Fassbinder - "Enfant Terrible" Deutscher Film bekommt Gütesiegel aus Cannes
03.06.2020, 19:51 Uhr
Masucci, Riemann und Roehler bei einer Preisverleihung 2018.
(Foto: imago images/POP-EYE)
Erstmals seit drei Jahren gewinnt ein deutscher Regisseur die Gunst des Filmfestivals von Cannes. Dies gelingt Oskar Roehler mit dem Bio-Pic "Enfant Terrible" über einen der legendärsten deutschen Regisseure.
Der Film "Enfant Terrible" über den legendären Regisseur Rainer Werner Fassbinder darf sich mit dem Gütesiegel "Cannes 2020" schmücken. Das gab die Festvalleitung am frühen Abend bekannt. Das Werk von Oskar Roehler ist der erste Film eines deutschen Regisseurs seit 2017, der die Gunst der Juroren gewann. Vor drei Jahren war "Aus dem Nichts" von Fatih Akin im Wettbewerb gelaufen, verpasste aber den Hauptpreis, die Goldene Palme.
Insgesamt mehr als 50 Filme bekamen jetzt das Siegel "Cannes 2020", die das Festival damit fördern will. Der Verantwortliche Thierry Frémaux sprach am Abend von einer "schönen" Auswahl. Das Festival sei "lebendiger denn je". Unter den Filmen sind die neuesten Werke des US-Regisseurs Wes Anderson, seines französischen Kollegen François Ozon und des britischen Regisseurs Steve McQueen. Die Filmfestspiele hätten eigentlich im Mai stattfinden sollen, wurden aber wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt. Eine Online-Version gab es nicht - und damit bleibt auch die Frage unbeantwortet, ob "Enfant Terrible" es in den Wettbewerb des Festivals geschafft hätte.
Der Film erzählt Episoden aus dem Leben Fassbinders und war bislang wegen der Pandemie noch nicht im Kino zu sehen. Der Start wurde auf den 1. Oktober verschoben. Darin spielt Oliver Masucci, Star der Netflix-Serie "Dark", den Filmemacher Fassbinder, der am 31. Mai 75 Jahre alt geworden wäre. Zahlreiche bekannte Schauspieler sind ebenfalls mit dabei, darunter Katja Riemann, Götz Otto, Eva Mattes und Ralf Richter.
Fassbinder gilt als einer der wichtigsten Vertreter des "Neuen Deutschen Films", zu denen auch Regisseure wie Wim Wenders, Werner Herzog und Volker Schlöndorff zählen. Sein künstlerisches Vermächtnis ist beeindruckend: Über 40 Spielfilme gehen auf sein Konto, außerdem Theaterstücke, Hörspiele und Drehbücher. So war er auch in Cannes erfolgreich. 1974 gewann er für den Film "Angst essen Seele auf" einen Kritikerpreis. Darin geht es um eine von Brigitte Mira gespielten Putzfrau, die sich in einen jungen Marrokkaner verliebt und ihn heiratet.
Auch mit Filmen wie "Die Ehe der Maria Braun", "Die Sehnsucht der Veronika Voss" und "Lola" feierte er internationale Erfolge. In Hollywood hat er ebenfalls Verehrer - so ist etwa Regisseur Martin Scorsese bekennender Fassbinder-Fan, der regelmäßig mit dem deutschen Kameramann Michael Ballhaus zusammenarbeitete, der einst auch für Fassbinder filmte. Dieser starb mit nur 37 Jahren am 10. Juni 1982 in München. Auf seinem Grabstein heißt es, sein Motto sei gewesen: "Viele Filme machen, damit mein Leben zum Film wird."
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP