Unterhaltung

"Nix mit Vögeln" Gottschalks "Supertalent"-Einstand

Drei Blondies für die Jury: Gottschalk, Hunziker, Bohlen.

Drei Blondies für die Jury: Gottschalk, Hunziker, Bohlen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nun ist es also wirklich TV-Realität: Thomas Gottschalk sitzt zusammen mit Michelle Hunziker an der Seite von Dieter Bohlen in der Jury des "Supertalents". Selten zuvor war die Premiere einer Fernsehshow mit so viel Spannung erwartet worden. Aber wer hoch hinaus will, könnte bekanntlich auch tief fallen.

Vom Zampano zum Beisitzer: Thomas Gottschalk.

Vom Zampano zum Beisitzer: Thomas Gottschalk.

(Foto: picture alliance / dpa)

Verflixt noch eins! Eigentlich wollte Thomas Gottschalk ja sich und seinem Ex-Arbeitgeber das Kräftemessen gleich zum Auftakt der neuen "Supertalent"-Staffel ersparen - und jetzt das! Okay, den - im wahrsten Sinne des Wortes - "Show-Down" mit dem ZDF, Markus Lanz und "Wetten dass..?" gab es wirklich noch nicht. Dazu wird es erst am 6. Oktober kommen. Aber der Tommy hat ja noch ein paar andere Ex-Arbeitgeber. Und weil man es schließlich nicht allen Recht machen kann, mussten nun zumindest die ARD, Andy Borg und der "Musikantenstadl" in den sauren Apfel der direkten Konkurrenz zu Gottschalks "Supertalent"-Premiere beißen. Nun gut, sie werden es wahrscheinlich eher verkraften können. Ihre Zielgruppe ist ja nun wirklich "old school" - ungefähr so, wie der Typ, der sich an Gottschalks erstem Arbeitstag an neuer RTL-Stätte an einem Bungee-Seil super talentiert in die Tiefe gestürzt hat. Doch dazu kommen wir noch.

Die erste große Änderung am "neuen Supertalent 2012" mit "der besten Jury der Welt", wie Daniel Hartwich vollmundig verkündet, als es endlich losgeht, fällt eigentlich gar nicht weiter auf: Der viel gescholtene Marco Schreyl ist weg. Statt "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) und "Supertalent" wird er künftig dort moderieren, wo Gottschalk gerade her kommt - bei der ARD. Und mit dem MDR auch noch ausgerechnet bei der Anstalt mit der zumindest gefühlt höchsten Volksmusik-Dichte. Als wäre es ein Omen. Aber das nur am Rande.

Die doppelte Ex: Michelle Hunziker.

Die doppelte Ex: Michelle Hunziker.

(Foto: picture alliance / dpa)

Daniel Hartwich darf in Sachen Moderation beim "Supertalent" nun also den Alleinunterhalter mimen. Für die dreiköpfige Jury indes gilt jedenfalls pro forma Gewaltenteilung, auch wenn Hartwich bei der Begrüßung von Michelle Hunziker, der "Show-Legende der Nation" Gottschalk und dem "Chef-Juror und Pop-Titan" Dieter Bohlen unterschwellig gleich mal klar macht, wer in der Sendung nach wie vor das "Jawollo"-Sagen hat. Auch die Tokio-Hotel-Zwillinge Bill und Tom Kaulitz werden bei Bohlen wohl noch durch den Monsun gehen und die Jungs von Culcha-Candela den Hamma des Titanen zu spüren bekommen, wenn sie, wie gemunkelt wird, demnächst bei DSDS an seiner Seite sitzen werden. Aber, na klar, auch das nur am Rande.

Der flotte Dreier

Rein oberflächlich betrachtet, fällt beim neuen "Supertalent"-Gericht zunächst eigentlich nur auf, dass es in jedem Fall die blondeste (oder blondierteste) Jury ist, die die Sendung je hatte. Für den flotten Dreier aus Bohlen, Gottschalk und ihrer gemeinsamen DSDS- beziehungsweise "Wetten dass..?"-Ex Hunziker wurden Farbkleckse wie die zu brünett tendierende Sylvie van der Vaart und natürlich Bruce Darnell oder zuletzt Motsi Mabuse geopfert. Ob das interne Beziehungsgeflecht zwischen Hunziker und den beiden Alphatieren an ihrer Seite ähnlich harmonisch wie der äußere Anschein ist oder es im Verlauf der Staffel doch zu ernsthaften Hahnenkämpfen kommen wird, lässt sich nach der ersten Show kaum beurteilen. Aber natürlich spielt die Sendung gleich zu Beginn mal mit der Erwartungshaltung, dass es ordentlich krachen könnte. Zu den Bildern eines vom Jury-Pult flüchtenden Gottschalks erklingt Hunzikers genervte Stimme: "Kommt jetzt, das ist doch scheiße." Die Auflösung folgt - irgendwann später in den kommenden Wochen.

"Quadratisch, praktisch, gut": Bohlens Spruch für den kleinen Vito John.

"Quadratisch, praktisch, gut": Bohlens Spruch für den kleinen Vito John.

Die Frage nach den Kandidaten in der ersten "Supertalent"-Ausgabe lässt sich hingegen schon jetzt auflösen. Los geht es mit dem Amerikaner Michael Carbonaro, der sich mit Hilfe von Rasierschaum binnen Sekunden in die unterschiedlichsten Figuren verwandelt. Wohl nur einer von verschiedenen speziell für die Sendung angeheuerten Teilnehmern - und deshalb auch alles andere als ein Schaumschläger. Es folgt das notorische Kind, das singt und tanzt, in Form des neunjährigen Vito John. "Quadratisch, praktisch, gut" urteilt Bohlen über die Leistung des etwas pummeligen Neunjährigen und kassiert dafür einen Rüffel von Hunziker. So etwas darf man ja nicht sagen, zumal der Bub als Baby einen Herzfehler hatte. Weniger verfänglich ist die Sache, wenn es um Federvieh geht, so wie bei Papagei Jacko, der doch tatsächlich "Hänschen klein" intonieren kann. Da muss selbst Gottschalk das erste Mal seine selbst gesetzten Prinzipien über Bord werfen: "Eigentlich habe ich ja nur unter der Bedingung zugesagt, dass nix mit Vögeln kommt."

Die erste Werbeunterbrechung ist sowohl willkommener Anlass, um über die kniffelige Gewinnfrage, wer in der neuen "Supertalent"-Jury sitzt (A: "Michelle, Dieter & Thomas" oder B: "Maja, Willi & Flip"), zu sinnieren als auch, um mal zum "Musikantenstadl" umzuschalten. Dort unterbreiten einem "Die Jungen Zillertaler" gerade ein doppeldeutiges Angebot: "Komm zum Tannenzapfenzupfen in den Wald mit mir." Hilfe! Dann doch lieber wieder schnell was mit Vögeln bei RTL. Nicht wahr, Tommy?

"Du knallst in mein Leben"

War, ist und bleibt der Chef im Ring: Dieter Bohlen.

War, ist und bleibt der Chef im Ring: Dieter Bohlen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Jacko ist allerdings mittlerweile wieder ausgeflogen. Stattdessen gibt Georg den Möchtegern-Wolfgang-Petry. "Du tust dir damit, glaube ich, keinen Gefallen", erklärt Gottschalk dem Mann mit Schnauzbart und Freundschaftsbändchen. Den Satz kennt der Entertainer ja selbst nur allzu gut. Leilani Franco verbiegt sich, während sie zu "I just don't know what to do with myself" von den White Stripes singt und Gitarre spielt, und wirft damit diesmal bei Michelle Hunziker prinzipielle Fragen auf: "Wie ist das, wenn die zum Beispiel mit ihrem Partner Sex hat?" Bruce Gaston hingegen bringt seine Begabung hoffentlich nicht im Schlafzimmer ein. Er furzt geradezu perfekt Modern Talkings "Cheri Cheri Lady" - mit seinen Händen wohlgemerkt. Handarbeit ist auch das, was Franz Müllner beim Halten des Bungee-Seils zu leisten hat. Allein mit seiner Muskelkraft sorgt er dafür, dass der zu Beginn dieses Textes erwähnte 87-jährige Helmut Wirz auch nach seinem waghalsigen Sprung noch putzmunter verkünden kann: "Ein Leben ohne Risiko, ist kein Leben."

Für ihn gab's goldenen Konfettiregen: Jean-Michel Aweh am Klavier.

Für ihn gab's goldenen Konfettiregen: Jean-Michel Aweh am Klavier.

"Das kann kein Zufall sein, du knallst in mein Leben rein", singt derweil irgendwie passend Andrea Berg im "Musikantenstadl". Von den Hallen, die sie füllt, kann "Supertalent"-Kandidat Jean-Michel Aweh bislang nur träumen. Wenn es nach Bohlen geht, jedoch nicht mehr lange. Er verspricht dem 20-Jährigen, der singt und Klavier spielt, nicht nur, einen Plattenvertrag quasi schon in der Tasche zu haben, sondern schickt ihn - eine Neuerung in der Sendung - mit goldenem Konfetti-Regen auch direkt ins Halbfinale. Angesichts der anderen Neuerfindung der Show, einige Kandidaten in einem "Battle" direkt gegeneinander um das Weiterkommen kämpfen zu lassen, sicher nicht die schlechteste Idee. Man stelle sich nur mal vor, der arme Junge wäre einem Papagei, der "Hänschen klein" singt, unterlegen.

Nach der letzten Werbeunterbrechung sollte es noch einmal spannend werden. Schließlich wurde uns in diversen Trailern während der Sendung versprochen, dass wir auch noch alles rund um Hunzikers Bühnen-Unfall erfahren und den Extrem-Zauberer Dan Sperry zu Gesicht bekommen. Während der Magier aussieht wie der kleine Bruder von Marilyn Manson, wirkt "Musikantenstadl"-Moderator Andy Borg ein wenig wie der kleine Vito in groß. Bei ihm darf man das sagen, so alt wie sein "Adios Amor" bereits ist, das er gerade zum Besten gibt.

Nicht gerade bestens fällt leider das Ende des "Supertalents" aus. Statt des angekündigten Zauberer-Auftritts und den Informationen zu Hunzikers Sturz flimmern abermals nur die bekannten Trailer über den Schirm und vertrösten uns auf die kommende Sendung. Doch was soll's?! Ohnehin scheint die Klärung einer anderen Frage nach diesem Fernsehabend weitaus wichtiger.

Fluch und Segen

Gibt in Sachen Moderation den Alleinunterhalter: Daniel Hartwich.

Gibt in Sachen Moderation den Alleinunterhalter: Daniel Hartwich.

"Wie war ich?", wollen manche Männer ja angeblich in bestimmten Lagen gerne wissen. Papageien spielen dabei jedoch - hoffentlich - normalerweise keine Rolle. Deshalb muss die Frage an dieser Stelle auch anders lauten: "Wie war er?" Gottschalk schlug sich bei seinem ersten Einsatz im Risikogebiet "Supertalent" wacker, ohne dabei jedoch zu glänzen. Nicht nur für ihn, auch für den Zuschauer ist seine neue Rolle als Beisitzer statt als Zampano noch ziemlich gewöhnungsbedürftig. Denn daran kann kein Zweifel bestehen: Der Chef im Ring bleibt Dieter Bohlen. Geradezu bezeichnend war es, als Vito sagte, er freue sich "auf Dieter", "die Michelle" und "diesen von den Gummibärchen".

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Gottschalk sich durchaus traute, den "Pop-Titan" auch mal zu necken. Etwa, als er Bohlens Frage, warum der "Handfurzer" sich denn die Mühe mache, sein "Cheri Cheri Lady" so wiederzugeben, konterte: "Weil er das Lied nicht singen will - und das versteh ich." Insbesondere wenn es um richtige Gesangskünstler geht, scheint Gottschalk jedoch dem Chef-Juror bereitwillig das Feld zu überlassen. "Der Onkel Dieter ist ja ein begabter Musiker", signalisierte die "Show-Legende" etwa, einer Konfrontation auf diesem Gebiet definitiv aus dem Weg gehen zu wollen. Bohlen indes sieht vermutlich vor seinem geistigen Auge bereits, wie sich einer wie der junge Jean-Michel in der traditionell kurz vor Weihnachten stattfindenden Finalshow mit dem Klavier in die Herzen der Zuschauer spielt.

Bleibt es bei dieser Konstellation, ist das für die Macher der Sendung Fluch und Segen zugleich. Segen, weil es wohl nur so zwischen den beiden Großkopferten funktionieren kann. Und wenn es funktioniert, dann könnte diese Jury-Zusammensetzung auch noch die erste Staffel überdauern. Fluch, weil viele Zuschauer möglicherweise etwas anderes erwarten - um nicht zu sagen: erhoffen. Andererseits gab es zuletzt ja auch Hinweise, dass das TV-Publikum des überbordenden Krawalls in Shows dieser Art allmählich überdrüssig ist.

So hat Gottschalk dem "Supertalent" weniger in der offensichtlichen Auseinandersetzung mit Bohlen als eher hinten herum durchaus seinen Stempel aufgedrückt. Dass er mehrfach das "Niveau" der Show anmahnte - geschenkt. Gleichwohl verspürte man in der Premieren-Ausgabe der mittlerweile sechsten Staffel so etwas wie eine neue Ernsthaftigkeit. Weniger Schnitte, weniger Wiederholungen, weniger Brimborium. Dass nach wie vor auch manche Freaks in der Sendung vorgeführt werden, ist klar und gehört zu dem Format dazu. Doch auch Bohlen hielt sich mit deren Verhöhnung auffallend zurück.

Zurück beim "Musikantenstadl" kann man gerade noch erleben, wie Andy Borg ein aus bunten Krawatten zusammen geschneidertes Sakko übergezogen bekommt. "Jetzt weiß ich, woher der Thomas Gottschalk immer seine Klamotten hatte", sagt der Schlagersänger vor seiner Verabschiedung. Ganz so, als wisse er, dass gerade Einige vom zu Ende gegangenen "Supertalent" in die ARD gezappt haben. Adios Amor - Grund zur Trauer über seinen Wechsel vom Ersten zum "Supertalent" hat Gottschalk an diesem Abend nicht.

Quelle: ntv.de

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