Schatzkammer der Natur Die Beeren sind los
22.07.2021, 19:14 Uhr
Aromatisch, gesund und Alleskönner in der Küche: unsere heimischen Beeren.
(Foto: ©Julia Cawley)
Julia, Saskia und Vera finden: Solche Früchtchen gehen immer! Mit "Hello Berries" begrüßen sie den Sommer und machen in ihrem Buch mit den heimischen Vitaminbomben Wünsche wahr.
Klein und rundlich, süß und saftig, von intensiver Farbigkeit - vom Frühling bis in den Spätsommer reifen an heimischen Sträuchern Beeren in unglaublicher Vielfalt. Kaum eine Frucht wird Jahr für Jahr sehnsüchtiger erwartet als die Beere. Irgendwie ist erst dann richtig Sommer, wenn es bunt und einladend an den Zweigen leuchtet.
Beeren sind sogenannte Schließfrüchte, aber das trifft nicht auf alle Arten zu. Andere Früchtchen, die wir auch Beeren nennen, heißen bei Botanikern Sammelnussfrucht oder Sammelsteinfrucht oder Steinfrucht. Das jetzt nur, damit Sie dem Super-Klugscheißer auf der nächsten Party am Bowlentopf noch klüger kommen können. Denn wer sagt schon zur Marktfrau, wenn er Erdbeeren kaufen will: "Ich möchte gern ein Pfund dieser herrlichen Sammelnussfrüchte"? Für uns sind Beeren Beeren: klein, rund, weich und süß.
Am besten vom Strauch in den Mund
Nicht nur Kinder naschen die Beeren am liebsten direkt vom Strauch, ich tue es ebenso, vermutlich auch Sie - und ganz bestimmt Julia, Saskia und Vera. Vielleicht ist beim Naschen am Strauch die Idee gereift, daraus ein Buch zu machen, zumal sich Beeren nicht nur frank und frei vom Strauch schnell in den Mund stopfen lassen. Zwar sind sie so am gesündesten, aber sie punkten auch als fruchtige Alleskönner in der Sommerküche. Julia Cawley (Fotografie), Saskia van Deelen (Rezepte) und Vera Schäper (Gestaltung) zaubern in ihrem neuen Kochbuch "Hello Berries" fantastische Gerichte aus den unglaublich wandelbaren Beeren. Die Rezepte reichen vom Frühstück bis zum abendlichen Drink, von süß bis herzhaft, ansprechend präsentiert in Design und Bild. Außerdem vermittelt eine "Kleine Beerenkunde" Wissenswertes über die bunten Vitaminbomben.
"Hello Berries - Kochen, backen und genießen mit Beeren" ist als Hardcover-Ausgabe bei ars vivendi erschienen. Von der GAD (Gastronomische Akademie Deutschlands) wurde "Hello Berries" als besonders empfehlenswertes Buch mit einer Silbermedaille ausgezeichnet. Auf 173 Seiten finden Sie schöne, großformatige Fotos von Beeren und natürlich von den Gerichten. Rezepte für Desserts, Kuchen und Eis wechseln sich ab mit außergewöhnlichen Ideen für herzhafte Hauptgerichte. Aber Beeren gibts hier nicht nur frisch, eisgekühlt oder im Ofen gebacken - Saskia zeigt, wie man Beeren einkochen, trocknen, einlegen oder zu Sirup und Likör verarbeiten kann. So lässt sich der Beerensommer bis in den Herbst und Winter verlängern.
Es ist schon erstaunlich, was Beeren, die ja sozusagen vor der eigenen Haustür und in den besten Fällen im eigenen Garten wachsen, so alles können. Denn Beeren sind nicht nur total lecker, sondern auch gesund, denn sie stecken voller Vitamine, Mineralstoffe und sekundärer Pflanzenstoffe. Unsere heimischen Superfruits können es dicke mit den importierten Exoten aufnehmen! Dazu kommt der nicht zu unterschätzende Vorteil von Johannisbeere & Co.: Sie lassen sich nach Möglichkeit auf direktem Weg vom Strauch in den Mund befördern. Denn frische, besser noch selbst gepflückte Beeren haben gleich nach der Ernte die meiste Power: "Ihre für uns so wertvollen Inhaltsstoffe verringern sich mit der Zeit der Lagerung. So baut sich das Vitamin C der meisten Beerensorten bereits in den ersten drei Tagen fast zur Hälfte ab", heißt es im Buch.
"Beerige" Rezepte für jede Leidenschaft
Zum Naschen frischer Beeren benötigt man keine Rezepte, das ist ja wohl klar. Aber warum sich darauf beschränken? Beeren bieten zubereitet doch jede Menge Abwechslung auf dem Speiseplan. In den fantasievollen und dennoch unkomplizierten "Hello Berries"-Rezepten entfaltet sich das ganze geballte Potenzial der kleinen Früchte.
Ich bin ja mehr so der herzhafte Typ, meine Passion finde ich eher im Braten und Kochen. Was nicht heißt, dass ich Desserts und Kuchen abgeneigt bin, aber das Backen überlasse ich lieber meiner Freundin Moni. Das ist ihre Leidenschaft und im Kapitel "Gebäck" dürfte nicht nur Moni bei Blechkuchen, Tartes und Torten, belegt mit den Lieblingen der Saison, fündig werden. Der Johannisbeerkuchen mit Baiserkruste aus dem Buch lässt mal wieder Kindheitserinnerungen wach werden: Meine Mama buk immer Stachelbeerkuchen mit knackiger Baiserhaube - ein traumhafter Genuss! Eigentlich mag ich Stachelbeeren nur so: versteckt unter süßem Baiser. Sehr, sehr lange Zeit hatte ich nicht dieses Vergnügen, vielleicht kann ich Moni mal zum Backen überreden? Denn ich bin wieder auf den Geschmack gekommen: Mitte Juni in Güstrow im Café Küpper, auch "Scheidungscafé" genannt, schaufelten Moni und ich genüsslich Stachelbeertorte mit Sahne und Baiserhaube in uns hinein. Nein, wir haben keine Scheidung gefeiert. Die Güstrower nennen dieses kleine, gemütliche Café in der Altstadt wegen der Nähe zum Gericht so. Gäste sind auch ohne Gerichtstermin willkommen ...
Beeren gehen immer
Ich liebäugele vor allem mit den Rezepten aus dem Kapitel "Herzhaft". Hier werden Beeren pikant in Szene gesetzt: Süß und wandelbar passen sie perfekt zu intensiven, würzigen Aromen. Mein Favorit im Buch ist "Pfifferling-Gorgonzola-Risotto mit scharfen Chili-Blaubeeren". Liest sich schon irre - und schmeckt vermutlich auch so. Die einzelnen Bestandteile gehören zu meinen Lieblingsspeisen: Pfifferlinge, Blaubeeren, Reis, schön scharfe Chilis und auch Gorgonzola. Pilze und Beeren habe ich schon als Kind gerne gesammelt; mit meinen zunehmenden Jahren haben aber leider die Früchte des Waldes eher abgenommen. Jedenfalls hier in meiner Region, ich schätze, nicht nur hier ... Leider! So bleibt mir meistens nur der Gang zum Markt. Demnächst also Pfifferlinge und Blaubeeren kaufen, denn dieses Rezept reizt mich sehr.
Richtige Waldblaubeeren sind allerdings im Verkauf rar, meistens werden Kulturheidelbeeren angeboten. Der Nachteil: Sie sind viel weniger aromatisch. Der Vorteil: Sie färben Mund und Zunge nicht intensiv blau-violett, weil ihr Fruchtfleisch hell ist. Bei Heidelbeeren aus dem Wald sind nämlich Schale und Fruchtfleisch dunkelblau gefärbt. Verantwortlich dafür sind Anthocyane; diese Pflanzenfarbstoffe sind unter anderem auch in Johannisbeeren enthalten. Beide Blaubeersorten, die wilden und die gezähmten, sind aber gleichermaßen gesund. Und dabei sind beide nicht einmal miteinander verwandt! Die Kulturheidelbeere stammt von der wilden amerikanischen Heidelbeere ab, nicht von unserer. Wer hätte das gedacht! Jedenfalls lernt man eine Menge mit "Hello Berries" dazu. In komprimierter Form gibt die Beerenkunde im Buch Auskunft über unsere heimischen Beeren: Herkunft, Kultivierung, Heilkraft, Inhaltsstoffe, Erntezeit, Verarbeitung, Verwendung in der Küche und so weiter. Da wird man beim Kochen, Braten, Backen, Rühren und Mixen gleich ein bisschen schlauer.
Rinderfilet mit Preiselbeer-Wacholderjus
Für die Preiselbeer-Wacholderjus
60 g Preiselbeeren
140 g Brombeeren
2 Schalotten
1 Knoblauchzehe
1 Karotte
2 El Olivenöl
100 ml Portwein
200 ml Rotwein
200 ml Rinderfond
1 EL Brombeergelee
6 Wacholderbeeren
60 g kalte Butter
20 g dunkle Schokolade
Salz und Pfeffer aus der Mühle
1 Spritzer Zitronensaft
Für das Fleisch
600 g Rinderfilet am Stück
Butterschmalz zum Braten
2 TL Thymianblätter
Außerdem
feines Sieb
Zubereitung (50 Minuten, ca. 15 Minuten Backzeit):
Für die Preiselbeer-Wacholderjus die Beeren waschen und abtropfen lassen.
Die Schalotten und die Knoblauchzehe schälen und fein hacken. Die Karotte schälen und in kleine Würfel schneiden. Schalotten und Knoblauch in einer Pfanne in Olivenöl circa 4 Minuten bei mittlerer Hitze andünsten.
Mit Portwein ablöschen und um die Hälfte reduzieren. Rotwein, Rinderfond, Brombeergelee, Wacholder- und Preiselbeeren und 50 Gramm Brombeeren dazugeben und weitere 10 Minuten leicht köcheln lassen.
Durch ein Sieb passieren, mit den restlichen Brombeeren in einen Topf geben und nochmals circa 5 Minuten einkochen. Die kalte Butter in Würfel schneiden, mit der Schokolade in die Sauce geben und schmelzen lassen. Mit Salz, Pfeffer und dem Zitronensaft abschmecken. Die Jus warmhalten.

Ganz schön beerig: Preiselbeeren, Brombeeren und Wacholderbeeren geben hier den Pfiff.
(Foto: ©Julia Cawley)
Den Backofen auf 140 Grad Celsius Ober-/Unterhitze vorheizen.
Das Fleisch rundherum mit Salz und Pfeffer würzen. Das Butterschmalz in eine heiße Pfanne geben und das Rinderfilet von allen Seiten scharf anbraten. Mit Thymian würzen und im Backofen circa 15 Minuten rosa garen. Das Fleisch aus dem Ofen nehmen, 1 bis 2 Minuten ruhen lassen, in Scheiben schneiden und mit Preiselbeer-Wacholderjus servieren.
Dazu passen Kartoffel- oder Selleriestampf oder das Pfifferling-Gorgonzola-Risotto (Rezept Seite 71).
New York Cheesecake im Glas mit Erdbeeren
6 Haferkekse
500 g Erdbeeren
1 EL Honig
350 g Naturjoghurt
150 g Frischkäse
40 g Puderzucker
1 EL Zitronensaft
20 g weiße Schokolade
Außerdem:
Stabmixer
Spritzbeutel (nach Bedarf)
Zubereitung (25 Minuten, 2 Stunden Kühlzeit):
Die Haferkekse mit den Fingern fein zerbröseln und auf die Gläser verteilen.
Die Erdbeeren waschen, putzen und abtropfen lassen. Je nach Glasgröße 12 bis 16 Erdbeeren halbieren und mit der Schnittseite an den Rand der Gläser auf die zerbröselten Kekse stellen.
Die restlichen Erdbeeren klein schneiden und mit dem Honig in einem hohen Gefäß mit einem Stabmixer fein pürieren.
Joghurt mit Frischkäse, gesiebtem Puderzucker und Zitronensaft verrühren. Die Masse mit einem Löffel auf die Keksbrösel geben oder in einen Spritzbeutel füllen und gleichmäßig verteilen.
Das Erdbeerpüree draufstreichen und alles für 2 Stunden im Kühlschrank durchziehen lassen.
Kurz vor dem Servieren weiße Schokolade darüberraspeln und mit Erdbeeren verzieren.
Tipp:
Das Dessert lässt sich gut einen Tag vorher zubereiten und kann bequem im Kühlschrank gelagert werden.
Beeren-Rosmarin-Eistee
4 Beutel Waldbeerentee
4 Rosmarinzweige
200 g gemischte Beeren
Honig (nach Belieben)
Eiswürfel
Außerdem:
Stabmixer
Zubereitung (30 Minuten, 1 Stunde Kühlzeit):
Die Teebeutel in ein Gefäß mit 800 ml heißem Wasser geben, gewaschene Rosmarinzweige zufügen und circa 15 Minuten ziehen lassen.
Teebeutel entfernen, abkühlen lassen und mit den Rosmarinzweigen für circa 1 Stunde in den Kühlschrank stellen.
Die Beeren waschen, abtropfen lassen und mit einem Stabmixer pürieren.
Nach Geschmack mit Honig süßen.
Die Beerenmasse auf 4 Gläser verteilen, Eiswürfel hineingeben und mit kaltem Tee übergießen.
Tipp:
Ein Schuss dunkler Cassislikör (Rezept Seite 111) macht daraus einen erfrischenden Aperitif.
Viel Freude und Erfolg beim Lesen und Nachmachen - nach Möglichkeit auch beim Sammeln - wünscht Heidi Driesner.
Quelle: ntv.de