Praxistest

Erdgasantrieb als Alternative? Gas geben mit dem VW Caddy

Firmen und Familien, aber auch Tempo-Kontrolleure schätzen den VW Caddy für ihre Zwecke.

Firmen und Familien, aber auch Tempo-Kontrolleure schätzen den VW Caddy für ihre Zwecke.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Als genügsamer Lastesel ist der VW Caddy bei Firmen und Familien gleichermaßen beliebt. Dumm nur, dass sein bevorzugter Antrieb, der Dieselmotor, in Verruf geraten ist. Aber es gibt eine Alternative: Fahren mit Erdgas. Wie sich das anfühlt, beschreibt der n-tv.de Praxistest.

Selbst mit kurzem Radstand offenbart der Caddy ein enormes Fassungsvermögen.

Selbst mit kurzem Radstand offenbart der Caddy ein enormes Fassungsvermögen.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Alternative Antriebe sind beim VW Caddy durchaus nicht neu. Außer Otto- und Dieselmotoren gab es seit 2013 auch eine Flüssig- und eine Erdgas-Variante. Der sogenannte LPG (Liquefied Petroleum Gas)-Antrieb ist jedoch inzwischen aus dem Programm verschwunden. Stattdessen gibt es den 1,4 Liter großen Vierzylinder, der mit Erdgas oder mit Superbenzin betrieben werden kann. Inzwischen hat Volkswagen auch eine Reihe von Elektro-Caddys in den Dauertest geschickt, die jedoch ausgewählten Flottenkunden vorbehalten waren und noch nicht im freien Verkauf erhältlich sind.

Da der Erdgas-Preis an die Entwicklung auf dem Ölmarkt gekoppelt ist, wird Erdgas an der Tankstelle, die solch eine Druckanlage betreibt, gegenwärtig vergleichsweise günstig angeboten. Ein Kilogramm des Kraftstoffs kostet derzeit um einen Euro, wobei bekanntlich der Energiegehalt solch einer Menge etwa 1,47 Litern Superbenzin entspricht. Obendrein werden beim Verbrennen weniger Schadstoffe freigesetzt, so dass CNG (Compressed Natural Gas) sowohl für umweltbewusste Fahrer als auch für kühle Rechner eine Alternative zu sein scheint. Lediglich die Abdeckung mit Zapfstellen ist noch verbesserungswürdig, denn die vor Jahren geäußerten Erwartungen zum Ausbau des Netzes wurden nicht erfüllt. Derzeit gibt es bundesweit etwa 900 Säulen. Zum Vergleich: Die konventionellen Tankstellen zählen etwa 14.500.

800 Kilometer sollten drin sein

Wer längere Fahrten plant, tut also gut daran, sich vorher zu informieren, wo er den luftförmigen Sprit einsammeln kann. Doch Erdgas-Nutzer haben es besser als die Fahrer von Elektro-Autos, denn sie können bei den meisten Fahrzeugen als Alternative auch Superbenzin verfeuern. Der Caddy 1.4 TGI hat vollgetankt außer einem Vorrat von 26 Kilogramm CNG auch 13 Liter herkömmlichen Sprit an Bord, so dass keine Gefahr besteht, irgendwo liegen zu bleiben. Als Caddy Maxi kann er sogar 37 Kilogramm Gas mitführen. Unter günstigen Umständen könnte der lange Caddy also allein mit Gasantrieb 800 Kilometer weit kommen.

Den schlichten Charme eines Nutzfahrzeuges, den der Caddy offeriert, sollte man mögen.

Den schlichten Charme eines Nutzfahrzeuges, den der Caddy offeriert, sollte man mögen.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Rein äußerlich wurde die Front des überarbeiteten VW Caddys dem Konzerngesicht angepasst. Viele Autokunden nennen das Design als einen wichtigen Grund, sich für ein bestimmtes Modell zu entscheiden, beim Caddy kann das weitgehend ausgeschlossen werden. Als fahrbarer Würfel daher kommend, ist es zuvorderst der Nutzwert, der den Caddy interessant macht – sei es, dass man ihn als Firmen- oder als Familienkutsche braucht. Sinnesfreuden durch ästhetische Extravaganzen sucht man auch im Innenraum vergebens, praktisch muss alles sein, strapazierfähig in der Handhabung und im Zweifelsfalle abwaschbar.

In der Ausstattungslinie Trendline bringt der Caddy ab Werk eine Berganfahrhilfe, Multikollisionsbremse, Müdigkeitserkennung, die sogenannte Dachgalerie (eine Ablage über die komplette Fahrzeugbreite oberhalb der Frontscheibe) und Verzurrösen im Laderaum mit. Das Multifunktionslenkrad muss allerdings schon mit 255 Euro extra bezahlt werden, ebenso die Klimatronic, die mit stolzen 1773 Euro zu Buche schlägt. Nützlich ist der Park-Assistent, der auch die Rückfahrkamera beinhaltet, für 1023 Euro. Die Höhenverstellbarkeit der Vordersitze ist mit 220 Euro zu vergüten und im Nu ist man mit dem Lieferwagen bei einem Preis von mehr als 34.500 Euro.

Bis zu drei Kubikmeter Laderaum

Zwei seitliche Schiebetüren geben einen mehr als 70 Zentimeter breiten Karosserieausschnitt frei und machen Zustieg oder Beladung zum Kinderspiel. Die Schiebefenster sind leider nicht automatisch Bestandteil der Schiebetüren und kosten 285 Euro je Stück. Für die Hecktür sind verschiedene Varianten bestellbar. Im Handwerk wird zum Beispiel gern eine zweiflügelige Portaltür genommen. Wer die Standardklappe als nach oben schwingenden Laderaumverschluss wählt, sollte sich darüber klar sein, dass sie wenigstens einen guten Meter Abstand zum nächsten parkenden Auto oder Hindernis braucht, um problemfrei zu funktionieren. Vorbildlich ist die lichte Höhe darunter, denn auch Zwei-Meter-Riesen können darunter stehen. Der Würfel-Charakter des Autos lässt sich an der Luke übrigens mit dem Maßband belegen: 1,13 Meter im Quadrat misst die Öffnung.

Mit wenigen Handgriffen ist die zweite Sitzreihe weggeklappt und mehr Platz geschaffen.

Mit wenigen Handgriffen ist die zweite Sitzreihe weggeklappt und mehr Platz geschaffen.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Bis zu den Halterungen für die rückwärtige Sitzbank sind es 1,35 Meter. Das ergibt ein Volumen von 750 Litern (bei fensterhoher Beladung) und mehr als drei Kubikmetern, wenn die Rückbank zusammengefaltet und dachhoch beladen wird. Das geht mit zwei Handgriffen und die Sitze sind so ausgewogen gelagert, dass der Kraftaufwand in beide Richtungen gering ist. Fast unnötig zu sagen, dass die Ladekante mit 56 Zentimetern erfreulich niedrig ist. Beispielsweise mehrere Fahrräder nebeneinander auf der Ladefläche zu parken, ist kein Problem.

Ab der Ausstattungsvariante Trendline liefert Volkswagen außer Seiten- und Frontairbags auch Vohang-Airbags mit. Alle Sitze verfügen über Isofix-Kindersitzbestigungen. Die Ausstattung mit Fächern und Ablagen ist vorbildlich. Ein Umfeldbeobachtungssystem "Front Assist" mit der City-Notbremsfunktion hilft, Gefahren zu erkennen und die Multikollisionsbremse kann das Fahrzeug automatisch stoppen, wenn der Fahrer dies versäumt. Neu ist beim Caddy eine mehr als empfehlenswert Rückfahrkamera, die 272 Euro Aufpreis kostet.

Drehzahl im Blick behalten

Der 1,4-Liter-Motor des Caddys TGI leistet 110 PS und kann mit einer 6-Gang-Handschaltung oder einem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe bestellt werden. Im Unterschied zu Benzinantrieben, wo der EU-Durchschnittsverbrauch in Verbindung mit Automatikgetrieben in der Regel unter dem der Handschalter liegt, ist es beim Erdgas-Caddy anders herum. 4,1 Kilogramm CNG über 100 km stehen 4,4 Kilogramm gegenüber. Der handgeschaltete Testwagen kam auf einen Durchschnittsverbrauch von 5,8 Kilogramm Erdgas, was Betriebskosten von etwa sechs Cent je Kilometer entspräche.

Die Motorhaube ist steil aufstellbar, alle Komponenten gut zu erreichen.

Die Motorhaube ist steil aufstellbar, alle Komponenten gut zu erreichen.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Mit 200 Newtonmetern Drehmoment fällt die Durchzugskraft, mit der das rund 1713 Kilogramm schwere Testfahrzeug angeschoben wird, im Vergleich zu den Dieselmotoren eher bescheiden aus. Lahm wirkt der Wagen dennoch nicht, wenn man darauf achtet, dass die Motordrehzahl nicht unter die Marke von 2000 fällt. Rechtzeitiges Runterschalten beim Abbiegen oder in langsamen Kurven ist also geraten, will man nicht plötzlich mit der völligen Abwesenheit des Vortriebs konfrontiert werden. Der Spurt von Null auf Hundert in knapp 13 Sekunden dürfte für die Einsatzgebiete des Caddys ebenso irrelevant sein wie die Höchstgeschwindigkeit von 174 km/h.

Dass der Fahrkomfort nicht mehr als das Siegel "ordentlich" verdient, hat in erster Linie damit zu tun, dass sich Volkswagen bei der Überarbeitung nicht von der mit Blattfedern ausgestatteten Starrachse verabschieden mochte. Das gelegentliche Rumpeln an der Hinterachse auf unebener Fahrbahn wird durch den großen Resonanzkörper des Laderaumes noch verstärkt. Am Fahrwerk erkennt man das Nutzfahrzeug im Caddy, robust soll es sein und ordentlich Ladung aufnehmen können. Mit 462 Kilogramm fällt Zuladung, die dem TGI zugetraut wird, gegenüber den Schwestermodellen der Baureihe allerdings bescheiden aus. Beim Einliter-Dreizylinder sind es gar stolze 838 Kilogramm. Die Sitze sind hinreichend bequem und langstreckentauglich. Die aufrechte Sitzposition erlaubt eine gute Übersicht.

Fazit: Auch wenn der Caddy je nach Modell und Ausstattung als Pkw oder als Nutzfahrzeug gilt, ist letzteres doch die eigentliche Bestimmung dieses handlichen Lademeisters. Der Erdgas-Motor passt gut zum Auto, gibt den Nutzern ein besseres Umwelt-Gewissen und ist auf Sicht auch sparsamer als der Benziner. Der zuweilen rustikale Fahrkomfort ist entschuldbar, zumal die Hauptaufgabe solch eines Autos nicht Bequemlichkeit ist, sondern Mensch und Material von A nach B zu befördern.

DATENBLATTVW Caddy 1.4 TGI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,41/ 1,78/ 1,86 m
Radstand2,68 m
Leergewicht (DIN)1713 kg
Sitzplätze5
Maximale Zuladung462 kg
Motor4-Zylinder Ottomotor mit 1395 ccm Hubraum
GetriebeManuelles 6-Gang-Getriebe
Leistung81 kW / 110 PS
KraftstoffartErdgas
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit174 km/h
Tankvolumen48 Liter
max. Drehmoment170 Nm / 1800–4250 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h13,7 Sekunden
Normverbrauch (CNG) (innerorts/außerorts/kombiniert)5,2 kg / 3,6 kg / 4,1 kg
Testverbrauch6,2 kg
CO2-Emissionen113 g/km
Grundpreis24.889,00 Euro
Preis des Testwagens34.540,00 Euro

Quelle: ntv.de

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