VW-Bestseller mit neuem Mini-Motor Drei Töpfe spielen jetzt Golf
10.06.2015, 09:56 Uhr
Der 3-Zylinder-Golf ist als Limousine, Variant und Sportsvan zu haben.
(Foto: Busse/Textfabrik)
Ist weniger wirklich mehr? Einen neuen Beweisversuch für die These unternimmt gegenwärtig die Marke Volkswagen. Ihr Bestseller, der Golf, soll als Modell "TSI Blue Motion" neue Sparsamkeits-Maßstäbe setzen. Mit drei Zylindern.
Gleich dreifach rollt der Golf mit seinem neuen Ein-Liter-Antrieb daher, und zwar als fünftürige Limousine, als Variant und als Sportsvan. Letzterer stellt damit ein Pendant zu BMWs 2er Active Tourer dar, der in der Einstiegsversion ebenfalls mit drei Zylindern angeboten wird. Die Bayern statten ihr Familien- und Freizeitmobil allerdings mit 136 PS aus 1,5 Litern Hubraums aus, der dreizylindrige Golf holt aus einem Liter 115 PS.
Basis-Aggregat ist der bekannte vierzylindrige 1,2-Liter-TSI-Motor, dessen Verlust von einer Brennkammer ihm genau 999 Kubikzentimeter Hubraum beschert. Außer dem verkleinerten Motor ziert diesen Golf die übliche Blue-Motion Ausstattung, zu der eine bewegliche Kühlerjalousie sowie rollwiderstands-optimierte Reifen gehören. Als Ergebnis der verschiedenen Aerodynamik-Maßnahmen kam am Ende ein cw-Wert von 0,28 heraus. Auf diese Weise soll das Auto unter idealen Bedingungen nur 4,3 Liter Benzin verbrauchen, was einem Kohlendioxid-Ausstoß von 99 Gramm je Kilometer entspricht.
Motor wiegt nur 89 Kilogramm
Die Kombination aus Turbolader und direkter Benzineinspritzung pflegt Volkswagen bei verschiedenen Motoren seit mehr als 10 Jahren. Was in Wolfsburger Modellen mit dem Kürzel TSI versehen ist, nennt man bei Audi in Ingolstadt TFSI. Das Prinzip ist jedoch das Gleiche: Der Abgasstrom treibt eine Turbine an, deren Achse ein weiteres Schaufelrad bewegt. Dies presst zusätzliche Verbrennungsluft in die Zylinder und schon ist die Leistungssteigerung da. Gleichzeitig wird der Kraftstoff von den Einspritzdüsen mit rund 250 bar so fein zerstäubt, dass eine möglichst effiziente und energiereiche Verbrennung stattfindet.

Für einen geringen Spritverbrauch sind Leichtlaufreifen bei den Blue-Motions-Modellen Serie.
(Foto: Busse/Textfabrik)
Während Opel beispielsweise seinem Dreizylinder-Turbo im neuen Karl eine Ausgleichswelle spendiert hat, um den Motorbetrieb ruhig und kultiviert ablaufen zu lassen, verzichtet Volkswagen aus Gewichtsgründen auf dieses zusätzliche Bauteil. So kommt der VW-Dreizylinder auf nur 89 Kilogramm Gewicht, das ganze Auto lediglich 1210 Kilogramm. Der 1,4-Liter-TSI-Motor von VW ist deutlich schwerer. Er bringt mit 103 Kilo deutlich mehr auf die Waage.
Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht: Der überwiegend aus Aluminium gefertigte Einliter-Turbo von Volkswagen ist ein kleines Kraftpaket. Mit 200 Newtonmetern Drehmoment bringt er das zurzeit stärkste spezifische Durchzugsvermögen von Großserien-Benzinmotoren an den Start. Der Vergleich mit dem BMW-Motor illustriert die Verhältnisse: Zwar schaufelt der Bayer zehn Prozent mehr Drehmoment an die Kurbelwelle, braucht dafür aber 50 Prozent mehr Hubraum. Der Turbolader wird mit einem Arbeitsdruck von 1,6 bar gefahren.

Die Lüftungslamellen an der Front werden beim Golf TSI Blue Motion bedarfsgerecht gesteuert.
(Foto: Busse/Textfabrik)
Obwohl Motoren mit ungerader Zylinderzahl zu verstärkten Vibrationen neigen, zeigte sich der TSI Blue Motion auf der Testfahrt erstaunlich zahm und kultiviert. Auch die Klangkulisse ist durchaus ansprechend. Etwas rau beim Hochdrehen zwar, doch es fällt leicht, sich der Einschätzung von VW-Motorenentwickler Dr. Hermann Mittendorf anzuschließen, der seinem Produkt ein "sportiven, lebhaften Klangcharakter" zuschreibt. Da der Motor ein breiteres Frequenzspektrum absondere als zum Beispiel ein Vierzylinder, sei der Sound "einem 6-Zylinder ähnlicher als einem 4-Zylinder". Je nach Wunsch ist der Motor mit einem 6-Gang-Handschalt- oder einem 7-Gang-DSG-Getriebe kombinierbar.
Mit dem richtigen Dreh
Klang ist das eine, Beschleunigung etwas ganz anderes. Die Limousine des Golf TSI Blue Motion bleibt mit 9,7 Sekunden beim Standardsprint von Null auf Hundert knapp unter der 10-Sekunden-Marke. Die etwas schwereren Karosserieversionen Variant und Sportsvan bringen es auf 10,1 bzw. 10,4 Sekunden. Der Fünftürer ist auch der Schnellste in dem Trio. Seine Höchstgeschwindigkeit wird mit 204 km/h angegeben.
Der drehfreudige Motor sorgt für ein flottes Fahrerlebnis und auch bei zügigem Tempo kann man getrost mit Verbräuchen unter sechs Litern je 100 Kilometer rechnen. Lediglich bei schaltfauler Fahrweise ist gelegentlich damit zu rechnen, dass der dritte Gang für ein Abbiegemanöver nicht mehr die ideale Übersetzung ist, und der Motor sich mangels Drehzahl mit dem Beschleunigen etwas schwer tut. Gleiches gilt für die Fahrt mit dem DSG-Getriebe, das in D-Stellung gern in längeren Übersetzungen verharrt. Falls die Drehzahl einmal unter 2000 Touren fällt, steht dann nicht mehr genügend Zugkraft für eine flotte Beschleunigung zur Verfügung. Abhilfe schafft der Eingriff über die Lenkrad-Paddel, mit denen die manuelle Gangwahl möglich ist.
Da der Golf TSI Blue Motion nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Anschaffung günstig bleiben soll, hat Volkswagen die Einstiegsschwelle auf 20.450 Euro festgesetzt. Für diesen Preis bringt das Auto in der Ausstattungslinie Trendline eine Klimaanlage, sieben Airbags, Multikollisionsbremse, elektronische Differenzialsperre XDS, Start-Stopp-System mit Bremsenergierückgewinnung, den modell-typischen Heckspoiler in Wagenfarbe, Sportfahrwerk - wobei die Karosserie 15 Millimeter tiefer liegt - und 15-Zoll-Leichtmetallfelgen mit. Das 7-Gang-DSG kostet 1875 Euro Aufpreis. Als Sportsvan kostet das Fahrzeug mindestens 22.625 Euro, als Variant 22.225 Euro.
Quelle: ntv.de