Nach Frankfurt und vor Tokio L.A. Auto Show sucht ihren Platz
19.11.2011, 12:44 Uhr
Ein Subaru Outback steht in einer Glaskugel Kopf - welchen Status genießt die L.A. Auto Show?
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
In der Welt der Auto-Messen ist es wie im Showbusiness, auch dort wird nach A- und B-Promis unterschieden. Dass die gerade stattfindende Auto-Ausstellung in Los Angeles nicht die Prominenz erreicht wie die dort ansässigen Showstars, wurde selten deutlicher als dieses Jahr. Eindrücke aus den Hallen am Staples-Center.
Nachdem Fachbesucher und Motorpresse das Neuigkeiten-Angebot in der kalifornischen Metropole Los Angeles in Augenschein genommen haben, strömen an diesem Wochenende erstmals Kunden und Autofans in die Hallen. Im Allgemeinen fehlt ihnen der Vergleich mit anderen "Car-Shows", wie so ein Spektakel dort genannt wird. Doch: Nur wenige Branchen-Messen aus dem Automobilbereich genießen unbestrittenen A-Status. Außer dem Jahresauftakt in "Motor-City" Detroit sind dies der Autosalon in Genf, die IAA in Frankfurt, auch Paris und Tokio, wo Ende des Monats die Tore geöffnet werden, gehören in die erste Reihe.

Kunden und Autofans können die neuesten Trends bestaunen, hier das Concept Car i8 von BMW.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Es ist gerade zwei Jahre her, da schien es, als könnte Los Angeles der Show in Detroit den Rang ablaufen. General Motor und Chrysler waren pleite, Ford nahe am Abgrund, vielen Lücken kennzeichneten die Standpräsentationen, manche Hersteller waren gar nicht nach Detroit gekommen.
Doch die Organisatoren in der "Stadt der Engel" haben die Chance nicht genutzt, sich so wichtig zu machen, dass Detroit als Leitmesse der Automobilwelt abgelöst wird. Dieses Jahr sind die Neuheiten-Präsentationen an der Pazifikküste mehr als überschaubar, vieles kann allenfalls den Status einer Amerika-Premiere für sich reklamieren. Teilweise mutet das Gezeigte an, als habe in L.A. gerade eine Filiale der IAA in Frankfurt eröffnet. Vieles von dem, was vor wenigen Wochen in der Metropole am Main zu sehen war, ist für Kalifornien noch einmal aufgetischt worden.
VW-Bettle mit mehr Power
Doch es gibt Ausnahmen. Die deutschen Hersteller, die seit Jahrzehnten der Akzeptanz asiatischer Marken in den USA hinterherlaufen, haben einige Neuheiten aufgeboten, die noch nicht in Frankfurt zu sehen waren. Beispiel Volkswagen: Schlicht mit dem doppelten Buchstaben "C" ausgestattet ist das runderneuerte Passat Coupé, das sich in den USA zu einem echten Verkaufsschlager entwickelt hat. Mehr als ein Drittel aller Volkswagen-Verkäufe in den Vereinigten Staaten gehen auf das Konto des vormaligen Passat CC.
Veränderungen an Front und Heckdesign, Bi-Xenon-Scheinwerfer für alle Modelle sowie ein aufgewertete Innenausstattung machen die Unterschiede zum bisherigen Modell aus. Die Rückbank ist nun für drei Passagiere ausgelegt. Außer den frontgetriebenen Zweiliter-Modellen mit 200 Turbo-PS wird weiterhin der 3,6 Liter-V6 mit 280 PS angeboten. Die für Europa vorgesehenen Versionen will Volkswagen auf einer Präsentation Mitte Januar 2012 vorstellen. Auch Porsche hat mit dem Panamera GTS eine echte Neuheit ins Scheinwerferlicht gerückt.
Noch nicht für die Serie vorgesehen, doch als Versuchsballon recht ernsthaft gestartet ist in Los Angeles der Beetle R. Vom VW-Amerika-Chef Jonathan Browning ausdrücklich als Konzeptauto vorgestellt, wolle man jedoch genau das Feedback des Publikums beobachten, um die Chance für eine eventuelle Produktion auszuloten. So wie Volkswagen den kraftvollsten Kandidaten für die Beetle-Baureihe präsentiert hat, würde das Auto durch verbreiterte Kotflügel und rassige Frontpartie einen markanten Auftritt bekommen und mit einen Turbomotor angetrieben, der 240 PS oder mehr leistet.
300 km/h im offenen Jaguar
Wie sich Jaguar dauerhaft im Segment der luxuriösen Supersportwagen festsetzen will, zeigt der Autobauer in L.A. mit einer offenen Variante des Modells XKR-S. Ebenso wie die geschlossene Variante schöpft das britische Kraftpaket aus einem fünf Liter großen V8 ganze 550 PS, die mit bullenstarken 680 Newtonmetern an die Hinterachse gewuchtet werden. Das reicht für 300 km/h und Jaguar versäumt nicht mitzuteilen, dass an dieser Marke das Tempo abgeregelt werde.
