
Das ursprüngliche Ziel war es, die Menschen mit Plug-in-Hybriden mobil zu halten, bis die Infrastruktur für das rein elektrische Fahren geschaffen ist.
(Foto: dpa)
Dem Plug-in-Hybrid wird seit Jahren unterstellt, eine "Mogelpackung" zu sein. Aber wer hat ihn dazu gemacht? Die Autohersteller, die eine Brücke schlagen wollten? Die Politik, die mit aller Macht den CO2-Ausstoß bei Fahrzeugen senken will? Oder ist es der Kunde, der sich von den Kaufprämien verführen lässt?
Nachdem der Diesel sein Fett wegbekommen hat, wird in der allgemeinen Klimadiskussion dem Plug-in-Hybrid immer mal wieder unterstellt, dass er eine "Mogelpackung" ist. Und zwar deshalb, weil hier neben einem möglichen, zugegeben verhältnismäßig kurzen, rein elektrischen Fahrweg, die Langstrecke mit einem Verbrenner absolviert werden kann. Gemeinhin heißt es, dass der Fahrer eines PHEV - so die Abkürzung für das englische "plug-in hybrid vehicle" - ohnehin den E-Antrieb nicht nutzt und das Fahrzeug mit einem unbenutzten Ladekabel erneut zum Verkauf gibt. Was an dieser Einschätzung dran ist, mag an dieser Stelle gar nicht bewertet werden. Vielmehr stellt sich doch die Frage, wie es überhaupt zu einem solchen Verhalten kommen kann?
Die wohl naheliegendste Erklärung ist die der Subvention von Plug-in-Hybriden. Was die Sache irgendwie zu einem hausgemachten Problem der Politik macht, die sich seit Jahren auf die Fahne schreibt, Millionen Elektroautos, und dazu gehören auch die PHEV, zuzulassen. "Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) seinerzeit in einem Interview mit dem Tagesspiegel.
Mit dem Start der Umweltprämie im Juni 2016 sollen über 530.000 Fahrzeuge gefördert und rund 2,1 Milliarden Euro an Förderung ausbezahlt worden sein. Im Rahmen der Corona-Konjunkturprogramme wurde diese Förderung noch einmal aufgestockt. Für Elektrofahrzeuge, die weniger als 40.000 Euro Nettolistenpreis kosten, beträgt die maximale Fördersumme nun 9000 Euro, für Hybrid-Autos sind es immer noch 6750 Euro. Dass die dadurch entstehende Rechnung Begehrlichkeiten weckt, ist klar, zumal auch noch eine nicht unerhebliche steuerliche Begünstigung bei den Elektroautos und Plug-in-Hybriden zum Tragen kommt, wenn sie denn die jeweiligen Vorgaben an elektrischer Reichweite und CO2-Ausstoß erfüllen. Mit dem kommenden Jahr wird die auf 60 Kilometer und beim CO2-Ausstoß auf 50 g/km festgelegt. Ab 2025 sollen es 80 Kilometer sein.
Ziel war es, eine Brücke zu schlagen
Wem ist es also zu verdenken, wenn der geneigte Autokäufer sich jetzt für einen Plug-in-Hybrid entscheidet? Zumal es ja die Grundidee dieser Technologie war, eine Brücke zwischen dem althergebrachten Verbrenner und dem rein elektrischen Fahren zu schlagen. Immer mit der Idee, dass die Kurzstrecke mit dem E-Antrieb und die lange Distanz mit dem Verbrenner zurückgelegt wird, denn rein statistisch liegt das tägliche Fahraufkommen in Deutschland durchschnittlich bei 65 Kilometern. Wer also zu Hause an einer Wallbox und im besten Fall auf der Arbeit laden kann, der wird auch wegen der finanziellen Vorteile elektrisch fahren. Aber was ist mit den Dienstwagennutzern, die ob der oben genannten finanziellen Vorteile einen Plug-in-Hybrid statt eines Diesels von ihrem Arbeitgeber verordnet bekommen? Und was ist, wenn diese Fahrer dann noch in einer Mietwohnung zu Hause sind und am Tag weit mehr als die 65 Kilometer abspulen müssen? Wird der Plug-in-Hybrid dann tatsächlich zur Mogelpackung? Auf jeden Fall!
Genau wie bei denen, die einfach ein neues Auto wollen und sich von der Prämie verführen lassen, einen PHEV zu kaufen, ohne auch nur im Ansatz darüber nachzudenken, wo sie den Akku des Fahrzeuges laden können. Und da sind wir bei dem nächsten Problem: der Ladeinfrastruktur. Im besten Fall befinden sich in urbanen Ballungsgebieten solche Stromtankstellen im Umkreis von etwa 1,5 Kilometern vom Wohnort. Wer auf der Autobahnraststätte sein Plug-in-Hybrid an die Ladesäule hängt, kommt in Konflikt mit den reinen E-Auto-Fahrern. Und das nicht zu Unrecht. Sind die gezwungen, dort Strom zu tanken, kann der PHEV-Fahrer auch mit seinem Verbrenner die Reise fortsetzen. Zumal die Ladezeiten eines Plug-in-Hybrids, wegen der geringen Leistung, meist deutlich über der eines E-Autos liegt. Hinzu kommt natürlich der deutlich höhere Verbrauch, den der Plug-in-Hybrid hat, wenn er nur von dem relativ kleine Benzinmotor angetrieben wird. Der muss nämlich neben der Arbeit auch noch etwa 150 Kilogramm mehr mitschleppen, die ihm Batterie und E-Motor aufbürden.
Noch mag der PHEV attraktiver sein
Und dennoch sind Plug-in-Hybride im Moment attraktiver als ein reines Elektroauto: Der Autor nennt es gerne "die über Jahrzehnte gelernte individuelle Mobilität". Mit dem Boom des Autos in den 1950er Jahren und der damit verbundenen Freiheit sich über Hunderte Kilometer ohne lange Stopps bewegen zu können, ist etwas entstanden, das bis heute im Bewusstsein der Menschen ist: Die Möglichkeit individuell über große und kleine Distanzen, wann immer man es will, reisen zu können. Und die Zwischenstopps zum Auftanken? Sind nur Minutensache. Das ist eine Erfahrung, von der man sich beim Elektroauto – jedenfalls in der momentanen Entwicklungsphase – verabschieden muss. Reisen wird zum Suchspiel nach Ladestationen und zur Geduldsprobe, während man darauf wartet, die Reise fortsetzen zu können.
Wenn wir also im Zuge des Plug-in-Hybrids von einer Mogelpackung sprechen, stellt sich die Frage, wer hat sie dazu gemacht? Die Autoindustrie, die schnellstmöglich eine Technologie entwickelt hat, die die Menschen mobil hält und bei richtiger Nutzung auch den CO₂-Ausstoß senkt? Oder ist es die Politik, die zu schnell zu viel gefordert hat, ohne zu bedenken, dass es, wenn man das eine will, des anderen bedarf? Wer also ein E-Auto oder Plug-in-Hybrid fahren soll, der braucht eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Damit allein ist es aber nicht getan. Es braucht auch nachhaltige Energiequellen, um nicht das, was beim Fahrzeug an CO₂ eingespart wird, bei der Stromerzeugung hundertfach auszustoßen.
PHEV wird nicht weiterentwickelt
Die Politik scheint, befeuert durch die Klimaschützer, alles auf einmal zu wollen und dabei vergessen beide, dass sich ein Wort nicht nur aus A und Z zusammensetzt, sondern das hiesige Alphabet 26 Buchstaben hat. Nur wer alle nutzt, wird auch sinnvoll kommunizieren können. Oder sind es am Ende doch die Nutzer der Plug-in-Hybride, die diese Technologie zu einer Mogelpackung verkommen lassen, weil sie aus Faulheit und Geldgier im Umfeld der geschilderten Gegebenheiten gezwungen sind, die Fahrzeuge vorrangig mit dem Verbrenner zu betreiben?
Am Ende liegt die Antwort auf diese Frage wohl irgendwo in der Mitte und es ist eigentlich müßig, PHEV weiter zu verteufeln, denn es ist, was es ist: eine Brückentechnologie. Kein Hersteller wird sie in Zukunft weiterentwickeln. Für Mercedes und BMW ist das auch nicht nötig, denn ihre PHEV bewältigen unterdessen 80 bis 90 Kilometer rein elektrisch. Einzig VW hängt hier mit knapp 60 Kilometern in den Seilen und müsste sich bis 2025 etwas einfallen lassen. Doch letztlich stehen die Signale ohnehin klar auf E-Mobilität.
Ob das am Ende die richtige Entscheidung für das Klima, die Umwelt und die individuelle Mobilität ist, wird sich zeigen. Wenn die E-Mobilität der Heilsbringer werden soll, wird das nur funktionieren, wenn sich alle Beteiligten des gesamten Alphabets zur Kommunikation bedienen. Denn allein in Deutschland müssen 48 Millionen Autofahrer überzeugt werden, dass genau diese Art der Fortbewegung die bessere ist und dass sie dabei nichts oder nur ganz wenig von ihrer gelernten individuellen Mobilität verlieren. Und bei dem, was sie verlieren, muss man ihnen auch erklären, was sie gewinnen können. Alles auf Biegen und Brechen in kürzester Zeit durchdrücken zu wollen, wird nicht zum gewünschten Ziel führen.
Quelle: ntv.de