Erste Tierversuche erfolgreich Neues Impfmittel gegen Meningitis
14.07.2011, 10:35 Uhr
Meningokokken sind häufig die Erreger, die zu einer Meningitis führen.
(Foto: wikipedia, PLOS Medicine)
Jede Hirnhautentzündung kann zu einer lebensbedrohliche Erkrankung werden. Bisher gibt es jedoch nur einen unzureichenden Impfschutz. Wissenschaftlern gelingt es jetzt, zumindest für eine große Gruppe von Erregern ein Mittel zu kreieren, das in Mäusen Antikörper entstehen lässt, die gleich dreifach wirken.
Forscher haben einen experimentellen Impfstoff gegen den Erreger der Hirnhautentzündung konstruiert. In Experimenten mit Mäusen sorgt das neue Protein dafür, dass Antikörper gegen die bekannten Erregerstämme vom Typ Meningokokken B entstanden. Ähnliche Impfstoffe für den Menschen sind bereits im klinischen Test. Das Team um Rino Rappuoli vom Pharmakonzern Novartis im italienischen Sesto Fiorentino berichtet über seine Arbeit in "Science Translational Medicine". Gemäß der Statuten des Journals erklären die Autoren finanzielle Interessen an den Resultaten.
Die Erreger der lebensgefährlichen Hirnhautentzündung gehören zu den Meningokokken. Die Bakterien namens Neisseria meningitidis siedeln sich im Nasen-Rachen-Raum des Menschen an – und sind dort bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung ohne Anzeichen klinischer Symptome nachweisbar. Die Keime sterben außerhalb des Körpers schnell. Für eine Infektion mit einer Untergruppe besonders virulenter Stämme ist ein enger Kontakt mit Erkrankten erforderlich, berichtet das Robert Koch-Institut.
Erkrankungen verlaufen in etwa zwei Drittel der Fälle als Meningitis, einer Hirnhautentzündung. In rund einem Drittel kommt es zu einer Blutvergiftung, die bei 10 bis 15 Prozent der Erkrankungen den besonders schweren Verlauf in Form des septischen Schocks nimmt.
Bakterienvielfalt macht Probleme

Die Vermehrung der Granulozyten (eine bestimmte Art weißer Blutkörperchen) in der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit eines Meningitis-Patienten.
Die Bakterien kommen in vielen verschiedenen Varianten vor. Daher ist es schwer, gegen alle einen gemeinsamen Impfschutz zu schaffen. Kürzlich fanden Wissenschaftler aber ein Protein des Erregers, das für sein Überleben im Menschen unbedingt nötig ist, weil es das Bakterium vor einem Teil des menschlichen Immunsystems schützt. Das Protein hat den Namen Faktor-H-bindendes Protein (fHBP). Von ihm sind aber 300 Varianten bekannt. Wünschenswert wäre ein Impfstoff, der Antikörper gegen alle fHBP-Varianten entstehen lässt. Das war die Herausforderung für Rappuoli und seine vielen Helfer.
Sie sortierten die bekannten 300 fHBP-Varianten zunächst in drei große charakteristische Gruppen (1 bis 3). Dann ließ die Gruppe fHBPs entstehen, die Eigenschaften von Gruppe 1 mit jenen von 2 und 3 kombinierte. 54 der so geschaffenen Varianten sorgten dafür, dass in den Versuchstieren Antikörper entstanden, die gegen die Bakterien wirkten.
Chimären auf Molekülbasis entwickelt
Eines dieser zusammengesetzten (und daher als "Chimäre" bezeichnetes) Molekül rief gar Antikörper hervor, die alle getesteten Megingokokken vom Typ B tötete. Damit ist dieses Protein ein Kandidat für einen breit wirksamen Impfstoff, notieren auch die Herausgeber des Journals. Und sie vergleichen das künstliche Protein mit einem gedachten Kämpfer, der die Fähigkeiten aller drei Musketiere in einer Person vereint.
Bereits jetzt testen andere Gruppen bereits am Menschen Kombinations-Impfstoffe, die gegen mehrere verschiedene fHBP-Proteine wirken sollen, schreibt Rappuoli. Diese wirken – anders als das neue Molekül – aber nicht auf alle fHBP-Varianten.
Quelle: ntv.de, dpa