Kandidaten im Check #4 Sie wollen den ESC gewinnen
11.05.2017, 11:29 Uhr
In ihrem Song sind sie "lost in Verona" - Hauptsache, sie sind nicht "lost in Kiew": Koit Toome & Laura aus Estland.
(Foto: Kalle Veesaar / Moonwalk / EBU / eurovision.tv)
Noch 34 Flitzpiepen, Sahneschnitten und Supertalente singen um die Wette. Kurzum: Es ist wieder Eurovision Song Contest! Wir stellen die diesjährigen Anwärter auf die Gesangskrone in Kiew vor. Heute: die zweiten neun Kandidaten des zweiten Halbfinales.
Es kann nur 26 geben - doch insgesamt wären 42 Länder gern beim großen Finale des Eurovision Song Contests (ESC) am Samstagabend in Kiew dabei gewesen. 34 Länder sind noch im Rennen - 16 von ihnen können sich bereits zurücklehnen: Die sogenannten "Big Five" - Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und natürlich Deutschland - sowie Gastgeber Ukraine sind gesetzt. Zehn weitere Länder sicherten sich im ersten Halbfinale am Dienstag den Finaleinzug. Heute Abend haben nun noch einmal zehn weitere Kandidaten von insgesamt 18 Teilnehmern im zweiten Halbfinale die Chance, das Ticket für den großen Showdown am Samstag zu lösen.
Wir stellen Ihnen alle diesjährigen Anwärter auf die Gesangskrone in Kiew mitsamt ihren offiziellen Bewerbungsvideos vor. Nach dem gestrigen Blick auf die ersten neun Kandidaten im zweiten ESC-Halbfinale zeigen wir Ihnen nun die übrigen neun Bewerber, die das Teilnehmerfeld heute Abend komplettieren. Auch aus Deutschland darf mit abgestimmt werden, wer in das Finale einziehen soll.
San Marino: Valentina Monetta & Jimmie Wilson, "Spirit Of The Night"
Und jährlich grüßt das Murmeltier! Nach 2012, 2013 und 2014 versucht Valentina Monetta nun zum vierten Mal, für San Marino beim ESC etwas zu reißen. Nun gut, was soll man machen? San Marino hat ja nun mal kaum mehr als 30.000 Einwohner - und will man wirklich ein Eigengewächs zum Song Contest entsenden, bietet sich wohl kaum eine andere Option als die tatsächlich in San Marino Stadt geborene Monetta. Doch nicht nur die Sängerin macht uns das Murmeltier, sondern - aber natürlich - auch Ralph Siegel. "Mister Grand Prix" schrieb Monetta bereits ihre vergangenen ESC-Titel auf den Leib. Und auch "Spirit Of The Night" stammt nun wieder aus seiner Feder. Lediglich Monettas Duett-Partner Jimmie Wilson mischt den Club der alten ESC-Hasen auf. Den Song, der klingt wie aus einer Hinterhof-Disco in den 80ern, kann das jedoch leider auch nicht retten.
Kroatien: Jacques Houdek, "My Friend"
Der Kroate Jacques Houdek musste in der Vergangenheit mit dem Vorurteil kämpfen, homophob zu sein. Mit "My Friend" will er dieses Image endgültig abstreifen. "Lasst uns einfach Freunde sein - unabhängig von Rasse, Nationalität, Alter, Religion, sexueller Orientierung, sozialem Status oder Hintergrund", erklärt er das Anliegen seiner "Hymne". Ein wirkliches Friedensangebot an die Ohren stellt der Song jedoch leider nicht dar. Stattdessen stünde "My Friend" auch einer Truppe gescheiterter DSDS-Kandidaten gut zu Gesicht. Und das, obwohl Houdek gesanglich eher einen auf Supertalent macht. Wie der einstige Gewinner der RTL-Show, Freddy Sahin-Scholl, versucht sich der Kroate als doppeltes Stimmlottchen zwischen Pop-Gesang und Tenor-Donner. Und auch textlich schwankt er zwischen Englisch und seiner Muttersprache.
Norwegen: Jowst, "Grab The Moment"
Der Sänger wirkt wie eine jugendliche Reinkarnation von Drafi Deutscher. Seine DJ-Begleiter könnten auch gut bei der Blue Man Group anheuern. Dabei ist der eigentliche Kopf der Truppe der Typ, der aussieht, als hätte Jason aus den "Freitag, der 13."-Filmen seine Maske mit ein paar schicken LEDs aufgehübscht. Sein Name: Joakim With Steen - das erklärt dann auch den Projektnamen Jowst. Der norwegische Produzent lässt sich bei seinem ESC-Song "Grab The Moment" am Mikrofon jedoch von Aleksander Walmann aushelfen. Musikalisch liefert das Gespann einen Elektro-Song ab, der gut durchflutscht, ohne deshalb Robin Schulz gleich vor Neid erblassen zu lassen.
