Abba öffneten die Tür Schweden und der ESC - eine große Liebe
13.05.2016, 18:42 Uhr
Weltkarriere nach dem Grand-Prix-Sieg: Abba.
(Foto: AP)
Wieder einmal ist Schweden Ausrichter des Eurovision Song Contests (ESC). Und das ganz verdient, denn das Land bringt einfach gute Künstler hervor.
Er wirkt bescheiden: Frans Jeppsson Wall - einfach nur Frans genannt. Auf dem 17-Jährigen ruhen die schwedischen Hoffnungen beim diesjährigen Eurovision Song Contest (ESC) im Stockholmer Globen. Sicher ist, dass die Halle toben wird, wenn der Teenager aus Ystad auftritt. Mit Frans hat die an der Ostsee gelegene Kleinstadt ein zweites Aushängeschild. Das erste ist fiktiv: Kurt Wallander, der legendäre Kommissar aus den Krimis von Henning Mankell, der den Schwerstkriminellen in Ystad und Umgebung das Handwerk legte.
Dass Frans mit seinem Lied "If I Were Sorry" den schwedischen Vorjahreserfolg von Mâns Zelmerlöw ("Heroes") wiederholt, ist eher unwahrscheinlich, denn die Konkurrenz ist diesmal sehr stark. Und sein Auftritt ist eher schlicht - ohne großes Brimborium. Aber die Schweden lieben ihren Jungen mit der Wollmütze, der bereits als Siebenjähriger mit einer Hymne auf den schwedischen Fußballstar Zlatan Ibrahimovic bekannt wurde. "I love you, ich liebe dich, Zlatan Ibrahimovic", trällerte der Sohn eines Nigerianers und einer Schwedin. Frans füllt derzeit in den schwedischen Zeitungen viele Seiten. "Han är sâ söt" (Er ist so süß), schwärmen viele Mädchen und - der ESC bringt es mit sich - auch viele Jungen.
Zweifellos sind die Schweden ein ESC-verrücktes Volk. In wohl keinem anderen Land ist die Begeisterung für diesen völkerverbindenden Gesangwettbewerb so groß. Kein Wunder, denn das bevölkerungsmäßig kleine Königreich ist erfolgreicher als etwa die Deutschen, die mehr letzte als erste Plätze aufweisen. Sechs Mal gewann das skandinavische Land den ESC beziehungsweise Grand Prix Eurovision de la Chanson.
Mit "Waterloo" begann alles
Die Pioniere der glorreichen schwedischen ESC-Geschichte sind Abba. Agnetha Fältskog, Anni-Frid Lyngstad, Björn Ulvaeus und Benny Andersson gewannen 1974 im englischen Brighton mit "Waterloo". Anders als für den Franzosenkaiser Napoleon, war der kleine belgische Ort für die extravagant gekleideten Schweden der Beginn einer Weltkarriere. Noch heute werden Abba-Titel hoch und runter gespielt, wirken die Lieder - durch hervorragendes Arrangement - irgendwie immer noch zeitgemäß.
Dennoch ist sich der mittlerweile 71 Jahre alte Ulvaeus sicher, dass die Band heute keine Chance beim ESC mehr hätte. Seiner Ansicht nach ist der Wettbewerb viel komplizierter geworden. "Wir sind einfach auf die Bühne gegangen und haben unser Ding gemacht. Das machen die Leute heute nicht mehr. Es ist eine riesige Produktion geworden - für jeden Song", sagte Ulvaeus unlängst. Er sieht Abba dennoch als Türöffner für die späteren schwedischen ESC-Sieger Herreys (Diggy-Loo Diggy-Ley/1984), Carola (Fângad av en stormvind/1991), Charlotte Nilsson (Take Me To Your Heaven/1999), Loreen (Euphoria/2012) und Mâns Zelmerlöw (Heroes/2015).
Überhaupt ist es faszinierend, wie viele gute Musiker Schweden mit seinen gerade einmal 9,7 Millionen Einwohnern hervorbringt. Ulvaeus sieht das große Selbstvertrauen der hiesigen Songwriter als einen Grund.
Mâns Zelmerlöw überzeugt
Wie in Deutschland wird aber auch in Schweden gecastet, was das Zeug hält. So ging zum Beispiel Mâns Zelmerlöw durch diese Tretmühle. Bereits früh trat der 29-Jährige aus Lund vor großem Publikum auf und kann nun durch nichts mehr erschüttert werden. Ihm zugute kommen aber auch seine Offenheit, Eloquenz, Selbstironie und Schmerzfreiheit.
Als Co-Moderator neben der sehr schlagfertigen Petra Mede macht Zelmerlöw einen guten Job. Sein nacktes Zwischenintermezzo im zweiten Halbfinale nach dem Auftritt des Weißrussen Alexander Iwanow alias Ivan sorgte für große Heiterkeit im Globen.
So braucht sich Schweden über fehlenden Unterhaltungsnachwuchs nicht zu sorgen. Gute Sängerinnen und Sänger sind vorhanden. Und wenn die Gesangskarriere stockt, wartet ein Moderatorenjob. Diesen hatten Björn Ulvaeus und seine Mitstreiter von Abba allerdings nicht nötig. Im Gegensatz zu vielen ESC-Gewinnern waren sie keine Eintagsfliegen.
Quelle: ntv.de