Diclofenac tötet Schnelltest soll Geier retten
27.09.2010, 16:52 Uhr
(Foto: Jonathan Hornung, Petra Karstedt / Tiermotive)
In Indien herrscht ein katastrophales Geiersterben, drei Arten sind inzwischen fast ausgestorben. Der Grund: der mit der Nahrung aufgenommene Entzündungshemmer Diclofenac. Forscher der Universität München entwickeln einen Schnelltest, der die Nahrung darauf untersuchen soll.
Mindestens drei Geierarten sind in Indien vom Aussterben bedroht, und schuld ist der Entzündungshemmer Diclofenac. Er wurde zwar inzwischen in der Tiermedizin verboten - doch mit der Kontrolle haperte es. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben einen Schnelltest entwickelt, der zum Erhalt der Arten beitragen soll: Für die von Aussterben bedrohten Geier wurden in Nordindien Aufzuchtstationen eingerichtet, jetzt kann das Futter dort auch wirksam untersucht werden, so dass es Diclofenac-frei ist und den kleinen Geiern nicht schadet. Derzeit werde der Test erprobt, 2011 könnte er regulär eingesetzt werden. Bis die ersten Tiere in die Wildbahn entlassen werden, dürften allerdings mindestens zehn Jahre vergehen.
Diclofenac sei in Indien anders in Europa in den 1990er Jahren auch für Rinder zugelassen gewesen, erläuterten die TUM-Forscher. Fressen Geier deren Kadaver, so nehmen sie den Wirkstoff auf. Die Tiere sterben dann an Nierenversagen. Die Populationen von drei Arten - Indischer Geier, Bengalengeier und Schmalschnabelgeier - seien bereits auf drei Prozent ihres ursprünglichen Bestandes reduziert. 2006 sei Diclofenac deshalb in der Tiermedizin verboten worden, doch eine wirkungsvolle Kontrolle fehle.
Farbreaktion gibt entscheidenden Hinweis
Für den Schnelltest stellten die TUM-Forscher zuerst einen sehr spezifischer Diclofenac-Antikörper her. Mit dessen Hilfe sei dann ein hochempfindlicher immunologischer Test zur Bestimmung des Wirkstoffs entwickelt worden.
Anhand einer Farbreaktion könne auch das Personal der Aufzuchtanlagen schnell feststellen, ob das Futter unbelastet ist und den Jungtieren gefüttert werden kann. "Mit unserem Verfahren vereinfachen wir den Nachweis von Diclofenac in tierischem Gewebe erheblich", sagte Professor Dietmar Knopp, dessen Team den Test entwickelt hat. Ein Speziallabor sei nicht mehr nötig. "Der Test wird deutlich kostengünstiger und schneller."
Diclofenac auch in Europa gefunden
Auch in Europa könnte ein solcher Test in Zukunft gebraucht werden. Diclofenac, von dem laut TUM allein in Deutschland pro Jahr über 80 Tonnen verkauft werden, gehört zu den am häufigsten in Oberflächenwasserproben gefundenen pharmazeutischen Wirkstoffen. Denn Kläranlagen könnten das Arzneimittel nicht zu hundert Prozent abbauen, sagte Knopp. Es werde daran gearbeitet, die Abbaubarkeit zu verbessern. Dazu wiederum sei ein schneller und einfacher Test notwendig. In ersten Versuchen in Kläranlagen in Deutschland und Österreich habe der Test schon angeschlagen.
Quelle: ntv.de, dpa