Praxistest

Der Künstler und seine "Art de Vivre" Citroën C4 Picasso - Der Business-Class-Van

Citroën-Designer Oliver Vincent hat mit dem C4 Picasso ein wirklich charakterstarkes Auto geschaffen.

Citroën-Designer Oliver Vincent hat mit dem C4 Picasso ein wirklich charakterstarkes Auto geschaffen.

(Foto: Holger Preiss)

Was Kompakt-Vans auszeichnet, ist ihr Wert als Praktiker. Im Vordergrund stehen Platz und viele nützliche Features. Von einem mondänen Lebensstil ist man in diesen Fahrzeugen bis dato weit entfernt. Citroën hat jetzt in den C4 Picasso so etwas Business-Class-Feeling gebracht. Aber schießt der Künstler damit nicht über das Klassenziel hinaus?

DSC_0653.JPG

(Foto: Holger Preiss)

Die Schaffensperioden von Pablo Picasso reichten von der Blauen Periode über Kubismus bis hin zu seinen Spätwerken. Auch der Citroën C4 Picasso befindet sich in einer Schaffensphase. Namentlich wohl in der des bescheidenen Luxus. Und bescheiden meint hier nicht, dass die Franzosen sparsam mit den Zutaten für ihr Kunstwerk eines Kompakt-Vans umgegangen sind. Ganz im Gegenteil, man übt sich hier in der "Art de Vivre". Vor allem in der zum Test bereitgestellten Ausstattungsvariante Exclusive gibt es, wie schon der Name vermuten lässt, kaum noch etwas zu ergänzen.

Alles drin, alles dran

Für den absolut fairen Endpreis von 30.340 Euro gibt es aktive Geschwindigkeitsregler und -begrenzer, die sich dem Tempo des Vordermanns mit Hilfe der Motorbremse anpassen. Es gibt ein Kinderpaket, in dem neben drei Einzelsitzen, die sich in der Länge und Neigungswinkel verstellen lassen, auch Sonnenrollos. Im Exclusive-Paket enthalten ist auch ein Parkassistent mit einer Rückfahrkamera, die gestochen scharfe Bilder produziert und den Künstler ganz ohne Zutun des Fahrers längs oder quer zur Fahrbahn in die Parklücke bugsiert.

Sportlichkeit vermitteln die digital animierten Rundinstrumente.

Sportlichkeit vermitteln die digital animierten Rundinstrumente.

(Foto: Holger Preiss)

Auch der Totwinkelwarner und der schlüssellose Zugang sind im Preis enthalten. Für den richtigen Weg und den guten Ton sorgt ein Navigationssystem, inklusive eines zweiten USB-Anschlusses und einer Jukebox für die hauseigene Musik. Die kann im C4 Picasso auf einem 16 GB großen Speicher geparkt werden. Die sechs Boxen, aus denen der Sound hämmert, sind von JBL und kosten 530 Euro extra. Natürlich gibt es auch das obligate Radio mit AUX und USB sowie Bluetooth-Freisprecheinrichtung. Wer einen MP3-fähigen CD-Spieler möchte, muss 100 Euro draufpacken, aber den braucht heute kein Mensch mehr. All das lässt sich über den in der Mittelkonsole verbauten und 12 Zoll großen Touchscreen steuern.

Wechselspiele im Blick

Allerdings wird an dieser Stelle davon abgeraten, den Geschwindigkeitsbegrenzer über den Bildschirm zu bedienen, will man nicht Gefahr laufen, bei seinen Programmierversuchen dem Vordermann ins Heck zu schießen. Denn während man bei den sechs angezeigten Verkehrszeichen noch auf der Suche ist, das richtige zu touchen, kann es passieren, dass man sich ganz in diesem Prozess verliert und gleichsam die Straße aus den Augen. Besser ist es, die gute alte Lenkradbedienung mit Blick auf Geschwindigkeit und Begrenzung zu nutzen. Das Gleiche gilt für die Bedienung des Radios und die Aktivierung des Parkassistenten. Hier liegt auch ein wenig die Krux der knopfbefreiten Mittelkonsole.

So stellen sich die einzelnen Menüs auf dem Bildschirm dar. Einfach und schnell zu durchschauen.

So stellen sich die einzelnen Menüs auf dem Bildschirm dar. Einfach und schnell zu durchschauen.

Von der Erlernbarkeit und der intuitiven Menüführung ist das Touchpad einem Tablet oder Smartphone gleich. Aber genauso verspielt ist es bei den Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit des Fahrers von der Straße zu locken. Natürlich ist dieses wunderbare Spielzeug auch internetfähig. Immer vorausgesetzt, man ist bereit, ein Abo über 12 Monate zu einem Preis von 379 Euro abzuschließen. Seitens des Testers kann das nicht empfohlen werden. Denn die im Rahmen des Vertrages angebotenen Zusatz-Apps - Tankstellensuche, Benzinpreise, Stadtinformationen etc. - sind auch über jedes Smartphone kostenlos abrufbar.

Bei dem Ablesen der allgemeinen Fahrdaten wie Geschwindigkeit, Drehzahl, Verbrauch etc. muss der Pilot das Köpfchen leicht nach rechts drehen, denn die zentrale Einheit zum Einsehen dieser Daten ist wie so oft bei den Franzosen in der Mitte der Armatur verbaut. Auch hier werden die Informationen auf einen riesigen TFT projiziert, wahlweise in Form von drei quadratischen Ordnern oder als digitalisierte Rundinstrumente. Erstaunlicherweise gefiel dem Tester die erste Variante, die in verschiedenen Grautönen gehalten war, wesentlich besser als die grellblauen Rundinstrumente. Passte sich doch das Erstgenannte viel besser in die Farbverläufe des Innenraums ein und entsprach mehr dem Gefühl des Dahingleitens, das der Picasso ohnehin vermittelt. Aber das ist dann eben doch eine sehr individuelle Entscheidung.

Business-Class-Feeling

LED-Tagfahrlicht und LED-Blinker schärfen die Front des C4 Picasso.

LED-Tagfahrlicht und LED-Blinker schärfen die Front des C4 Picasso.

(Foto: Holger Preiss)

Doch wie bettet man sich nun in dem französischen Künstler? Trotz der kompakten Maße von 4,43 Metern in der Länge, 1,83 in der Breite und 1,62 in der Höhe ist der C4 Picasso sehr geräumig. Wobei das Einsteigen besonderen Spaß macht, wenn man zuvor den Blick über die ausgesprochen gelungene Außenhaut hat schweifen lassen. Citroën-Designer Oliver Vincent hat im Gegensatz zum Vorgängermodell eine wirklich charakterstarke Front geschaffen, die zudem in der oben erwähnten Ausstattungslinie mit LED-Tagfahrlicht und einer den Blick des Picassos schärfenden LED-Blinkerleiste versehen ist. Serienmäßig rollt der Franzose auf 17-Zoll-Leichtmetallfelgen und am Heck glühen Leuchten in 3D-Optik heran. Auch ohne fallende Dach- und ansteigende Schulterlinie schafft es der C4, Dynamik auszustrahlen, was nicht zuletzt der sich zweiteilenden A-und der dank dunkler Verglasung offen wirkenden C-Säule geschuldet ist. Auch der weit gezogenen Dachspoiler und der offene Chromeinsatz an den Seitenscheiben machen den Van sportlicher als manchen Kompakten.

Die Rücksitze lassen sich in Länge und Neigungswinkel verstellen.

Die Rücksitze lassen sich in Länge und Neigungswinkel verstellen.

Wer so beseelt den Innenraum erklimmt, darf auf den angenehm straffen Stoff-Lederpolstern "Fin" Platz nehmen, die mit einem Lounge-Paket ausgestattet sind. Dazu gehören nicht nur die "1. Klasse Kopfstützen" für alle fünf Sitze, sondern auch eine Massagefunktion auf den gut ausgeformten Plätzen von Fahrer und Beifahrer. Allerdings ist die ungefähr so, als würde die sechsjährige Tochter des Autors anbieten, den verspannten Rücken zu kneten: Lieb gemeint, aber völlig kraftlos. Einschränkend muss aber gesagt werden, das es sich hierbei um eine im Ausstattungspaket enthaltene Beigabe handelt und deshalb gilt: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Schon gar nicht, wenn dem Beifahrersitz noch eine elektrische Beinauflage wie in der Business Class eines Flugzeuges zugestanden wird.

Eher Cruiser als Sportler

Genauer sollte man bei der Motorisierung hinschauen. Citroën bietet für den Picasso zwei Benzintriebwerke an: den kleinen VTi 120 und den großen, noch aus der Zusammenarbeit mit BMW stammenden THP 155. Im Testwagen werkelte der 156 PS starke Vierzylinder, gekoppelt an ein manuelles Sechsganggetriebe. In jeder Hinsicht die bessere Wahl, denn die 1535 Kilogramm des Picassos wollen bewegt werden. Das gelingt mit den bereits ab 1400 Umdrehungen anliegenden 240 Newtonmetern ausgezeichnet. Einschränkend sei aber gleich darauf hingewiesen, dass der Kompakt-Van definitiv nichts für Sportfahrer ist. Mögen die 9,9 Sekunden, die benötigt werden, um Tempo 100 zu erreichen, noch in Ordnung gehen und auch die Endgeschwindigkeit von 209 km/h sportlich anmuten, bedarf es doch einiger Zeit, bis diese Marke erreicht ist.

