Frage & Antwort, Nr. 52 Warum steigt der Meeresspiegel?
02.01.2009, 09:12 UhrWarum führt das Schmelzen der Eisberge zu einem Anstieg des Meeresspiegels ? (fragt Peter Roegner aus Hannover)

Der Abbruch von Schelfeis birgt Risiken.
Eisberge entstehen, wenn große Stücke eines Gletschers oder des Schelfeises, also einer großen Eisplatte, die auf dem Meer schwimmt und mit einem Gletscher an Land fest verbunden ist, abbrechen. Sie treiben im Meer und liegen mit etwa einem Zehntel über dem Wasser, da die Dichte des Wassers im gefrorenen Zustand niedriger ist als im flüssigen Zustand. Ein Eisberg verdrängt seiner Masse entsprechend Wasser. Schmilzt er ab, hat das entstehende Wasser genau das Volumen des verdrängten Wassers. Damit trägt dieser Prozess nicht zum Anstieg des Meeresspiegels bei.
Woher kommt dann der seit der Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich zu beobachtende Anstieg des Meeresspiegels?
Eine Antwort auf diese Frage liefert ein Blick in das Sondergutachten des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen (WBGU) mit dem Titel "Die Zukunft der Meere". Zunächst einmal steht der unmittelbare Zusammenhang zwischen globaler Erwärmung und dem Meeresspiegelanstieg für die Wissenschaftler außer Frage. Die Ozeantemperaturen sind besonders an der Oberfläche und in Tiefen bis zu wenigen hundert Metern signifikant gestiegen. Die dadurch erhöhte Dichte des Wassers führt zur sogenannten thermischen Ausdehnung. Bisher trägt dieser Prozess zwar nur in geringem Maße zum Anstieg bei. Setzt sich der Trend zur Erwärmung jedoch fort und erreicht er auch tiefere Schichten des Meeres, wird sich dieser Anteil stark erhöhen.
Schnelle Schmelze an den Polkappen
Gravierender wirkt sich das Abschmelzen der großen Kontinental-Eismassen in der Arktis und in Grönland aus. Diese befinden sich in normalem Zustand in einem Fließgleichgewicht. Im Zentrum bildet sich durch Schneefall ständig neues Eis, während es an den Rändern abfließt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben zwar einen verstärkten Niederschlag festgestellt, aber auch der Abfluss verstärkt sich rapide.
Genaue Zahlen über den Masseverlust sind nicht verfügbar. Klar belegbar ist jedoch, dass die Fläche des arktischen Eises im Zeitraum von 1979 bis 2006 um 15 bis 20 Prozent abgenommen hat.

Je nachdem, wie sehr der Meeresspiegel steigen wird, werden vor allem Küstenregionen völlig verschwinden.
Selbst die Antarktis, für die man zunächst sogar ein Anwachsen der Eismasse angenommen hatte, bereitet den Forschern zunehmend Sorgen. Der spektakuläre Abbruch des Jahrtausende alten Larsen-B-Eisschelfes hatte zunächst auch keine Auswirkungen auf den Meeresspiegel, da er komplett im Meer trieb. Lösen sich Eisschelfe jedoch aus ihrer Verankerung, sind sie nicht mehr in der Lage, das Inlandeis zurück zu stauen. Aus diesem Grund haben die Eisströme, die hinter dem Larsen-B-Eisschelf vom Kontinentaleis abfließen, sich bis zur 8-fachen Geschwindigkeit beschleunigt.
Überall schmelzen Gletscher
Ein weiteres Problem besteht in der Tatsache, dass die Auswirkungen der Erwärmung zusätzlich zum schnelleren Abschmelzen beitragen. Zu diesen Rückkopplungsprozessen gehören etwa die Schmierung der Gletscherunterseite durch Schmelzwasser von der Oberfläche und die Reibungswärme aufgrund des schnelleren Fließens. Nicht nur die Regionen des einstmals ewigen Eises tragen zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Auch das verstärkte Abschmelzen kleinerer Gebirgsgletscher im Inneren der Kontinente führt den Meeren über eine erhöhte Wassermenge in den Flüssen zusätzliches Wasser zu.
Die Wissenschaftler des WBGU betonen, dass lokale Effekte den momentan kleinen globalen Effekt durchaus noch überwiegen können. So gibt es Gebiete in Indien, in denen das Meeresniveau stetig sinkt. Sollte es jedoch zu den Temperatursteigerungen kommen, die von führenden Klimaforschern prognostiziert werden, würde der globale Anstieg des Meeresspiegels unweigerlich alle Küstenregionen der Welt treffen. Auf Basis eines auf 3 Grad Celsius begrenzten Temperaturanstieges, einer angesichts neuerer Daten sehr optimistischen Schätzung, prognostizieren die Wissenschaftler bis 2300 einen Anstieg von 2,5 bis 5,1 Meter.
Quelle: ntv.de