Auto

Batterieperformance im Test Formel-E-Renner - mit Energie ums Eck

Schick sehen die Boliden der Formel E schon aus.

Schick sehen die Boliden der Formel E schon aus.

Seit jeher gehen Motorsport, Technologietransfer und die Entwicklung von Straßenautos Hand in Hand. Das ändert sich auch im Zeitalter der E-Mobilität nicht. Immer mehr Hersteller engagieren sich daher in der Formel E. Zeit für einen Test.

Mattschwarz ist er – und klingt wie ein viel zu großes ferngesteuertes Auto aus Kindertagen. Doch mit einem Spielzeug hat der DSV-02 von DS-Performance nichts zu tun. Der französische Hersteller engagiert sich – wie auch Audi, Jaguar oder Renault – in der Formel-E. Mittlerweile ist die Rennserie in der dritten Generation angekommen. Wie in der Formel 1 geht es hier nicht nur um Platz und Sieg sondern auch um wichtige Weiterentwicklungen für die Autoindustrie.

Im Vergleich mit der Formel 1wirken die 272 PS des Formel-E-Renners eher bescheiden.

Im Vergleich mit der Formel 1wirken die 272 PS des Formel-E-Renners eher bescheiden.

Kein Wunder also, dass der Testtag – einer von nur 15 im ganzen Jahr – immens wichtig für das Team von DS-Performance ist. Entwicklungs-Fahrer Alex Lynn treibt den Testträger Runde um Runde über den engen Kurs im Pariser Hinterland. Optisch ist das Auto nahe an einem Formel-1-Fahrzeug, trägt aber trotzdem einige Alleinstellungsmerkmale wie zum Beispiel die großen, aber im Vergleich mit der Königsklasse recht schmalen 18-Zoll-Räder.

In 20 Jahren vor der Formel 1

Während der rund 40 Minuten langen Ladepause für den Akku ist Zeit für einen Technik-Talk mit DS-Performance-Projektleiter Xavier Mestelan Pinon. Er erklärt die Besonderheiten des Formel-E-Reglements. So sind in der Meisterschaft alle Fahrzeuge mit dem gleichen Chassis, den gleichen 28-kWh-Batterien und der gleichen Aerodynamik auf identischen Michelin-Allwetter-Reifen unterwegs. Letztere sind für mehr Effizienz mit einem Profil versehen, das dem eines normalen Straßenreifens nicht unähnlich ist. Die Mischung des Gummis ist allerdings voll auf den Rennsport-Einsatz ausgelegt.

Von Platzverhältnissen kann in einem Formel-E-Renner keine Rede sein.

Von Platzverhältnissen kann in einem Formel-E-Renner keine Rede sein.

Der Antriebsstrang aus Elektromotor, Getriebe und Motorsteuerung, die Hinterrad-Aufhängung und das Kühlsystem stammen aus dem Entwicklungs-Center von DS-Performance in Versailles nahe Paris. Der Plan der Formel-E-Macher ist es, dass in den kommenden Jahren immer mehr Komponenten von den Teams selbst entwickelt werden.

Dabei hat Formel-E-Boss Alejandro Tarik Agag ehrgeizige Pläne: In 20 Jahren will er die Formel 1 als wichtigste Rennserie der Welt überholt haben. Momentan liegt der Fokus allerdings noch auf den Antriebs-Technologien, da diese das Aushängeschild der Meisterschaft und wichtig für den Technologie-Transfer der Hersteller sind. DS soll im PSA-Konzern nicht nur die Luxusmarke sein, sondern auch die Elektro-Marke werden. Logisch also, dass das junge Team den Formel-E-Einsatz übernimmt und nicht die Motorsporterfahreneren Mannschaften von Peugeot Sport oder Citroën Racing.

Vor der Runde steht der Test

Beeindruckend ist das ohne Verzug zur Verfügung stehende Drehmoment bei einem E-Renner.

Beeindruckend ist das ohne Verzug zur Verfügung stehende Drehmoment bei einem E-Renner.

Richtig spannend wird es, als Pino das abnehmbare Lenkrad aus dem DSV-02 nimmt und die Funktionen von Tasten, Drehreglern und Knöpfen erklärt. Der größte Unterschied gegenüber einem Formel-1-Auto ist nämlich der, dass die Schaltwippe an der Rückseite des Lenkrads nicht zum Einlegen der Gänge dient, sondern die Rekuperation, also die Energierückführung aktiviert. So fahren die Piloten während eines Formel-E-Rennens rund 15 bis 20 Prozent der verbrauchten Energie wieder ein. Bevor ein neuer Rennfahrer auf die Rennstrecke darf, muss er seine erworbenen Kenntnisse im Simulator unter Beweis stellen.

Was aussieht, wie eine Kino-Leinwand, in dessen Mitte ein halbes Formel-E-Auto steht, ist in Wahrheit das zentrale Trainings- und Abstimmungs-Werkzeug der beiden DS-Performance-Piloten Sam Bird und José Maria Lopez. 300.000 Euro kostet so ein Simulator in der Anschaffung, was immer noch deutlich günstiger ist als ein echter E-Rennwagen. Daher verbringen Bird und Lopez vor jedem Rennen ein bis zwei Tage, um im Simulator die Strecke kennenzulernen, Fahrzeug-Setups herauszufahren und die Strategie fürs Rennen zu erproben.

Neben dem fahrerischen Können ist es in der Formel-E enorm wichtig mit den Strom-Ressourcen hauszuhalten und die Batterietemperaturen nicht unnötig in die Höhe zu treiben. Nach einer knappen halben Stunde im Simulator haben sich auch Neueinsteiger an die beengten Platzverhältnisse im Cockpit eines Formel-E-Rennwagens und die vielen Funktionen des Lenkrads gewöhnt.

Da ist Strom auf der Piste

Es ist windig im offenen Cockpit und der Himmel entlässt dicke Regentropfen auf Rennstrecke und Visier. Durch das enge Chassis ist der Fahrer direkt mit dem Auto verbunden. Jede noch so kleine Welle wird an den Piloten weitergereicht. Das Auto folgt fast telepathisch kleinsten Lenkbewegungen. Natürlich müssen die extrem weichen Reifen genau wie die Bremse mit Carbon-Scheiben gründlich warm gefahren werden. Erst bei Brems-Temperaturen über 400 Grad wird das Auto ordentlich verzögert. Gar nicht so einfach, dieses Fenster bei weniger als zehn Grad Außentemperatur und Regen zu erreichen. Doch nach ein paar Eingewöhnungsrunden darf der DSV-02 schließlich zeigen, was in ihm steckt.

Der E-Renner schiebt an wie ein Großer und verzichtet trotz Dreigang-Getriebe auf irgendwelche Schaltpausen. Ein  wesentlicher Vorteil des E-Motors: Drehmoment ist in jeder Situation mehr als genug vorhanden. Aus den engen Ecken heraus geht es dank leicht regennasser Fahrbahn in sanfter Drift, der DSV-02 ist verblüffend einfach abzufangen wenn man schnell genug reagiert. Die Magie der Aerodynamik lässt sich zwar auf dem vergleichsweise langsamen Kurs nicht erfahren, aber man kann erahnen, wie schnell der Formel-E-Renner auf trockenen Strecken sein muss.

Nach der Rückkehr in die Box steht den Verantwortlichen die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Der millionenschwere Entwicklungsträger ist in einem Stück von der Strecke zurückgekehrt. Der Ausflug in die neue Welt der Formel E hat gezeigt, dass es Hersteller und Teams mit dem Elektro-Motorsport ernst nehmen. Hier wird echte Entwicklungsarbeit betrieben und nicht nur die Öko-Marketing-Trommel gerührt.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

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