Fundsache, Nr. 1245 "Uraltdom" aus der Zeit Karls des Großen
26.02.2014, 12:24 Uhr
Archäologen graben im Fundament der St. Johannis Kirche in Mainz: Vom Keller bis zum Dach sind Mauerreste aus Zeiten Karls des Großen entdeckt worden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Überraschung in der Fachwelt: Mainz hat eine Kirche mit Mauerresten bis hoch zum Dach, die vermutlich mehr als 1200 Jahre alt sind. Eine noch ältere deutsche Kirche soll es nur noch in Trier geben.
Die zweitälteste Kirche auf deutschem Boden steht nach Ansicht von Fachleuten wohl in Mainz. Im sogenannten Alten Dom in Mainz, der heutigen evangelischen Kirche St. Johannis, stecke "ein Uraltdom", der zu Zeiten Karls des Großen erbaut worden sei, sagte Dekan Andreas Klodt mit Blick auf erste Erkenntnisse neuer Grabungen. "Wir haben hier die älteste Kirche nach Trier in Deutschland." Als älteste deutsche Kirche gilt der Trierer Dom, der auf das vierte Jahrhundert zurückgeht.

Grabungshelfer haben im Februar im Fundament der St. Johannis Kirche Gebeine freigelegt.
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Prof. Matthias Untermann vom Institut für Europäische Kunstgeschichte in Heidelberg erklärte, dass sich karolingische Mauerreste vom Keller bis zum Dach zögen. "Das ist eine große Überraschung." Die Fachwelt habe dies unterschätzt. Karl der Große war vor 1200 Jahren gestorben.
Der rheinland-pfälzische Landeskonservator Joachim Glatz sagte: "Das ist der einzige erhaltene karolingische Dom Deutschlands." Denn normalerweise hätte ein Bischof im Mittelalter einen Dom exakt an der Stelle des Vorgängerbaus errichtet. Erzbischof Willigis habe aber vor rund 1000 Jahren den heutigen Mainzer Dom daneben bauen lassen. Beide Kirchen seien dann lange durch einen Zwischenbau verbunden gewesen.
Laut Untermann ist das ursprüngliche gewaltige Raumempfinden in St. Johannis wegen meterhoher Aufschüttungen im Laufe der Jahrhunderte teils verloren gegangen. Der Archäologe Ronald Knöchlein sagte, Mainz habe bereits zu römischer Zeit eine Christengemeinde gehabt. Beim weiteren Graben in der Tiefe des Kirchenschiffs sei "hier die Wahrscheinlichkeit am größten, auf eine spätrömische Kirche zu stoßen". Selbst ein römischer Tempel könnte einst in diesem Bereich gestanden haben, erläuterte der Experte.
Laut Knöchlein wurden bei den Grabungen bislang auch zwei menschliche Skelette gefunden - Überreste früher Bestattungen in der Kirche. Seit dem 19. Jahrhundert nutzt die evangelische Gemeinde das Gebäude. Im Zweiten Weltkrieg brannte St. Johannis nach einem Bombenangriff aus. Der Abriss wurde erwogen, aber wieder verworfen. Wie lange die Archäologen noch weitergraben, ist bislang unklar.
Quelle: ntv.de, Jens Albes, dpa