Kleiner, schneller, energiesparender Erster Kohlenstoff-Computer entwickelt
25.09.2013, 19:58 UhrDamit Computer leistungsfähiger werden, müssen die Chiphersteller immer mehr Schaltkreise auf einem Mikroprozessor unterbringen. Mittlerweile stößt die Technik an ihre Grenzen. US-Wissenschaftler könnten nun eine Lösung gefunden haben.
Erstmals haben Forscher einen Computer aus Kohlenstoff-Nanoröhren gebaut. Der Rechner ist nicht nur besonders winzig. Nanoröhren aus Kohlenstoff könnten die Leistung von Mikrochips auf Siliziumbasis künftig um mindestens eine Größenordnung übertreffen, schreibt das Team um Max Shulaker von der kalifornischen Stanford University im Fachmagazin "Nature". Manche Experten sprechen schon vom Beginn einer neuen Ära, in der Kohlenstoff Silizium ersetzen wird.
Seit rund 15 Jahren versuchen Wissenschaftler weltweit, Nanoröhren aus Kohlenstoff in der Mikroelektronik einzusetzen. Bisher gelang dies nur bei einzelnen Bauteilen – aus verschiedenen Gründen. So wachsen Nanoröhren oft nicht so streng in eine Richtung, wie es für einen Mikrochip nötig ist. "Wir zeigen hier, dass diese Probleme bewältigt werden können, und präsentieren den ersten Computer, der komplett aus Transistoren mit Kohlenstoff-Nanoröhren aufgebaut ist", schreiben die Forscher. Das Gerät habe 20 Standardbefehle fehlerfrei ausgeführt.
178 Transistoren aus jeweils 10 bis 200 Nanoröhren
Der Mini-Rechner umfasst 178 Transistoren, die jeweils aus 10 bis 200 Nanoröhren bestehen. Ein üblicher Mikrochip böte fünf solcher Computern Platz. Noch ist der Kohlenstoff-Computer seinem Gegenstück aus Siliziumtransistoren jedoch unterlegen: Er rechnet mit einem Bit und einem Befehl, während heutige Computer 64 Bit und viele Befehle gleichzeitig verarbeiten. Zudem verwendeten die Stanford-Forscher einen veralteten Aufbau, um Transistoren zu sparen. Doch die Ergebnisse sind auf die heutige Technologie übertragbar.
Die Nanoröhren sind zylinderförmige Gebilde, die aus einer einzigen Lage Kohlenstoffatome aufgebaut sind. Sie können besser als jedes andere bekannte Material Wärme ableiten, weshalb die aus ihnen gebauten Transistoren höhere Spannungen und Temperaturen aushalten als Siliziumtransistoren.
Zwei Verfahren trugen entscheidend zum Erfolg bei: Zum einen entwickelten sie ein Schaltkreisdesign, das unempfindlich ist gegen Nanoröhren, die nicht exakt ausgerichtet sind. Zum anderen fanden sie einen Weg, die nicht funktionsfähigen Nanoröhren auszusieben: Wenn die Röhren wachsen, entstehen manchmal Strukturen, die wie Metall Strom leiten, während Kohlenstoff nur als Halbleiter erwünscht ist. Indem die Forscher große Strommengen durch Nanoröhren fließen ließen, ließen sie die funktionsuntüchtigen zu Kohlendioxid verdampfen.
Dichte von 500 Nanoröhren pro Mikrometer möglich
Viele Experten halten die Arbeit der Forscher für einen bedeutenden Schritt zur Kohlenstoff-Technologie künftiger Rechner. "Man hat darüber geredet, dass ein neues Zeitalter von Kohlenstoff-Nanoröhren Silizium überwindet", sagt Studienleiter Subhasish Mitra. "Hier ist der Beweis." Mihail Roco von der National Science Foundation der USA spricht von einem "wichtigen wissenschaftlichen Durchbruch".
In einem "Nature"-Kommentar beschreibt Franz Kreupl von der Technischen Universität München die Möglichkeit, dass solche Geräte die heutige Silizium-Technologie übertreffen könnten. "Die Antwort hängt davon ab, wie präzise Nanoröhren auf einem Substrat angeordnet werden können." In der nahen Zukunft sei eine Dichte von 500 Nanoröhren pro Mikrometer möglich. "Wenn sich die Forschung auf eine aufgestockte (64 Bits) und runtergestufte (Transistorgröße 20 Nanometer) Version des Nanoröhren-Computers von Shulaker und Kollegen konzentriert, könnten wir schon bald auf so einem Gerät schreiben", meint Kreupl.
Quelle: ntv.de, dpa