Doppelter Magnetsinn Zugvögel verirren sich nicht
08.05.2010, 10:00 Uhr
in den 1960er Jahren wurde der erste Beweis erbracht, dass Zugvögel einen "Magnetkompass" zur Navigation nutzen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Zugvögel verfliegen sich selten. Bei ihren Reisen über tausende Kilometer hinweg orientieren sie sich am Magnetfeld der Erde – allerdings nicht nur mit Hilfe ihres Sehzentrums, sondern auch über einen zweiten Magnetsensor im oberen Teil ihres Schnabels.
Das haben Wissenschaftler der Universität Oldenburg und der neuseeländischen Universität Auckland herausgefunden. Deren Versuche zeigten, dass bei Rotkehlchen zwei Regionen im Hirnstamm aktiv sind, wenn sich die Vögel in einem sich regelmäßig ändernden Magnetfeld befinden. Das berichtet das Team um Dominik Heyers von der Arbeitsgruppe Neurosensorik in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Verbindung zum Hirnstamm
Die neuen Resultate liefern Hinweise darauf, dass im Oberschnabel befindliche eisenmineralhaltige Kristallstrukturen, die über Nervenbahnen mit dem Hirnstamm verbunden sind, diese Aktivierung verursachen. "Die Eisenkristalle fungieren als Magnetfeldsensor", heißt es bei den Forschern. Die Kristalle funktionierten wie eine "Karte", mit der die Zugvögel ihren Standort bestimmen, vermutet das Team. Das visuelle System diene höchstwahrscheinlich als Kompass, der die Richtung liefere.
Dass Vögel das Magnetfeld mit hoher Wahrscheinlichkeit auch über ihr Sehzentrum wahrnehmen, hatten Forscher bereits zuvor berichtet. Theoretische Überlegungen zur Magnetfeldnavigation gibt es seit 1859. Der erste Beweis dafür, dass Vögel einen Magnetkompass nutzen, stammt aus den 1960er Jahren von Professor Wolfgang Wiltschko von der Universität Frankfurt: In einem inzwischen klassischen Experiment zeigten Rotkehlchen in einem Magnetfeld gleicher Intensität, aber gedrehter Richtung ein verändertes Richtungsverhalten.
Visueller Eindruck
2008 hatten britische Forscher Moleküle geschaffen, die auf Magnetfelder reagieren, die ähnlich schwach sind wie jenes der Erde. Das Erdmagnetfeld hat eine Stärke von 50 Mikro-Tesla, das ist etwa 10.000 Mal schwächer als ein Magnet zum Anheften von Notizen an einer Pinnwand. 2009 zeigten die Neurosensorik-Forscher aus Oldenburg, das Zugvögel die Richtung des Magnetfeldes mit hoher Wahrscheinlichkeit als visuellen Eindruck wahrnehmen.
Noch im vergangenen Oktober waren die Oldenburger Forscher davon ausgegangen, dass die Magnetitkörnchen in der oberen Schnabelhaut keine entscheidende Rolle für den Magnet-Kompass spielen. Nachdem die Nervenverbindung zwischen den Körnchen und dem Gehirn inaktiviert worden war, konnten die Vögel immer noch problemlos ihren magnetischen Kompass nutzen. Diese Magnetitkörnchen waren 1997 im Schnabel von Brieftauben entdeckt worden.
Quelle: ntv.de, dpa