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Der Weißstorch sieht schwarz Schlechtes Storchenjahr

Auch in Brandenburg, dem storchenreichsten  Bundesland, erwartet der NABU ein "schlechtes Storchenjahr": ...

Auch in Brandenburg, dem storchenreichsten Bundesland, erwartet der NABU ein "schlechtes Storchenjahr": ...

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ihre Nester thronen hoch oben auf Kirchtürmen, Häusergiebeln oder Masten - doch in diesem Jahr haben die Altstörche nicht viele Mäuler zu stopfen. "Es ist ein schlechtes Storchenjahr in Deutschland - wohl nur etwas besser als das Katastrophenjahr 2005", sagt der Experte des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Michael Kaatz. Wurden im vergangenen Jahr noch rund 7700 Jungstörche flügge, dürften es jetzt wohl nur um die 5500 sein. Grund: Viele Altstörche landeten spät in Deutschland und brüteten nicht mehr, andere fanden nicht genug Nahrung für die Jungen.

Tragisch endete auch das Leben der Kleinen im wohl berühmtesten Horst Deutschlands: Die drei Küken der "Internet-Störche" in Vetschau, deren Kinderstube live im Internet verfolgt werden konnte, verendeten an einer Lungenentzündung. "Die Krankheit wurde durch Schimmelpilze ausgelöst", so eine Sprecherin des Weißstorch-Informationszentrums in der südbrandenburgischen Stadt. Seit Jahren ist Brandenburg das storchenreichste Bundesland, doch auch hier sieht es in diesem Jahr schlimm aus. "Mit deutlich weniger als 2000 Jungvögeln wird es eines der schlechtesten Jahre überhaupt sein", meint der Leiter der NABU-Arbeitsgruppe Weißstorchenschutz in Brandenburg, Bernd Ludwig.

... 40 Prozent der Storchenpaare werden dort ohne Nachwuchs bleiben.

... 40 Prozent der Storchenpaare werden dort ohne Nachwuchs bleiben.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Langfristig sieht er sogar "schwarz für den Weißstorch". "Es muss mit einer dramatischen Abnahme der Tiere gerechnet werden." Denn es fehle schlicht die Nahrung, wenn es durch den Klimawandel weiter immer trockener werde. Außerdem verschwinden immer mehr Wiesen und Weiden und auf den mit Monokulturen bewirtschafteten Flächen könnten Adebare nicht mehr die Vielfalt an Nahrung finden, die sie brauchen - von der Maus bis zur Heuschrecke. Außerdem kommen immer öfter Störche in den Rotoren von Windkraftanlagen um.

Henrik Watzke, Leiter des Naturschutzzentrums Storchenschmiede im brandenburgischen Linum, malt das Szenario noch düsterer: "Wenn die schlimmsten Prognosen eintreffen, könnten zumindest die Weißstörche, die über die Ostroute nach Deutschland kommen, in 50 bis 80 Jahren als ausgestorben gelten." Kaatz, der auch Geschäftsführer des Storchenhofs Loburg in Sachsen-Anhalt ist, glaubt das zwar nicht, aber: "Die Entwicklung ist nicht rosig."

In diesem Jahr dürften nach Einschätzung von Ludwig in Brandenburg etwa 40 Prozent der Horstpaare ohne Nachwuchs sein. "Die Störche fanden bei der Trockenheit im April nicht ausreichend Regenwürmer, die sich tief in den Boden vergraben hatten. Deswegen legten sie - wenn überhaupt - wenige Eier." Im Mai/Juni war es dann so kalt, dass die Insekten zum Füttern des Nachwuchses fehlten. "Viele Jungvögel verhungerten."

Im Europäischen Storchendorf Rühstädt in Brandenburg starben alle vier Küken auf dem Besucherzentrum bei Horstkämpfen von Altvögeln. Andernorts starben Junge kläglich, weil, so schildert Horst Reschke vom Aktionsbündnis "Rettet die Weißstörche", ihre Eltern in der Not "Futter" von einer Mülldeponie holten: "Wir haben verendeten Küken die Mägen aufgeschnitten und darin Gummibänder oder Silikon gefunden."

Quelle: ntv.de, Imke Hendrich, dpa

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