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Klimawandel in Deutschland Zwei Grad und tausend Folgen

Die Autoren unterstreichen, dass bei zwei Grad Erwärmung keinesfalls Schluss sein müsste.

Die Autoren unterstreichen, dass bei zwei Grad Erwärmung keinesfalls Schluss sein müsste.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vielen Menschen mag die Vorstellung, dass es in Deutschland durchschnittlich zwei Grad wärmer wäre, in den letzten Monaten wie ein Wunschtraum vorgekommen sein. Welche Folgen ein solcher Temperaturanstieg jedoch wirklich haben würde, das versucht nun das Buch "Zwei Grad mehr in Deutschland" dem Leser näherzubringen - mit oft erstaunlichen Antworten.

"Zwei Grad mehr in Deutschland" ist als Taschenbuch beim Fischer Verlag erschienen und kostet 12,99 Euro.

"Zwei Grad mehr in Deutschland" ist als Taschenbuch beim Fischer Verlag erschienen und kostet 12,99 Euro.

Welche Folgen hat der Klimawandel bis 2040 in Deutschland? Vor allem im Süden und Osten werden die Temperaturen steigen. Die Menschen leiden insgesamt unter mehr extremen Hitzetagen sowie häufigerem und stärkerem Hochwasser als bislang. Die Landwirtschaft in Deutschland könne sich jedoch halbwegs an den Klimawandel anpassen. Diese und viele weitere Daten präsentieren Klimaforscher und Sozialwissenschaftler in den acht Kapiteln des Taschenbuchs "Zwei Grad mehr in Deutschland".

"Zwischen 1991 und 2010 lag das Jahresmittel der Lufttemperatur in Deutschland bei 9 Grad Celsius", schreiben etwa Friedrich-Wilhelm Gerstengabe und Peter Werner, beide vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (Pik) und geben sogleich eine Prognose: Bis zum Zeitraum 2031 bis 2050 werden sich die Küstenregionen um 0,9 Grad erwärmen, große Teile der Mittelgebirgsregionen und Süddeutschlands jedoch um 1,3 bis 1,5 Grad.

Der Niederschlag werde im Mittel in den nächsten 30 Jahren leicht – um 4 Prozent – abnehmen. Besonders stark nimmt er im Sommer ab, im Winter dagegen in den meisten Teilen Deutschlands sogar zu. Die Abnahme sei zudem äußerst ungleich verteilt. So werde es in Teilen der Alpen und im südlichen Bayerischen Wald trockener, in Teilen von Hessen und Rheinland-Pfalz dagegen nasser. Besonders in Ostdeutschland könne es im Sommer zu Wassermangel kommen, so dass nur noch Kraft- und Trinkwasserwerke, nicht aber die Landwirtschaft Wasser entnehmen dürften.

Bessere Bedingungen für Hartweizen, Sojabohnen und Mais

Könnte zum Profiteur des Klimawandels werden: Weinanbau in Deutschland.

Könnte zum Profiteur des Klimawandels werden: Weinanbau in Deutschland.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die beiden Forscher verwendeten für ihre Vorhersagen ein Modell, nachdem sich Deutschland von 1901 bis 2040 insgesamt um 2 Grad erwärmt. Landwirte werden künftig wahrscheinlich neue Sorten anbauen: Günstig sei künftig das Anpflanzen von mehr Hartweizen, aus dem zum Beispiel Nudeln hergestellt werden, schreiben drei weitere Pik-Forscher. Auch für Sojabohnen und Mais werden vielerorts bessere Bedingungen herrschen – und: "Die Klimaerwärmung wird eine Kultur in Deutschland besonders begünstigen: Den Wein." Insgesamt profitiere die Landwirtschaft auch von der steigenden Kohlendioxidkonzentration. Das Gas ist ein Grundstoff für jedes Pflanzenwachstum. Allerdings, so schränken die Forscher ein, lasse sich die Schädlingsentwicklung mit steigenden Temperaturen nicht beziffern. Sie gehen von mehr Schadinsekten aus als bislang.

Der Wald in Deutschland nehme derzeit rund 80 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr auf, rund ein Zehntel des bundesweit menschengemachten Ausstoßes, heißt es in einem weiteren Kapitel. Das führen die Forscher unter anderem auf eine längere Vegetationsperiode zurück: Die Blätter erscheinen früher, und bleiben so insgesamt pro Jahr ein paar Tage länger am Baum. Die Folge ist Holzzuwachs, der nicht unbedingt etwas über die Gesundheit des Waldes aussagt. Künftig könnten höhere Temperaturen und geringere Niederschläge das Wachstum einiger Bäume vermindern – worauf viele Förster schon mit angepassten Arten reagiert haben. Zudem steige die Gefahr von Waldbränden, Schädlingen und Sturmschäden. Insgesamt könnten die Buchenbestände im Nordost Deutschlands besonders unter dem Klimawandel leiden.

Drei oder vier Grad mehr sind ein anderes Thema

Auch wenn die Prognosen für Deutschland bis 2040 nicht gerade katastrophal klingen, schließt das letzte Kapitel mit zwei Mahnungen. Die Forscher verweisen darauf, dass der Klimawandel in Deutschland 2040 bei zwei Grad nicht haltmachen werde. Dass bei einer Erwärmung von drei oder vier Grad noch Anpassung möglich ist, "kann bezweifelt werden", ergänzen sie. Und: "Wir wissen aber, dass Wirkungen des Klimawandels in anderen Teilen der Welt sehr viel dramatischer ausfallen dürften (oder bereits im Gange ist) als in Deutschland."

Das Buch ist insgesamt sehr wissenschaftlich geschrieben, wobei sich die einzelnen Kapitel stark in ihrer Lesbarkeit unterscheiden. 15 der 19 Autoren arbeiten am Pik, die übrigen vier sind Sozialwissenschaftler der Universität Flensburg oder des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Die Herausgeber möchten den Blick für die gesellschaftliche Bedeutung des Klimawandels stärken.

Quelle: ntv.de, Simone Humml, dpa

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