Neue Hoffnung für Parkinson-Patienten Gen ins Gehirn eingebracht
17.03.2011, 12:12 Uhr
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
US-Forscher haben einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Gentherapie für Parkinsonpatienten zurückgelegt. In einer klinischen Studie schleusten sie 16 Erkrankten ein Gen direkt in das Gehirn ein. Innerhalb von sechs Monaten habe sich die Beweglichkeit der Probanden um rund 23 Prozent verbessert, schreiben die Mediziner um Peter LeWitt vom Henry Ford West Bloomfield Krankenhaus (US-Staat Michigan) im Fachjournal "Lancet Neurology".
Bei 21 Patienten, denen der Eingriff nur vorgetäuscht wurde, habe es zwar auch Verbesserungen in der Motorik gegeben - diese lagen allerdings nicht ganz so hoch (12,7 Prozent). Die Probanden im Alter zwischen 30 und 70 Jahren wurden den Forschern zufolge ausgewählt, weil ihre Symptome auf andere Therapieformen nicht gut angeschlagen haben.
Alte Studie ohne Kontrollgruppe
An Parkinson erkranken vor allem ältere Menschen. Nach Angaben des Kompetenznetzwerks Parkinson leiden etwa ein Prozent der über 60-Jährigen an der Bewegungsstörung. Betroffene können ihre Muskeln immer schlechter steuern. Sie leiden etwa an Zittern, können nur in Trippelschritten laufen oder haben Schwierigkeiten beim Sprechen. Die Gentherapie befindet sich in einem frühen Experimentierstadium, wann sie für alle Patienten verfügbar wird, ist noch offen.
Eine 2007 veröffentlichte Pilotstudie hatte bereits Erfolge bei der Gentherapie gezeigt. Da es dabei jedoch keine Kontrollgruppe gab, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirkung lediglich auf den Placebo-Effekt zurückgeht. Von diesem Effekt sprechen Forscher, wenn allein der Glaube an die Medizin eine Besserung bewirkt.
Zudem sei die neue Arbeit die erste doppelblinde Studie dieser Art, berichten die Forscher. Bei dieser Versuchsform weiß weder der Patient, noch der Arzt, zu welcher Gruppe der Teilnehmer zugeordnet wird. Dadurch werden bestimmte Nebeneffekte verhindert, die das Versuchsergebnis verzerren können.
Herausforderung Schein-OP
Das Team um LeWitt schleuste der einen Gruppe mit Hilfe eines unschädlichen Virus ein Gen für das Enzym Glutaminsäure-Decarboxylase (GAD) in das Gehirn ein. Dadurch wird die Produktion des Stoffs "GABA" im sogenannten Nucleus subthalamicus im Zwischenhirn angeregt.
Der Nucleus subthalamicus hat bei Parkinsonpatienten eine krankhaft erhöhte Aktivität. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass eine Elektrotherapie die Aktivität dieser Hirnregion wirkungsvoll mindert und Parkinsonsymptome auch verringern konnte.
Der Kontrollgruppe wurde der gleiche Eingriff 1:1 vorgespielt. Da die Patienten bei der Operation wach waren, sei dies eine besonders große Herausforderung gewesen, so die Mediziner. Schein-OPs für Studienzwecke sind bei manchen Wissenschaftlern umstritten. Alle Patienten litten den Forschern zufolge nach den Eingriffen nur an leichten Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit.
Viele Fragen bleiben offen
Michael Hutchinson von der New York University School of Medicine lobte vor allem das sorgfältige Studiendesign der Forscher. Bei der Therapie selbst, gebe es jedoch noch viele ungelöste Fragen: "Wie lange werden die Effekte andauern? Werden unerwartete Langzeitfolgen auftauchen, nachdem Viren in das Gehirn geschleust wurden? Gibt es Vorteile gegenüber der Elektrotherapie, bei der die medizinischen Fortschritte doppelt so groß zu sein scheinen?", schreibt er in einem Kommentar des Fachjournals. Bislang wird Parkinson meist mit Medikamenten behandelt, die aber mit zunehmender Einnahmedauer oftmals wirkungslos werden.
Mehrere Autoren der Studie erklärten nach den Statuten des Fachjournals, unter anderem für verschiedene Pharmaunternehmen zu arbeiten. Die Arbeit wurde zudem vom US-Biotech-Unternehmen Neurologix gesponsert.
Quelle: ntv.de, dpa