jahre alten Regenwald kaum. Das seit vier Jahren im beliebten Kulturkaufhaus Tietz ansässige Naturkundemuseum präsentiert die Stämme aus der Vorzeit zwar in einer sehenswerten Ausstellung, doch als Markenzeichen der Stadt werden die Kieselhölzer nicht wahrgenommen. Das soll in diesem Jahr anders werden. Von April an wollen Wissenschaftler ein kleines Stück des Waldes ausgraben und ein spektakuläres Schaufenster in die Erdgeschichte freilegen.

Vor fast 300 Jahren wurden die ersten Bäume des Waldes aus Stein entdeckt. Vor allem um 1900 herum, als die Stadt immer größer wurde und einen regelrechten Bauboom erlebte, kamen im Stadtteil Hilbersdorf immer weitere Stämme zum Vorschein. Sie stammen aus einer Zeit, in der Mitteleuropa noch eine tropische Klimazone war. Bei einem Vulkanausbruch wurde der Regenwald entwurzelt, von Gestein und Staub verschüttet und so konserviert.

Glücksfall für Forscher

"Der Vulkanausbruch war für die Natur damals eine Katastrophe, für die Wissenschaft heute ist es ein Glücksfall", sagt der Leiter des Chemnitzer Naturkundemuseums Ronny Rößler. Die Voraussetzungen, neue Kenntnisse über die Zeit des Perm zu gewinnen, seien in Chemnitz so einzigartig wie an kaum einem anderen Ort auf der Erde, meint Rößler. "Die Fossilien wurden nicht verfrachtet und sind Zelle für Zelle erhalten geblieben."

Bislang beschränkten sie sich in Chemnitz allein auf das Aufsammeln der Pflanzenfossilien. Mehrere hundert Kieselhölzer sind so mittlerweile zusammengekommen. Einige haben die Chemnitzer etwa an Naturkundemuseen in Paris, Stockholm und London geschickt. Jetzt sollen erstmals wissenschaftliche Grabungen neue Erkenntnisse bringen. Dafür wird eine 500 Quadratmeter große Probefläche freigelegt werden. Ein zweites Fenster könnte im Stadtteil Sonnenberg entstehen, wo derzeit zahlreiche Plattenbauten abgerissen werden.

Rößler ist überzeugt, dass immer noch Bäume unter der Stadt liegen. Er verspricht sich von den Grabungen auch endlich mehr Aufmerksamkeit für den seltenen Schatz. Langfristig plant er, ein zwei Fußballfelder großes Areal freizulegen und zu einer neuen Attraktion zu machen.

Alleinstellungsmerkmal der Stadt

Viele Chemnitzer machen für die geringe Bekanntheit hausgemachte Probleme verantwortlich. "Der Wald ist das einzige Chemnitzer Alleinstellungsmerkmal von überregionaler Bedeutung und trotzdem wird es vom Stadtmarketing nur nachrangig behandelt", erbost sich etwa der Leiter des Kulturkaufhauses Tietz, Werner Rohr.

Dabei hatte der Stadtrat schon vor zwei Jahren beschlossen, den UNESCO-Welterbetitel anzustreben. Dass auf den im vergangenen Jahr aufgestellten touristischen Autobahnschildern der Wald nicht auftauche, war aber für viele Beleg, dass die Stadtspitze es mit ihren Bemühungen um den UNESCO-Titel nicht mehr ernst meint. Dem freilich widerspricht Kultur-Bürgermeisterin Heidemarie Lüth (Linke). "Wir wollen unseren Schatz als einmaliges Naturerbe positionieren."

Eine große Vision für die Vermarktung des Waldes entwickelten vier Chemnitzer Bürger in Eigenregie. Sie gründeten die Initiative "Waldspaziergang" und schlugen vor, die versteinerten Urwaldriesen auf einem ehemaligen Bahngelände wieder aufzurichten. In einem Videoclip veranschaulichen sie ihre Idee von einem spektakulären Spaziergang durch den Regenwald. "Das würde die Touristen in Scharen anlocken", meint Mitinitiator Andr Donath.

Von Erik Nebel, dpa

Quelle: ntv.de

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