Was tun am Sonntagabend? ARD spart am "Tatort"
23.07.2014, 16:39 Uhr
Wir machen "Tatort" auf jeden Fall weiter, bis jeder deutsche Schauspieler einmal dran war mit Kommissar spielen.
(Foto: dpa)
Kein gutes Drehbuch für Maria Furtwängler? Nicht genug Action für Till Schweiger? Wieder nichts Tiefgründiges für die österreichischen Kollegen? Oder einfach kein Geld mehr für die liebste Krimi-Serie der Deutschen?
Eine längere Pause schien anfangs durchaus Sinn zu haben, waren wir doch live dabei, als wir Weltmeister wurden. Aber jetzt werden die Deutschen langsam ungeduldig, sie vermissen ihr sonntägliches Amuse-Gueule schließlich bitterlich: Kein "Tatort" am Sonntagabend, und wenn, dann nur eine Wiederholung, gibt der fernsehverwöhnten Nation - egal, wie schön das Wetter ist - den Rest. Das jedenfalls vermittelt uns die "Bild"-Zeitung.
Sollte man nicht meinen, dass alle noch in den Ferien sind oder etwas Besseres zu tun haben, als in die Glotze zu gucken? Immerhin geht es am 31. August ja wieder los mit dem "Tatort". Das Empörungs-Organ mit den vier Buchstaben jedenfalls titelt: "Mega-Quoten! Trotzdem spart die ARD am Tatort." Hmm, was ist da dran? Gehen den Drehbuchautoren vielleicht die Ideen aus? Seien wir mal ehrlich: Trotz "Mega-Quoten" (im Durchschnitt um die neun Millionen) waren die letzten Folgen eher mittelmäßig bis ärgerlich. Hanebüchene Storys, lieblos gespielt teilweise, manchmal auch einfach nur langweilige oder bereits zu oft gesehene Handlungsstränge, dann das ewige Geschacher um "Wer wird neue/r Kommissar/in?" (ruhig Blut, jeder kommt mal ran!!) - das kann schon mal zu einem kreativen Leerlauf führen. Aber jetzt mal ehrlich, warum kommt der "Tatort" vier Wochen später zurück auf den Bildschirm als angekündigt?
"Meinen letzten Fall habe ich selbst nicht verstanden"
Ein ARD-Sprecher sagte zur "Bild"-Zeitung, ein falsches Datum sei kommuniziert worden. Aha, der Sache sollte man doch mal auf den Grund gehen, denn selbst wenn das ja mal passieren kann, wird es wohl so sein, dass der geneigte Zuschauer zukünftig mit weniger "Tatort" auskommen muss als gewohnt. Und das, obwohl so viel Wirbel um die Sendung gemacht, so viel Innovation und so viel neuer Wind wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr in die Sendung gesteckt wurde. Für das Jahr 2014 wurden zwischen 43 und 48 Premieren von "Tatort" und "Polizeiruf 110" angekündigt, insgesamt werden aber "nur" acht neue Folgen "Polizeiruf 110" und 35 "Tatort"-Folgen gedreht - das heißt ja, die ARD gibt sich mit dem Minimum von 43 Sendungen zufrieden.
Eine Sprecherin des NDR sagte auf "Bild"-Anfrage, dass die Einsätze der Teams oder einzelner Kommissare in den Jahren durchaus unterschiedlich sein können aufgrund inhaltlicher Gründe oder anderer Verpflichtungen der Schauspieler. Maria Furtwängler zum Beispiel dreht nun nach zwei Jahren wieder, weil es bislang keinen geeigneten Stoff gegeben haben soll. Etwas frustrierend ist die Aussage von einem anonymen "Kommissar": "Die Fälle sind zum Teil unverständlich. Meinen letzten Fall habe ich selbst nicht verstanden."
Was der große Aufreger an der Sache ist, erschließt sich einem nur, wenn man die Gebühren-Debatte mit in seine Gedanken aufnimmt und die Tatsache, dass für 2015 und 2016 weitere Einsparungen geplant sind. Schließlich nimmt die ARD jährlich 5,3 Milliarden Euro an Gebühren ein plus eine Milliarde durch Werbung und Lizenzen, die zum Beispiel auch in die Bereiche "Orchester", "Honorare der Mitarbeiter", "Kleinere Programme", "Sportrechte" und "Technik" fließen.
Zeit für Fortbildung und Hobbys
Wo soll das hinführen? Erst nimmt man uns "Wetten, dass..?" weg, jetzt krepiert der "Tatort" so langsam vor sich hin. Was tun mit all der Freizeit? Umschalten auf Promi-Dinner und die Geissens? Stricken, ein neues Hobby anfangen? Deutschland droht ein weitaus größeres Problem als das gemeine Sommerloch, es tun sich geradezu ungeheuerliche, unendliche Weiten eines Nirvanas auf, die nur durch Abänderungen in den Statuten der Fifa oder des Olympischen Komitees gemildert werden könnten: Fußball-WM (Männer!) alle zwei Jahre, Olympia halbjährlich, "Winnetou-Festspiele" in Bad Segeberg das ganze Jahr und Crowdfunding für "Tatort"-Drehbuch-Autoren! Das wäre die Lösung. Warum ist da noch keiner drauf gekommen?
Der "Tatort" und die n-tv.de-Kritik zur Sendung starten am 31. August mit den Kollegen aus Österreich, Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer.
Quelle: ntv.de