Schweiz: Timebelle, "Apollo"
Mit unserer Musik sorgen wir sogar im Altersheim noch für Fetzenstimmung. Das ist wohl, was die Gruppe Timebelle uns mit ihrem Clip zu "Apollo" sagen will. Doch Frontfrau Miruna Manescu weiß auch noch anderweitig für Stimmung zu sorgen - sie ist die unbestrittene Dekolleté-Meisterin beim diesjährigen ESC. Miruna Manescu? Klingt aber nicht gerade schweizerisch … Stimmt, die Sängerin stammt eigentlich auch aus Rumänien. Doch wer's erfunden hat, spielt beim Song Contest ja letztlich auch keine Rolle. Am Ende geht es ausschließlich darum, mit der Musik nicht nur ein paar Senioren von den Sitzen zu reißen.
Weißrussland: Naviband, "Story Of My Life"
Nein, keine Sorge, die gehören nicht zur Kelly Family. Die, die hier im Video so freudig durch den Wald tollen, heißen Artem Lukyanenko und Ksenia Zhu - als Duo bilden sie die Gruppe Naviband. Und wie die Namen der beiden schon erahnen lassen, stammen sie aus Weißrussland. Ach, der Hut ist weg - egal. Immer gut, eine Mini-Gitarre im Unterholz dabei zu haben. Und hui, guck mal, ein See - vielleicht liegen da ja ein paar hübsche Giftfässer drin, mit denen wir spielen können. Der postsozialistischen guten Laune, die Naviband auch noch in Landessprache mit ihrem Schrammel-Spaß-Song "Story Of My Life" versprühen, kann man sich kaum entziehen. Und weil es ja bekanntlich aus dem Wald so schallt, wie man hineinruft, könnte es vielleicht auch fürs Finale reichen.
Bulgarien: Kristian Kostov, "Beautiful Mess"
Wer hat denn gesagt, dass Zahnlücken nur Frauensache wären? Und so macht Kristian Kostov aus Bulgarien nach den Sängerinnen aus Albanien und Dänemark den außergewöhnlichen Dental-Dreier beim diesjährigen ESC perfekt. Mit seinen 17 Jahren ist er der jüngste Teilnehmer in Kiew. Trotzdem scheint er es in Sachen Selbstdarstellung schon faustdick hinter den Ohren zu haben. Das Video zu "Beautiful Mess" ist jedenfalls bis zum Anschlag mit jeder Menge Symbolik mystisch aufgeladen, so dass man nicht so recht weiß, ob man bei "Krabat" oder doch bei Tokio Hotel gelandet ist. Und musikalisch? Da beglückt uns Kostov mit einer Ballade, die nicht herausragend ist, aber auch keine Schmerzen bereitet.
Litauen: Fusedmarc, "Rain Of Revolution"
Fusedmarc aus Litauen lassen auf uns den "Rain Of Revolution" herunterprasseln. Und so viel lässt sich zumindest konstatieren: Für den Song Contest ist ihr Beitrag zwar vielleicht nicht unbedingt revolutionär, aber zumindest doch gewagt. Als Alternative-Band feierte die Gruppe in der Vergangenheit schon einige Erfolge und auch ihre ESC-Performance mutet experimentell und futuristisch an. Musikalisch bewegt sich das Ganze irgendwo zwischen Pop, Soul und Electro-Swing. Durchaus anspruchsvoll - und für den ESC womöglich auch zu anspruchsvoll.
Estland: Koit Toome & Laura, "Verona"
Koit Toome singt, als wäre er Dieter Bohlen und Thomas Anders in einer Person. Und Laura strahlt dabei den Charme einer jungen Vicky Leandros aus. Da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, zumal beide schon ESC-Erfahrung für Estland haben - er 1998, sie 2005 als Teil der Girlband Suntribe. Aber halt, doch, es kann noch etwas schiefgehen: der Song. Zu Italo-Disco-Beats der 80er-Jahre beklagen die beiden, "lost in Verona" zu sein. Aber anscheinend wurden sie ja inzwischen wieder gefunden. Schade eigentlich.
Israel: Imri, "I Feel Alive"
Dass sein Party-Song "I Feel Alive" eine Ode an seine Heimatstadt Tel Aviv ist, mag Imri aus Israel im zugehörigen Musikvideo kaum verhehlen. Auf die Feier im Clip wäre sicher auch ein David Guetta gerne eingeladen gewesen. Und beim Hören des Songs möchte man sagen: Harry, hol schon mal den Autoscooter. Sänger Imri ist dabei - wie so viele andere auch - kein kompletter ESC-Frischling. In den vergangenen beiden Jahren trällerte er bereits im Background-Chor der israelischen Interpreten fröhlich mit. Da schaffte es sein Land beide Male bis ins Finale. Und diesmal?
Das waren sie - die neun Kandidaten, die das zweite ESC-Halbfinale heute Abend komplett machen. Morgen stellen wir Ihnen die Beiträge der "Big 5" und des Gastgebers Ukraine vor.
Quelle: ntv.de