Weltpremiere für Midsize-SUV Mercedes GLC – der Hugo Boss unter den SUV
18.06.2015, 07:28 Uhr
650.000 Stück hat Mercedes vom GLK seit 2008 weltweit verkauft. Jetzt kommt mit dem GLC die Wachablösung. Nicht jedem wird gefallen, dass die Ecken und Kanten Geschichte sind. Aber das Design ist konsequent und hat mehr Vorteile als ein schicker Maßanzug.
Autos sind, wie die Kleidung die man trägt, der Mode unterworfen. Deshalb fand die Weltpremiere des Mercedes GLC, der mit neuer Nomenklatur den GLK beerbt, auch in der Modeschmiede von Hugo Boss in Metzingen bei Stuttgart statt. Wie ein Anzug der Premiummarke soll sich die neueste SUV-Kreation von Mercedes-Chefdesigner Gorden Wagener dem Kunden anpassen. Dafür wurde alles Eckige gestrichen und gegen klare Flächen mit - so der Designer - "expressiven Proportionen" getauscht. SUV-Puristen der Marke werden enttäuscht sein, weil nun auch der vorletzte Kraxler der Schwaben seine Kanten verloren hat.
Und dennoch hat der GLC seine SUV-typische Front behalten. Nur dass der dreidimensionale Kühler jetzt mit seiner doppelten Lamelle steiler im Wind steht und die Überhänge kürzer und damit knackiger geworden sind. In die Stoßfänger wurde nunmehr der Unterfahrschutz integriert und wer will, bekommt sogar eine Offroad-optimierte Version mit größerem Böschungswinkel. Die Seitenansicht wurde durch eine coupéhafte Dachline dynamisiert und in Verbindung mit dem um knapp 12 Zentimeter verlängerten Radstand wirkt der GLC wesentlich gestreckter als sein Vorgänger.
Die dezente mattschwarze Beplankung in den Radhäusern tut ein Übriges, damit auch der GLC als waschechtes SUV zu erkennen ist. Wer es noch einen Tick fetter haben will, der ordert optional 20-Zöller und seitliche Trittbretter. Auch das Heck ist durch eine horizontale Konturlinie verbreitert worden, wobei LED-Leuchten für ein entsprechend markantes Lichtdesign sorgen. Damit dem Gesamtbild nichts im Wege steht, wurde sogar auf die übliche Dachfinne verzichtet. Wie schon beim CLA wurden alle Antennen in die Außenspiegel und den Dachspoiler integriert.
Betrachtet man die Sache also nüchtern, ist der GLC die konsequente Fortsetzung der erfolgreichen Strichführung von Wagener, die seinen Anfang im SLS hatte und sich inzwischen über fast alle Segmente der Marke erstreckt. Letztlich wird der GLC damit auch in eine deutlich sportliche Richtung gedrängt, ohne dabei den Anschein zu erwecken, man hätte ihm einfach nur einen Trainingsanzug angezogen. Entwicklungschef Thomas Weber bringt es auf den Punkt: "Für Autos gilt dasselbe wie für Anzüge: Sie sollten nicht gleich aus den Nähten platzen, wenn es mal etwas robuster zugeht." Insofern mag der GLC nicht mehr dem einst typischen Image eines Mercedes SUV entsprechen, ist aber dennoch mit allen Tugenden gesegnet, für die das G bei den Stuttgartern steht, und hat sogar noch etwas mehr bekommen, nämlich Platz.

Der GLC geht durch jedes Terrain. Ob auch Baumstämme dazugehören, wurde noch nicht erprobt.
(Foto: Mercedes)
Im Vergleich zum Vorgänger ist beim GLC auch das Raumangebot ordentlich gewachsen. So dürfte der Jammer über zu wenig Beinfreiheit im Fond der Vergangenheit angehören, denn zwischen der Lehne der Vordersitze und der Rücksitzbank gibt es jetzt fast sechs Zentimeter mehr Luft. Auch die Ellbogenfreiheit der vorderen Passagiere hat mit 5,7 Zentimetern zugelegt. Das Kofferraumvolumen liegt beim GLC bei 550 Litern, das sind 80 Liter mehr als der GLK offeriert; wer die Rückbank umlegt, kann seine Plünnen nunmehr auf 1600 Liter verteilen. Und während sich die Lehne in der zweiten Reihe beim GLK nur im Verhältnis 60/40 klappen ließ, kann jetzt mit 40/20/40 eine Dreiteilung vorgenommen werden.
Schaukelnd aus dem Schlamassel
Natürlich hat man bei der Neuauflage nicht nur äußerlich hart eingegriffen, sondern auch technisch alles in das Midsize-SUV gepackt, was die Ingenieurs-Küche in Stuttgart zu bieten hat. Serienmäßig fährt der GLC ab 44.500 Euro mit dem sogenannten Agility Control Fahrwerk mit Stahlfederung und variablem Dämpfersystem vor. High-End wäre dann die neue Mehrkammer-Luftfederung mit fünf Fahrprogrammen. Ist der Schwabe zusätzlich mit dem Offroad-Technik-Paket ausgestattet, kann der Wagen für grobes Terrain fünf Zentimeter angehoben werden. Wer dennoch stecken bleibt, wird durch eine elektronisch geregelte "Schaukelbewegung" per Knopfdruck aus dem Schlamassel befreit. Das ist übrigens eine Technik, die sich bereits bei den Baustellen-Trucks der Stuttgarter bewährt hat, so aber noch nie auf ein SUV übertragen wurde.
Auch mit Blick auf die Sicherheit kann der GLC mit einer ganzen Armada an elektronischen Helferlein bestückt werden. In der Serie gibt es den Kollisionsassistenten, der den Wagen in brenzligen Situationen auch mal bis zum Stillstand abbremst, sowie den Seitenwindassistenten und die Müdigkeiterkennung. Selbstredend kann auch hier optional die Distronic Plus geordert werden. Eben jenes System, das bereits in C-, E- und S-Klasse dank Lenkassistent und Stop-and-Go-Pilot für teilautonomes Fahren sorgt. Ebenfalls verfügbar sind Fußgängererkennung, Kreuzungs-Assistent, aktiver Totwinkel-Assistenten und das Pre-Safe-Plus-System. Letzteres erkennt einen potenziellen Heckaufprall mittels Radarsensoren im hinteren Stoßfänger, warnt den nachfolgenden Verkehr mittels Warnblinker mit auffallender Blinkfrequenz, strafft die Gurte und bremst, wenn es wirklich kracht, das Fahrzeug bis zum Stillstand ein.
Auch als Plug-in-Hybrid
Auch bei den Motoren tut sich beim GLC ein breites Spektrum auf. Das kleinste Dieselaggregat leistet 170 PS, während der GLC 450 AMG als Power-Paket 367 PS generiert. Insgesamt verspricht Mercedes für alle Triebwerke mehr Leistung, aber einen in der Summe um 19 Prozent verringerten Verbrauch. Nimmt man die Werte des 220 d und 250 d aus dem Datenblatt, die lediglich 130 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren, würde das einem Wert entsprechen, den Mitbewerber lediglich für Fahrzeuge erreichen, die mit 54 PS und 150 Newtonmeter Drehmoment unterwegs sind. Der GLC 250 d leistet 204 PS und wuchtet 500 Newtonmeter auf die Achsen. Sparmeister bei den Antrieben soll aber der GLC 350 e 4Matic sein.
Der Plug-in-Hybrid erreichte auf dem Rollenprüfstand einen Normverbrauch von 2,6 Liter auf 100 Kilometer, brilliert mit 60 Gramm CO2 pro Kilometer und kann mit einer Systemleistung von 320 PS prahlen. Gekoppelt ist der Hybrid an die bekannte, aber komplett überarbeitete 7-Gang-Automatik. Für den GLC 220 d, den 250 d und den 250 gibt es, wenn sie über alle vier Räder angetrieben werden, serienmäßig ein neunstufiges Automatikgetriebe. Letztlich hat Mercedes an seinem Designer-Anzug im SUV-Format tatsächlich jede Naht bedacht. Und die von Daimlerchef Dieter Zetsche propagierte Fortschreibung einer Erfolgsgeschichte sollte sich so auch umsetzen lassen.
Quelle: ntv.de