Wenn Rachel McAdams Noomi Rapace küsst Geld, Macht, Sex, Liebe, "Passion"
18.11.2013, 10:13 Uhr
(Foto: Ascot Elite)
Eine ehrgeizige, gutaussehende und manipulative Chefin, eine aufstrebende und gewitzte Angestellte, dazu noch eine liebestolle Praktikantin. Klingt nach mehr als nur brauchbarem Filmstoff. Erst recht, wenn der Regisseur mit Oscar-Ehren prämiert ist. Was will der Zuschauer mehr?
Es ist angerichtet: Bei "Passion" steigt Oscar-Preisträger Brian de Palma in den Ring. Seit den 1970er Jahren feiert er als Regisseur Erfolge: Ist "Die Schwestern des Bösen" 1973 noch ein Überraschungshit, gelingt ihm mit "Carrie - Des Satans jüngste Schwester" 1976 der große Durchbruch in Hollywood. Zwei Oscar-Nominierungen gibt es für den Streifen, der auf einer Geschichte des Horror-Großmeisters Stephen King basiert. De Palma wird von der Kritik gefeiert.
In den 1980ern folgen weitere Erfolgsfilme wie "Scarface" mit Al Pacino, "Die Unbestechlichen" mit Robert de Niro oder auch "Die Verdammten des Krieges" mit Michael J. Fox und Sean Penn. In den 1990ern etabliert er erfolgreich Tom Cruise als Ethan Hunt in "Mission Impossible".
Allerdings greift de Palma auch des Öfteren an den Kinokassen daneben - und das trotz herausragender Casts: "Spiel auf Zeit" mit Nicolas Cage floppt. Davor kommt bereits "Fegefeuer der Eitelkeiten" nicht beim Publikum an, obwohl sich Stars wie Tom Hanks, Bruce Willis und Morgan Freeman in dem Film die Klinke in die Hand geben. Bei "Mission To Mars" und "Black Dahlia" ist es ähnlich. Letzterer vereint 2006 eine Reihe von Stars und aufstrebenden Schauspielern wie Josh Hartnett, Scarlett Johansson, Hilary Swank oder Aaron Eckhart. Und auch der Thriller "Femme Fatale" reißt das Publikum nicht aus den Kinositzen.
Wenn die Rapace mit der McAdams ...
Nun also wieder ein Thriller: "Passion". Wieder mit Starbesetzung: Da wäre etwa Noomi Rapace. Sie wird seit ihrem Erfolg in der Rolle der Lisbeth Salander in der Verfilmung von Stieg Larssons "Millennium"-Trilogie auch in Hollywood gefeiert. Dort spielte sie seitdem etwa an der Seite von Colin Farrell in dem Thriller "Dead Man Down" oder auch im SciFi-Spektakel "Prometheus".
Rapace zur Seite steht Rachel McAdams. Deren filmische Anfänge in tumben Highschool- und Liebeskomödien wie "Hot Chick" oder "Girls Club" liegen lange hinter der gerade 35 Jahre alt gewordenen McAdams. Ihre mimische Bandbreite hat sich auf handfeste Action und Thriller wie an der Seite von Cillian Murphy in "Red Eye", mit Russell Crowe in "State Of Play" oder Robert Downey Jr. und Jude Law in den "Sherlock Holmes"-Filmen von Guy Ritchie erweitert. Ihre komödiantischen Wurzeln vergisst sie dabei nicht, wie "Morning Glory" (mit Harrison Ford) beweist. Selbst die Rolle als Zicke steht ihr gut, wie Woody Allens "Midnight In Paris" zeigt.
Mehr Mobbing als Murder
Klanghafte Namen also, die sich in "Passion" tummeln. Das darin auch bekannte deutsche Mimen wie Karoline Herfurth ("Das Parfum", "Der Vorleser"), Benjamin Sadler ("Luther") oder Dominick Raacke ("Tatort“-Team Berlin) mitspielen, gerät da fast schon zur Nebensache. Dass "Passion" in Berlin spielt? Ebenso geschenkt. Von der Stadt sieht man nicht viel, Schickimicki-Büroatmosphäre einmal ausgenommen. Denn "Passion" ist ein Mobbing-Murder-Thriller. Mehr Mobbing als Murder. Aber das ist richtig so.
McAdams spielt Christine Stanford, die Leiterin eines Werbebüros in Berlin. Ihr großes Ziel heißt aber New York. Eine erfolgreiche Idee genügt. Und genau die hat ihre Untergebene Isabelle James (Rapace). Als aus der Idee ein Werbehit wird, verkauft Stanford sie beim Big Boss (Raacke) als die ihre. James ist sprachlos, schließlich war das Verhältnis zwischen ihr und ihrer Chefin bisher freundschaftlich-kollegial, ja fast liebevoll. Als sich Isabelle gerade mit dem beruflichen Verrat abfinden will, stachelt sie die Praktikantin (Herfurth) an, doch etwas gegen Stanford zu tun.
Nun bricht die Hölle los - für Isabelle: beruflich und privat. Am Ende gibt es eine Leiche und ermittlungshungrige Polizisten, die Isabelle als Haupttatverdächtige ins Visier nehmen. Das Mobbing der Chefin soll ihr Motiv sein. Aber die Wahrheit liegt viel tiefer, ist viel intimer, als zunächst gedacht.
Am Ende verstimmt
Ja, auch die Story kann sich sehen lassen. Der Film gefällt dennoch nicht - und der Grund ist einfach: die Musik. De Palma hat wie bei seinem Anfangserfolg "Carrie" auf die Dienste von Pino Donaggio zurückgegriffen. Der zeichnet etwa auch für die musikalischen Untermalungen von "Wenn die Gondeln Trauer tragen" und "Dressed To Kill" verantwortlich. Er hat es also drauf - aber eben nicht in "Passion". Die Hintergrundmusik ist wirklich grauenhaft und erinnert an einen müden Softporno, was sich mit dem Hochglanz-Ambiente der Ausstattung und dem Starensemble an Darstellern mehr als beißt. Selbst Fahrstuhlmusik hat mehr Dynamik. Für einen Thriller hätte es doch etwas mehr sein können, ja müssen.
Die Darsteller sind präsent, wirken aber etwas hölzern. Rapace stiehlt McAdams dennoch locker die Schau. Aber zu ihren Meisterwerken zählt "Passion" definitiv auch nicht. Dass im Film plötzlich deutsche Schauspieler auftauchen, überrascht zudem. Zwar ist "Passion" eine deutsche Produktion, geworben wird aber mit den beiden internationalen Filmstars.
Alles in allem überzeugt de Palmas "Passion" nicht. Leidenschaftslos reiht er sich in die Liste seiner stark besetzten Flops ein. Für glühende Fans des Regie-Altmeisters mag er sehenswert sein. Noch weitaus besser ist es aber, wenn man auch auf Rachel McAdams und Noomi Rapace steht. Ob die Kussszenen der beiden allerdings die Ohrenschmerzen wert sind, muss jeder selbst entscheiden.
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Quelle: ntv.de