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Der Zilpzalp zittert Zugvögel wissen nicht wohin

Kraniche auf einem verschneiten Feld bei Groß Wokern (Mecklenburg-Vorpommern). Die Zugvögel kommen derzeit aus ihren Überwinterungsgebieten zurück. Die Flugrouten nach Skandinavien führen quer über Deutschland hinweg.

Kraniche auf einem verschneiten Feld bei Groß Wokern (Mecklenburg-Vorpommern). Die Zugvögel kommen derzeit aus ihren Überwinterungsgebieten zurück. Die Flugrouten nach Skandinavien führen quer über Deutschland hinweg.

(Foto: dpa)

Das Winterwetter will so gar kein Ende nehmen - auch die Zugvögel bekommen das zu spüren. Sie frieren und wissen nicht, wo sie sich niederlassen sollen - Vogelhochzeit und Brut sind wegen der anhaltenden Kälte verzögert.

Viele Zugvögel sind nach einer kurzen Stippvisite im bitterkalten Deutschland schon wieder auf dem Weg zurück in jene Gefilde, in die nun auch viel frostmüde Osterurlauber fliegen werden: in den Süden. Das gilt auch für die Stare aus dem Kinderlied: "Sie waren schon hier und sind wieder verschwunden", sagt Vogelkundler Peter Becker von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft in Wilhelmshaven.

Die Stare waren bis nach Norddeutschland geflogen und hatten schon ihre angestammten Nisthöhlen inspiziert: Schließlich soll ja Hochzeit gehalten und gebrütet werden. Doch die wegen Eis und Schnee fehlende Insektennahrung ließ sie wieder umdrehen gen Süden. Für die Vögel, die hunderte Kilometer in wenigen Tagen schaffen, sei das kein Problem, sagt Becker.

Der zu den Grasmücken zählende Zilpzalp, der so zwitschert, wie er heißt, müsste auch schon seit Mitte März in seine Reviere in Wäldern, Feldern und Gärten zurückgekehrt sein. "Doch viele Vögel hängen noch im Mittelmeerraum rum", sagt Becker, andere Zilpzalpe zittern in Süddeutschland wärmerem Wetter entgegen. Kein Wunder: Die etwa 8,5 Gramm leichten Piepmatze haben der Kälte wenig entgegenzusetzen.

Durch Frost und Schnee vertrieben

Selbst Störche waren im Februar schon in den Elbauen bei Dresden auf der Suche nach wanderwilligen Kröten und anderem wohlschmeckenden Getier gesichtet worden. Frost und Schnee haben auch sie wieder vertrieben. Ob es allerdings zugereiste oder überwinternde Adebare waren, ist laut Beckers Kollegen Wolfgang Fiedler schwer zu sagen: Störche segeln bei günstigen Winden innerhalb von zwei Tagen auch mal 1000 Kilometer weit, wenn ihnen das Nahrungsangebot nicht passt, sagt der Experte von der Vogelwarte Radolfzell am Bodensee.

Bei Feldlerchen, Kiebitzen, Hausrotschwänzen oder anderen Frühziehern gibt es derzeit ein kältebedingtes "Hin und Her", sagt Fiedler. Einige der Insektenfresser bleiben hier und versuchen sich mit dem Fett aus Maisen-Futterringen durchzuschlagen. Andere sind umgekehrt und fliegen über das Elsass wieder ein Stück zurück ins Warme.

"Mit dem Tode bestraft"

Ein beliebter Frühlingsbote, die Mehlschwalbe, betreibt mit ihrem frühen Zuzug allerdings ein gefährliches Spiel. Passen Wetter und Insektenangebot, können frühe Mehlschwalben zwar als erste die besten Brutreviere besetzen. Doch bei anhaltendem Winter, "wird die Idee mit dem Tode bestraft", sagt Fiedler. Der Grund: "Mehlschwalben haben keine Kraft mehr zum Umkehren und verhungern schlichtweg".

Bei hier überwinternden Arten aus dem Norden sorgt das widrige Klima ebenfalls für einen "Zugstau": Seidenschwänze und Bergfinken aus Schweden und Russland vertreten sich hier ihre kalten Beinchen und warten ebenfalls auf besser Wetter zu Hause.

"Alle Vögel sind niemals da"

Einigen anderen ist der anhaltende Winter indes völlig egal: Der gelb-schwarze Pirol oder die unscheinbare, aber wohlklingende Gartengrasmücke überwintern in Afrika und kommen meist erst im Mai, wenn es schon längst schön warm ist: "Alle Vögel sind niemals da im Frühling", sagt Fiedler mit Blick auf das Kinderlied.

Der Ornithologe sieht im langen Winter kein Problem für die Vögel. "Ein paar warme Tage und die Brut setzt explosionsartig ein", sagt er. Und dann werden alle bislang stumm bibbernden Vögel wie im Kinderlied aus vollen Kehlen "singen, musiziern / pfeifen, zwitschern, tiriliern". Womöglich schon zu Ostern: Für die Feiertage versprechen Meteorologen bis zu 15 Grad - plus.

Quelle: ntv.de, Jürgen Oder, AFP

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