Auto

Der lange Treck Skoda jagt den Scout durch die Karpaten

Der Skoda Octavia Scout kann mehr, als man ihm gemeinhin zutrauen würde.

Der Skoda Octavia Scout kann mehr, als man ihm gemeinhin zutrauen würde.

Mit dem Namen Scout labeln die Tschechen Fahrzeuge, die sich durch technische Veränderungen auch im offenen Gelände besonders gut bewegen sollen. Seit 2015 wird das auf dem "Euro Trek" unter Beweis gestellt. In diesem Jahr mit dem Octavia.

Das Făgăraș-Gebirge vor Augen zieht sich der Treck über rumänische Landstraßen.

Das Făgăraș-Gebirge vor Augen zieht sich der Treck über rumänische Landstraßen.

Der Gedanke an Offroad-Fahrten birgt immer etwas Wildes in sich. Die Idee, eigene Grenzen und die des Materials zu überschreiten. Sich mit Kraft und Geschick durch unwirtliche Passagen zu quälen, die Räder bis zur Nabe im Schlamm zu versenken, während sich das Heck schlingernd von rechts nach links bewegt und der Pilot von Gelände und Fahrzeug gezwungen wird, das Lenkrad herumzureißen, um den Wagen in der Spur zu halten. Genau diese Idee verfolgt Skoda seit 2015 mit dem "Euro Trek".

Im vergangenen Jahr starteten die Tschechen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest und fuhren mit 30 Skoda Jeti über 800 Kilometer ins rumänische Sibiu. Ein Jahr später sitzen die Fahrer nicht mehr im durchaus geländetauglichen Schneemenschen, sondern in einem Skoda Octavia. Zugegeben, nicht in der frontgetriebenen Normalvariante, sondern in einem Scout. Eben jenem Modell, das wenigstens optisch knallharte Offroad-Qualitäten verspricht: Unterfahrschutz an Bug und Heck, Verplankungen an den Radhäuser und extra starke Seitenschweller. Aber das allein wäre pure Pose, denn für die vorgesehenen knapp 900 Kilometer von Sibiu bis in Donaudelta braucht es mehr.

Schmutzig und abwegig

Kleinere Furten bereiten dem Skoda Octavia Scout keine Probleme.

Kleinere Furten bereiten dem Skoda Octavia Scout keine Probleme.

Natürlich kann man durch das Land des Grafen Dracula inzwischen auch ganz geschmeidig über ein gut ausgebautes Straßennetz auf ausgezeichnet asphaltierten Fahrbahnen gleiten. Aber das ist nicht der Anspruch des "Euro Trek". Der will und muss schmutzig und abwegig sein. Und so wird bereits wenige Kilometer nach dem Start klar, dass es allein im Făgăraș-Gebirge mehr braucht als Offroad-Optik. Über schmale Landstraßen schlängelt sich der Treck, aufgeteilt in zwei Gruppen zu je 15 Fahrzeugen, die engen Bergstraßen hinauf. Bereits hier macht es sich bezahlt, dass ein Zwei-Liter-Diesel mit 184 PS für den Vortrieb sorgt. Problemlos schiebt der Tscheche sich um die engen Kehren, während die 6-Gang-Automatik die Kraft von 380 Newtonmetern zügig an alle vier Räder verteilt.

Für eine spitzere Gaskennlinie und Schaltvorgänge bei höheren Drehzahlen sorgt ein kleiner Zug am Gangwahlhebel, der in der Matrix ein S für Sport sichtbar werden lässt. Über den Fahrmodischalter selbst hat der Pilot ebenfalls die Wahl zwischen den Programmen, Eco, Comfort, Sport und individuell. Auf den Bergstraßen macht sich die doppelte Sporteinstellung bezahlt. Denn neben dem deutlich kraftvolleren Vortrieb werden auch Fahrwerk und Lenkung etwas gestrafft. Allerdings wünscht man sich nach der zehnten Kurve, dass der Octavia etwas direkter auf die Befehle reagieren würde, die der Pilot über das Volant gibt. Auch die Rückstellbewegungen könnten etwas kräftiger sein und die Ansprache bei den Gangwechsel spontaner. Aber das sind wohl eher die Einwände der Sportfraktion. Denn für den Alltagsbetrieb ist die Justierung der Komponenten absolut in Ordnung. Das Fahrwerk jedenfalls reagiert beim Aufstieg in Richtung Moldoveanu, dem höchsten Gipfel Rumäniens, gutmütig und ohne Verwerfungen.

Di e 99 Meter lange Podu Ilii gehört eigentlich nicht mehr zu den offiziellen Verkehrswegen in Rumänien.

Di e 99 Meter lange Podu Ilii gehört eigentlich nicht mehr zu den offiziellen Verkehrswegen in Rumänien.

Aber das erste Ziel des Trecks ist nicht die Spitze des Berges, sondern das Viadukt Podu Ilii. Um die Städte Sibiu und Brasov miteinander zu verbinden, wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Zugstrecke gebaut. Zu dieser Verbindung gehören auch zwei Brücken. Eine davon ist die 99 Meter lange Podu Ilii, die im Jahr 1908 fertiggestellt wurde. Bereits 40 Jahre später reichte die schmale Überführung aber nicht mehr aus und modernere und tragfähigere Verbindungen mussten her. Heute ist die einstige Verkehrsader nur noch schön anzuschauen.

