Praxistest

Audi-TT-Roadster im Praxistest Sommerfrischler mit Biss

Die Ingolstädter stehen zum traditionellen Verdeck.

Die Ingolstädter stehen zum traditionellen Verdeck.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Während andere Hersteller ihre Cabrios in aller Stille beerdigen, hält Audi unverdrossen zum Offenfahren. Derzeit sind vier Modelle im Programm, auch die Stoffmütze steht nicht zur Diskussion. Dieses Jahr wurde die dritte Generation des TT-Roadsters vorgestellt - und so schlägt sie sich im n-tv.de-Praxistest.

Haben die Friseure und Hair-Stylisten ihre Preise erhöht? Warum sonst nehmen die Verkaufszahlen von Cabrios seit Jahren weltweit ab? Im aktuellen Angebot von Peugeot gibt es kein Cabrio mehr. Unter den deutschen Herstellern verabschiedete sich zuletzt Volkswagen vom Eos. Dabei gibt es doch kaum etwas Schöneres, als bei einer sommerlichen Ausfahrt kein Dach über dem Kopf zu haben. Besonders dann, wenn das Gefährt einen solchen Perfektionsgrad erreicht wie der aktuelle TT-Roadster.

Der TT-Roadster der dritten Generation zeigt schärfere Kanten als der Vorgänger.

Der TT-Roadster der dritten Generation zeigt schärfere Kanten als der Vorgänger.

(Foto: Busse/Textfabrik)

In Deutschland bevorzugen fast ein Drittel der TT-Kunden die Version mit beweglichem Dach. Das könnte daran liegen, dass der in Litern Gepräckraum zu errechnende Nutzwert der beiden Karosserie-Varianten sich nur wenig unterscheidet. Beim Coupé wird das Volumen mit 305 Litern angegeben, beim Roadster mit 280 Litern. Es bleibt bei geschlossenem und offenem Verdeck gleich. Diese Sichtweise unterschlägt allerdings die Tatsache, dass man beim Coupé auch auf den Notsitzen 3 und 4 eine Tasche ablegen kann. Neu in der Serienausstattung ist das Xenonlicht. Für LED-Scheinwerfer wie beim Testwagen sind 2140 Euro extra hinzublättern.

Mit dem 2.0-TFSI-Motor bekommen Fahrer oder Fahrerin die Gewalt über 230 PS. Das bedeutet einen leichten Zuwachs gegenüber dem Vorgänger. Unterhalb des TTS-Topmodells wird noch ein Zweiliter-Diesel angeboten, der 184 PS mit 380 Newtonmetern Drehmoment kombiniert. Die Durchzugskraft des aufgeladenen Benziners, der den Testwagen in Bewegung hält, liegt bei 370 Newtonmetern. Wie wohlwollend eingeschenkt das ist, zeigt ein Vergleich mit einem anderen deutschen Freiluft-Zweisitzer: Der Porsche Boxster S generiert aus seinem frei atmenden 3,4-Liter-Sechzylinder 360 Newtonmetern.

Flinkes Dach trotzt Schauern

In nur zehn Sekunden ist das Verdeck hinter den Überrollbügeln verschwunden.

In nur zehn Sekunden ist das Verdeck hinter den Überrollbügeln verschwunden.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Roadster-Fahrer sind zwar nicht als wehleidig bekannt, aber bei einem Regenschauer schließen sie auch gern mal das Dach. Bei TT-Rodster geht das so schnell wie bei nur weniger anderen Cabrios auf dem Markt. In beide Richtungen vergehen nur jeweils rund zehn Sekunden, da kann man sich sogar bei einem sommerlichen Platzregen schnell genug in Sicherheit bringen. Angehalten werden muss dafür natürlich längst nicht mehr. Bis 50 km/h funktioniert die elektrische Bedienung, oberhalb dessen verweigert das System den Befehl. Die Taste für die Dachbedienung ist trotz ihrer großen Bedeutung sehr klein und liegt unmittelbar neben der Parkbremse, wodurch die Gefahr eines unbeabsichtigten Bremsrucks während der Fahrt nicht ganz auszuschließen ist.

Das kompakte und scharf akzentuierte Styling der Karosserie kann nicht darüber hinweg täuschen, dass Aerodynamik bei Cabrios eine besondere Herausforderung ist. Zwar macht der TT-Roadster auch in geschlossenem Zustand bella figura, aber das ist ja nicht seine Bestimmung. Und wenn das Dach aufgeht, dann müssen die Insassen zu gewissen Kompromissen bereit sein. Vor allem dann, wenn sie vorher nicht bereit waren, 1260 Euro zusätzlich für Warmhalte-Komfort auszugeben. 460 Euro zum Beispiel kostet das elektrisch ausfahrbare Windschott, 460 die Nackenheizung, die dreistufig zwischen Rücklehne und Kopfstütze mittels Warmluft den Schal ersetzt, weitere 350 eine Sitzheizung. Die Nackenheizung ist sehr wirkungsvoll und deshalb ratsam, das Windschott erfüllt seinen Zweck nur dürftig, denn es wirbelt dennoch kräftig um die Passagiere herum, wenn man schneller als City-Tempo fährt. Kein Rezept gibt es gegen die Zugluft, die zwischen dem hinteren Rand der Seitenscheibe und den Überroll-Höckern ins Innere strömt. Das ideale Geschenk für einen TT-Fahrer wäre also die Retro-Sturmhaube aus gediegenem Leder - die sieht nicht nur zünftig aus, sondern erledigt alle vorgenannten Themen mit einer Lösung.

Der aufgeladene Zweiliter-Benziner holt aus vier Zylindern 230 PS.

Der aufgeladene Zweiliter-Benziner holt aus vier Zylindern 230 PS.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Am TT-Interieur ist nur das neue "virtuelle Cockpit" erwähnenswert, denn ringsum herrschen markenbekannte Bedingungen: Saubere Verarbeitung, edle Materialien, hochwertiges Ambiente, geschmackvolles Design, dem es an Praxisorientierung nicht fehlt. Bis auf die kümmerliche Verdecktaste ist alles schick und schnieke. Die Sportsitze sind sehr seitenstabil, die fünf an Flugzeugturbinen erinnernden Gebläse-Auslässe sind durch ihre integrierte Klimabedienung ein Musterbeispiel der gelungenen Vermählung von Form und Funktion. Um die harmonische Symmetrie der Mittelkonsole nicht zu beschädigen, ist die Bedienung der elektrischen Außenspiegel im Futter der Fahrertür untergebracht.

Das TFT-Display mit einer Bildschirmdiagonale von 12,3 Zoll hat eine Auflösung von 1440 x 540 Pixel, was eine gestochen scharfe Wiedergabe der Inhalte ermöglicht. Spannend war dennoch die Frage, ob sich Sonneneinstrahlung negativ auf die Ablesbarkeit auswirkt, denn in dieser Disziplin können Cabrio-Armaturen manchmal Schwächen zeigen. Die hohe Lichtleistung von 800 Candela (also etwa der Ausbeute von 800 haushaltsüblichen Kerzen) reicht jedoch aus, die Ablesbarkeit unter allen im Praxistest angetroffenen Bedingungen zu gewährleisten.

Cockpit-Bildschirm trotzt Sonne

Innere Werte: Ein makelloses Interieur gehört zum serienmäßigen Lieferumfang.