Trotz reichlicher Verwendung von Aluminium und Karbon wiegt das Auto 1800 Kilogramm, weshalb die Annahme, Jaguar werde eines Tages die privaten Sportfahrer mit einer noch stärkeren, noch schnelleren, leichteren und puristischeren Variante überraschen, nicht abwegig erscheint. Einen nochmals abgespeckten, Rennsport-ähnlichen, mit einem Überrollkäfig ausgestatteten XK könnte er sich durchaus vorstellen, meint ein Firmensprecher, womit er aber keinesfalls zitiert werden möchte. Als sehr wahrscheinlich gilt aus heutiger Sicht die Serienproduktion des CX-16, der etwas kompakter als der XK ist und auch Rennsportpotenzial mitbringt.
Chevrolet übt die Bescheidenheit
Als weitere Wiederaufführung der Show in Frankfurt erleben die Zuschauer in L.A. die Auffahrt des mutmaßlichen Defender-Nachfolgers von Land Rover. Der DC 100 in offener und geschlossener Version wurde von Markenchef John Edward verbal geadelt: "Wir werden dieses Auto bauen", verkündet er, "und zwar zur Mitte dieses Jahrzehnts". Ob so oder anders, muss sich noch erweisen, doch schon jetzt ist klar: Land Rover wird mit einem erneuten Spagat versuchen, die traditionellen Defender-Kunden weiter zu binden, die das Urwüchsige und Schlichte liebten, und die Lifestyle-Kunden dazu zu gewinnen, denen ein Auto mit charmanten Unzulänglichkeiten als Ausdruck individueller Lebensart gilt.
Wer sich in L.A. dem Chevrolet-Stand nähert, wird Verblüffendes feststellen. Die Marke, die einst mit "typical american" warb, die Muscle-Cars wie Corvette und Camaro hervorbrachte, zeigt nun den Spark. Europäische Kunden kennen ihn längst, in Deutschland läuft er mehr als gut und hat das Kleinwagensegment hierzulande gehörig aufgemischt. Dass er nun als Ikone der Sparsamkeit gerade in dem US-Bundesstaat reüssieren könnte, wo die größte Dichte an Porsches und Ferraris, Lamborghinis und Bentleys anzutreffen ist, erscheint zumindest fraglich.
Ein Honda ist am grünsten
Der traditionell auf der Los Angeles Auto Show verliehene Preis des umweltfreundlichsten Autos des Jahres ("Green Car of the Year") geht in diesem Jahr an den Honda Civic Natural Gas. Er überzeugte die Jury im Rennen gegen starke Mitbewerber. Unter den Finalisten waren auch der Volkswagen Passat TDI Clean Diesel als besonders schadstoffarmes Auto mit Verbrennungsmotor sowie Hybrid- und Elektro-Fahrzeuge.
Der Honda Civic Natural Gas wurde von der Environmental Protection Agency (EPA), der US-Umweltschutzbehörde, als das Fahrzeug mit dem saubersten Verbrennungsmotor klassifiziert. Im Modelljahr 2012 erscheint bereits die fünfte Generation des Civic mit alternativem Antrieb. Er ist der einzige für den US-Markt produzierte Serien-Pkw mit Erdgastechnologie. Der Kraftstoff stammt fast ausschließlich aus heimischen US-Vorkommen und ist im Durchschnitt 30 Prozent günstiger als Benzin. "Auf den amerikanischen Autobahnen gibt es kein zum Civic Natural Gas vergleichbares Fahrzeug. Es hat lange gedauert, bis Honda dies erkannt hat", so Ron Cogan, Herausgeber des "Green Car Journal".

Der amerikanische Honda-Vizepräsident Michael Accavitti präsentiert stolz den "Green Car of the Year"-Preis, den der Autobauer für seinen Civic bekommen hat.
(Foto: REUTERS)
Ein weiterer Preis geht diesmal an eine deutsche Firma. Nach einer anderthalbstündigen Präsentation fiel die Entscheidung: Mercedes-Benz Advanced Design Germany gewinnt mit seinem Entwurf des Smart 341 Parkour die diesjährige Design Challenge. Das futuristische Gefährt setzte sich damit gegen fünf Mitbewerber – darunter zwei aus dem eigenen Haus – durch.
Smart überzeugte die Jury mit folgender Siegerstory: Die Großstadt ist berühmt für ihre freundlichen Menschen und ihr wunderbares Wetter – und berüchtigt für ihre Parkplatznot. Hier geht Reporterin Annie Angle mit ihrem Smart 341 Parkour auf Recherchetour für ihre erste Titelgeschichte "Das diesjährige Thema der Design Challenge war für die Auto-Designer eine echte kreative Herausforderung", so Chuck Pelly, Direktor der Konferenz Design Los Angeles, die jährlich im Rahmen der Messe stattfindet. "Es ging nicht nur um eine interessante Idee für das Hollywood-Auto der Zukunft, sondern auch darum, eine filmreife Geschichte zu erfinden".
Quelle: ntv.de