Auf dem Weg nach Brasov begegnet dem Reisenden aber noch ein anderes Kleinod: Schloss Bran. Eben jene Burg, die Bram Stoker seinerzeit zu der Geschichte um den blutrünstigen Vampir Graf Dracula inspiriert haben soll. Fahrtechnisch eine kleine Herausforderung ist die Hängebrücke, die die Orte Ursoaia und Viperesti verbindet. Die Überfahrt erfolgt hier einzeln und aufgrund der dicht stehenden Brückenpfeiler mit eingeklappten Außenspiegeln. In Schrittgeschwindigkeit muss sich der Scout über die knarrenden und leicht schwingende Holzbrücke bewegen, die sonst vor allem Pferdefuhrwerken als Übergang dient.

Knirschende Reifen auf groben Kies

Der Weg über die Hängebrücke nach Viperesti ist verdammt schmal.

Der Weg über die Hängebrücke nach Viperesti ist verdammt schmal.

(Foto: Holger Preiss)

Auf der anderen Seite angekommen, werden endlich die Offroad-Qualitäten des Octavia Scout gefordert. Unter den Reifen knirschen abwechselnd grober Kies und feiner Sand. Während die Steine die Reifen malträtieren, sorgt der trockene Staub für Sichtweiten unter fünf Metern. Hier machen sich erstmals auch die drei Zentimeter mehr Bodenfreiheit des Scout und der Unterfahrschutz bezahlt. Hinzu kommt eine Offroad-Bereifung, die verhindert, dass sich spitze Kiesel – die mitunter die Größe eines Kinderkopfes haben – sich mit unangenehmen Folgen in die Pneus bohren. Erstaunliche Arbeit leistet das Fahrwerk auf diesem wilden Ritt. Bei Geschwindigkeiten zwischen 50 und 80 km/h filtert es die kurzen, harten Stöße fein aus, sorgt für wenig Seitenneigung in den Kurve und kassiert Lastwechsel klaglos, während die ESP-Warnleuchte wie Hansens Diskobeleuchtung flackert.

Von Braila aus muss die Donau mit der Fähre überquert werden.

Von Braila aus muss die Donau mit der Fähre überquert werden.

(Foto: Holger Preiss)

Inzwischen hat der Treck mit nicht mehr ganz sauberen Fahrzeugen die Hafenstadt Braila erreicht, von wo die Donau nach Smardan mit der Fähre, die Teil der Europastraße 87 ist, überquert wird. Etwa 100 Kilometer weiter erreicht die Kolonne das Donaudelta. Seit 1991 gehört die Ansammlung von wilden Kanälen, Seen, Sümpfen, Schilfrohrinseln, Sanddünen und Urwäldern zum Unesco-Weltkulturerbe. Das Delta ist Teil der Dobrudscha. Sie bildet das Grenzgebiet zwischen Südostrumänien und Nordostbulgarien. Hier soll die Offroadfahrt mit dem Scout noch einmal einen Höhepunkt bekommen. Nachdem es in der Nach gewittert hat, zeigt sich die für den Tag ausgewählte Offroad-Strecke anders als erwartet.

Endlich Schlamm auf allen Wegen

Statt staubiger Feldwege, die an mit Mohn und Lupinen gesprenkelten Roggenfeldern vorbeiführen, muss sich der Octavia-Treck durch tiefe Schlammfurchen wühlen, in denen nicht mehr der Fahrer, sondern der Weg das Ruder in der Hand zu halten scheint. Nur durch feine Arbeit des Gasfußes, schnelle Lenkbewegungen des Piloten und eine einwandfreie Arbeit der Haldex-Kupplung, die dem jeweils greifenden Rad die Kraft gibt, ist es möglich, den Scout auf Kurs zu halten.

Etliche Schlammfurchen sorgten für eine neue Farbgebung des Scout.

Etliche Schlammfurchen sorgten für eine neue Farbgebung des Scout.

Dem abenteuerversessenen Fahrer kommt das natürlich entgegen, denn an diesem Punkt erfüllen sich auch die bereits eingangs geschilderten Wünsche. Noch während das Heck sein Eigenleben entwickelt, wirft das vorausfahrende Auto so viel Dreck nach hinten, dass die Sicht sich in Sekunden auf ein Minimum reduziert. Doch um die Wischwaschanlage zu aktivieren, bleibt keine Zeit, denn genau in dem Moment finden die Räder wieder Grip und lassen den Wagen wie ein Schnellboot über den Schlamm rutschen, um kurze Zeit später auf den trocknen Passagen des Weges mit Staub gepudert zu werden. Etliche Kilometer später stehen 30 mit einer Schlammpackung versehene Skoda vor der Burg Enisala und der malerischen Kulisse des Razim-Sees.

Innerhalb von zweieinhalb Tagen hat der Octavia Scout mehr als 800 Kilometer auf unterschiedlichstem Geläuf abgespult und sich wirklich wacker geschlagen. Mit Blick auf die Strecke, einem geplatzten Reifen und einem völlig verschmutzen Auto ist sich natürlich jeder der Teilnehmer darüber im Klaren, dass kein Mensch einem Auto im Wert von 42.140 Euro so die Kante geben würde. Und dennoch tut es gut, zu wissen, dass es ohne das der Wagen Schaden nimmt, geht. Mehr noch, eigentlich ist sich der Fahrer sicher, dass das Potenzial noch immer nicht ausgereizt ist. Eine Steigerung, die jeder bei einer geführten Offroad-Tour durch Rumänien selber erleben kann und dabei nicht einmal sein eigenes Auto nehmen muss. Denn es sei an dieser Stelle angemerkt, dass das Land ob seiner Naturbelassenheit nicht nur ein Geheimtipp für Reisen in Europa ist, sondern dass auch der Skoda-Treck geführt war und sich nicht fahrlässig durch Naturschutzgebiete gewälzt hat.

Quelle: ntv.de

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