"Tatort" mit Devid Striesow Schluss mit lustig
28.01.2017, 12:44 Uhr
Hauptkommissar Stellbrink ermittelt in komplizierten Familienverhältnissen.
(Foto: SR/Manuela Meyer)
Der neueste Fall aus Saarbrücken widmet sich einer konfliktreichen Verbindung im familiären Koordinatensystem. Klingt kompliziert, kommt aber kompakt daher, denn Kommissar Stellbrink hat endlich seine innere Mitte gefunden.
Genug von Tatort-Folgen mit Flüchtingsthematik? Von sonntäglicher Abend-Unterhaltung mit erhobenem Zeiger? Didaktischem Whodunit? Und auch den verkasperten Spagat zwischen Jux und Tollerei hier, morbiden Marotten und Macken dort haben Sie satt? Es naht Abhilfe, und die ausgerechnet aus Saarbrücken, wo sich Kommissar Stellbrink (Devid Striesow) in seinen bislang fünf Fällen als mofafahrender Crossover-Kauz zwischen "Polizeiruf"-Krause und Columbo positionierte. Und sich jetzt plötzlich, Yoga und Springseil sei Dank, als ernst zu nehmende, feste Größe im "Tatort"-Kosmos positionieren könnte.
Aber der Reihe nach: "Söhne und Väter" nennen die Autoren Michael Vershinin und Zoltan Spirandelli, der auch Regie führte, ihre Geschichte um die drei Teenager Karim (Emilio Sakraya), Pascal (Emil Reinke) und Enno (Filip Januchowski). Die sind nachts ins Beerdigungsinstitut eingestiegen, um ihrem verstorbenen Lehrer, Herrn Rebmann (Crisjan Zöllner), einen letzten Gruß der besonders unappetitlichen Art zuteil werden zu lassen. Ein Schülerstreich, der für einen der drei tödlich ausgeht, was wiederum Hauptkommissar Jens Stellbrink auf den Plan ruft. Der hat just selbst mit dem Nachwuchs so seine Problemchen, denn Sohn Moritz (Ludwig Simon), sonst bei der Frau Mama an der Ostsee lebend, schickt sich an, ein paar Tage in Saarbrücken zu verbringen und hat vom Zusammenleben so seine eigenen Vorstellungen.
An Spannung und Talent fehlt es nicht
Das familiäre Geflecht der Jungs, auch die Gemengelage in deren Freundeskreis, erweist sich als kompliziert: überforderte Mütter, schlagende Väter, falsch verstandene Solidarität und unerwiderte Liebe. Und natürlich: die problematischen Vater-Sohn-Konstellationen. Dass die Geschichte, insbesondere angesichts tatörtlichem Hang zur Plot-Überfrachtung, dennoch nicht aus dem Ruder läuft, stattdessen bis zur finalen Schlusspointe noch ein paar ansehnliche Spannungshaken schlägt, ist zum einen dem Händchen der Autoren zu verdanken, die die diversen Schauplätze ebenso in der Balance halten wie Figuren und ihre Beweggründe. Die sich trotz vielköpfiger Cast-Mannschaft für jeden einzelnen genug Zeit nehmen und ihre Story von vornherein überschaut haben und nicht, wie man bei allzu verworrenen Fällen zuweilen den Eindruck hat, erst peu a peu beim Schreiben ersonnen.
Auch das Personal macht einen durchweg überzeugenden Job: Die drei Problemkids auf ihrem schwierigen Weg zwischen Sinnsuche und Identitätsfindung, Jophi Ries als engagierter Ersatzvater und Koch mit tollem Timing zwischen zurückgenommenem Spiel und schwelender Wucht, Sanne Schnapp als Mutter zwischen zwei Männern, dem Sohn hier, dem Gatten und Stiefvater dort, Edda Petri als dem Toten einst sehr zugeneigte Kollegin - das alles ist stimmig miteinander verwoben.
Lediglich das allzu ausgelutschte Motiv der Kriminalen, die ihr eigenes Liebesleben zwischen Chat und Kantine nicht auf die Reihe kriegen, wirkt - Stichwort Bikerbraut mit Bier-Vorliebe - aufgesetzt und albern. Dafür sei an dieser Stelle noch einmal auf Ludwig Simon hingewiesen. Auch im wirklichen Leben Striesows Sohn (die Mutter ist Maria Simon aus "Polizeiruf 110"), schultert der 19-Jährige die Rolle des Stellbrink-Juniors mit leichtfüßigem Charme und nennt dabei ein Grinsen sein Eigen, das sonst wohl nur noch James Franco oder Tom Hardy drauf haben. Merken, den jungen Mann! Und Vater Stellbrink, stimmig relauncht als ernst zu nehmende Größe zwischen wohldosierter Schrulle und klarem Blick für Indizien, ab sofort gleich mit.
Quelle: ntv.de