Innere Werte: Ein makelloses Interieur gehört zum serienmäßigen Lieferumfang.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Die zunächst etwas mühselig erscheinende Auswahl der verschiedenen Darstellungsmodi erweist sich bei näherem Hinsehen als halb so kompliziert. Mit der "View"-Taste am Multifunktionslenkrad kann der Fahrer zwischen zwei Oberflächen wechseln. Im "Infotainment"-Modus dominiert ein zentrales Fenster die Ansicht - es bietet der Navigationskarte oder den Listen aus den Bereichen Telefon, Radio und Audio eine große Bühne. Der Drehzahlmesser und der Tachometer sind links und rechts als kleine Rundinstrumente zu sehen. In der klassischen Ansicht ist das Mittelfenster kleiner, die Instrumente sind etwa so groß wie Analoganzeigen.

Eine gewisse Ablenkungsgefahr ist dieser schönen, bunten, virtuellen Welt zwar nicht abzusprechen, aber sie ist deutlich geringer, als wenn man zum Beispiel die Musikbibliothek auf dem klassischen Konsolenmonitor durchblättert. Ungewöhnlich: Unter der Kuppel der Instrumentenabdeckung ist beim Testwagen wiederholt ein Knarzen und Zirpen zu vernehmen - Geräusche, die sonst bei einem Audi nicht zum Lieferumfang gehören.

So, wie der TT-Roadster aussieht, so fährt er auch. Knackig, direkt und griffig zirkelt man den Zweisitzer um engste Kehren. Für die herzhafte Beschleunigung von 5,6 Sekunden auf Sturmstärke (100 km/h) sorgt der Vierzylinder mit hörbaren Vergnügen. Die Gas-Schmatzer bei Gangwechsel sind zwar künstlich erzeugt, wirken aber authentisch. Ab etwa 3500 Touren öffnet das Abgassystem eine Klappe, um dem Röhren eine zusätzliche würzige Note zu geben. Der Allradantrieb verlagert mithilfe der Lamellenkupplung bis zu 50 Prozent des Antriebsmoments an die Hinterräder.

Das Fahrverhalten bleibt neutral, selbst wenn man im Kreisverkehr mal in den vierten Gang zu kommen versucht. Das straff abgestimmte Fahrwerk gibt sich auch auf unebenem Terrain keine Blöße. Fahrdynamisch bleibt der TT das, woran sich andere messen wollen und der Spaßfaktor auf hohem Niveau. Nur selten gelingt es, sich mit einem sportlich ausgelegten Fahrzeug den Verbrauchswerten zu nähern, die der Hersteller für seine Prospektangaben auf dem Rollenprüfstand erzielt. Mit 7,9 Litern im Schnitt für 100 Kilometer verhielt sich der TT-Roadster jedoch annehmbar wirtschaftlich, schließlich wollen 230 Pferdchen auch sättigend gefüttert sein.

Fazit: Gut, dass der nachlassende Cabrio-Boom Audi nicht anficht und die Ingolstädter weiter so erfrischende Freiluft-Sportler bauen. Lange muss man nach kleinen Schwächen suchen. Und die Fähigkeit, ein gleichbleibend hohes Fertigungs- und Technik-Niveau zu bieten, lässt man sich dort gut bezahlen. Da der TT-Roadster bei wohl situierten Audi-Kunden oft als Zweitwagen in der Garage steht, ist der Nutzwert eines 42.000-Euro-Zweisitzers nicht der bestimmende Faktor.

DATENBLATTAudi TT Roadster 2.0 TFSI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,18 / 1,83 / 1,36 m
Leergewicht (DIN)1500 kg
Sitzplätze2
Ladevolumen280 Liter
MotorVierzylinder Turbomotor mit 1984 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang S-tronic
Systemleistung169 kW/ 230 PS bei 4500 - 6200 U/min
KraftstoffartSuperbenzin
AntriebAllrad permanent
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
max. Drehmoment370 Nm bei 1600 - 4200 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h5,6 s
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km8,5 / 5,6 / 6,7 l
Testverbrauch7,9 l
Tankinhalt55 Liter
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
154 g/km
EmissionsklasseEU 6 / D
Grundpreis42.400 Euro
Preis des Testwagens63.900 Euro

Quelle: ntv.de

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