573 bis 1709 Liter bietet der Kofferraum, nachdem sich die Heckklappe elektrisch geöffnet hat.

573 bis 1709 Liter bietet der Kofferraum, nachdem sich die Heckklappe elektrisch geöffnet hat.

Hinzu kommen sehr lang übersetzte Gänge, die bei dynamischer Fahrweise keinen Müßiggang dulden und eine recht indirekte Lenkung. Wirklich ärgerlich war der Umstand, dass der Zug unter dem Knauf des Schalthebels beim Wechsel der Schaltgasse in den Rückwärtsgang nicht in seine Ausgangsstellung zurückrutschte. Was dazu führte, dass man mutmaßlich den 1. Gang eingelegt, aber beim Anfahren merkte, dass die Sache nach hinten losgeht.

Auch das Fahrwerk ist eher auf geschmeidiges Cruisen ausgelegt denn auf rasante Kurvenfahrten. Die Sportler werden bemängeln, dass es zu weich ist, die Freunde des gepflegten Reisens hingegen den ausgezeichneten Federungskomfort loben. Denn tatsächlich reicht der Franzose nichts von der Straßenbeschaffenheit an die Insassen weiter. Außer einem leisen Schaukeln bleibt nichts an den persönlichen rückwärtigen Diensten hängen. Das Ganze kooperiert auch fantastisch mit der extrem guten Dämmung. Selbst bei Tempo 160 ist es mucksmäuschenstill. Auch das ist im übertragenen Sinne ein beredtes Zeichen für die Nonchalance des Franzosen. Gar nicht so unbekümmert gibt sich der Picasso bei seinen Trinkgewohnheiten. Gut 8,6 Liter zog er auf 100 Kilometern aus dem 57 Liter fassenden Tank. Das ist es nicht wert, panisch aufzuschreien, aber mit einer Start-Stopp-Automatik hätte man bestimmt noch 0,3 Liter sparen können.

Ordnung muss sein

Sparen muss man hingegen nicht beim Gepäck. Der Kofferraum, dessen Zugang sich elektrisch öffnet und schließt, ist mit 573 Litern ausreichend. In der Ausstattungsvariante Exclusive ist der Ladeboden zweigeteilt und bildet, klappt man alle drei Sitze der dritten Reihe um, eine ebene Fläche von mehr als 1709 Litern. Wer hier auch die letzte Ecke ausleuchten möchte, der nutzt die Taschenlampe, die wahlweise als feste Gepäckraumbeleuchtung oder als mobiles Licht genutzt werden kann. Unter dem doppelten Ladeboden verbergen sich abgeteilte Staufächer, die ebenso zur Ordnung mahnen wie die im Unterboden vor der zweiten Sitzreihe. Zu der sei an dieser Stelle aber noch etwas angemerkt. Natürlich finden hier auch Erwachsene Platz. Aber lange Fahrten möchte man dort nicht absolvieren, denn die Sitzauflage ist verdammt knapp geraten.

Fazit: Wer sich trotz des ausgerufenen Endes der Kompakt-Van-Zeit für ein solch praktisches Gefährt entscheidet, der sollte auch einen Blick auf den schnittigen Franzosen werfen. Für einen guten Preis bietet er in der höchsten Ausstattungsvariante mehr als mancher Konkurrent. Setzt dabei weniger auf Sportlichkeit als vielmehr auf entspanntes Reisen mit einer gehörigen Portion praxistauglicher Features. Der Citroën C4 Picasso ist wohl am ehesten etwas für Menschen, die ihre Familienausflüge mit Wellness verbinden wollen.

DATENBLATTCitroën C4 Picasso THP 155 Exclusive
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,43 / 1,83 / 1,61m
Leergewicht (DIN)1535 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen573 - 1709 l
MotorReihen-Vierzylinder mit 1598 ccm Hubraum Turboaufladung
Getriebe6-Gang-Handschalter
Leistung115 kW/156 PS bei 6000 U/min
KraftstoffartBenzin (Super)
AntriebVorderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit209 km/h
max. Drehmoment240 Nm bei 1400 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h9,9 s
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)4,9 / 8,3 / 6,1 l
Testverbrauch8,6 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
142 g/km
EmissionsklasseEU5
Grundpreis25.040,00 Euro
Preis des Testwagens30.340,00 Euro

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen