Frage & Antwort, Nr. 301 Warum ist es nachts dunkel?
19.11.2013, 13:26 Uhr
Stern an Stern: Der Nachthimmel müsste eigentlich hell leuchten. Jahrhundertelang haben sich Astronomen den Kopf darüber zerbrochen, warum das nicht der Fall ist.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ich habe gehört, dass Wissenschaftler bis in unsere Zeit darüber nachgedacht haben, warum die Nacht schwarz ist. Aber mal ehrlich: Liegt die Antwort nicht auf der Hand? (fragt Frank-Peter H. aus Marsberg)
In der Tat: Dass es nachts dunkel ist, erscheint uns selbstverständlich. Warum sollte es anders sein? Was sollte den Himmel erleuchten, wenn die Sonne gerade auf der anderen Erdhälfte scheint? "Sterne natürlich!", sagen Astronomen. Die könnten den Nachthimmel taghell erstrahlen lassen. Denn auch, wenn die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist, hat das Universum unzählige weitere Sterne aufzubieten, die ihr Licht Richtung Erde werfen. In einem unendlichen Universum, das gleichmäßig mit Sternen gefüllt ist, müsste das menschliche Auge nachts in ein einziges Lichtermeer blicken.
Doch so ist es nicht. Zwischen den einzelnen Sternen sind deutliche Lücken auszumachen, dunkle Lücken – und das bereitete den Forschern lange Zeit Kopfzerbrechen. Da es Heinrich Olbers war, der das Problem 1826 formuliert hat, ist es als Olberssches Paradoxon bekannt geworden. Dieses versuchte man auf unterschiedliche Weise zu lösen.
So zog man zum Beispiel in Erwägung, dass die Lücken zwischen den Sternen mit Gas- und Staubwolken gefüllt waren, die das Licht der Sterne schluckten. Doch diesen Ansatz verwarf man wieder. Denn die Wolken hätten sich durch die aufgenommene Strahlung aufheizen müssen und in der Folge hätten sie angefangen, zu glühen. Dass das nicht der Fall war, zeigte der Blick in den nächtlichen Himmel nur allzu deutlich.
Das Universum ist zu jung
Gern herangezogener Vergleich für das Olberssche Paradoxon: der Wald. Wohin man auch schaut, früher oder später fällt der Blick auf einen Baum. So wäre es auch mit den Sternen, wenn nicht ...
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Heute weiß man: Die Sterne sind gar nicht gleichmäßig im Universum verteilt. Sie häufen sich in Galaxien. Zwischen den Galaxien ist leerer Raum. Und dennoch könnte sich von der Erde aus der Eindruck einstellen, dass irgendwo in weiter Ferne die Sterne dicht an dicht vom Himmel blinken – so wie man im Wald meint, auf eine Wand aus Bäumen zuzulaufen. Diese vermeintliche Wand nennt man Sichtbarkeitsgrenze. Wo sie verläuft, lässt sich berechnen. Im All ist sie arg weit entfernt: Durch die riesigen Abstände zwischen den Galaxien liegt sie bei 10 hoch 23 Lichtjahren; man könnte auch sagen: hundert Billionen Milliarden Lichtjahren.
Sperrige Zahl? Wohl wahr. Sie entzieht sich nicht nur dem menschlichen Vorstellungsvermögen, sie übersteigt auch bei Weitem das Alter des Universums. Denn ein Lichtjahr ist bekanntlich die Strecke, die das Licht in einem Jahr zurücklegt. Damit uns Licht aus einer Entfernung von 10 hoch 23 Lichtjahren erreichen könnte, müsste es 10 hoch 23 Jahre unterwegs gewesen sein. Doch das ist gar nicht möglich. Denn heutigen Erkenntnissen zufolge ist der Weltraum zeitlich wie räumlich gar nicht unendlich. Er ist weder unendlich alt noch unendlich groß, denn er hat einen Anfang: den Urknall. Und der fand vor rund 14 Milliarden Jahren statt. Damit ist das Universum – so verwirrend das klingt – auf jeden Fall zu jung, um einen erleuchteten Nachthimmel auf der Erde zu ermöglichen.
Weder ewig noch unendlich
Doch selbst wenn es älter wäre, gäbe es Umstände, die der taghellen Nacht im Wege stehen. Denn auch das ist inzwischen zur Gewissheit geworden: Sterne leben nicht ewig. Zwar existieren sie - je nach Größe - Millionen oder gar Milliarden Jahre lang. Doch wenn ihr Brennstoff, der sie zum Leuchten bringt, aufgebraucht ist, geht es mit ihnen zu Ende. Auch das also würde die Sternenwand löchrig werden lassen.
Und noch etwas trägt zur nächtlichen Finsternis bei: Das Universum verändert sich stetig; es dehnt sich aus. Das bedeutet zum einen, dass sich die weit entfernten Lichtquellen noch weiter von uns wegbewegen, zum anderen verändert sich durch die Expansion die Wellenlänge des ausgestrahlten Lichts, und zwar so, dass es den für unsere Augen sichtbaren Bereich verlässt. Physiker können diese Strahlung durchaus messen. Doch sehen können wir sie nicht.
So bleibt es für uns bei hellen Tagen und dunklen Nächten. Und es ist viel mehr als die untergehende Sonne, die damit zu tun hat. In der Schwärze der Nacht finden sich der Aufbau und die Entwicklung des ganzen Universums wieder.
Quelle: ntv.de