Feuer frei zum zweiten Halali Die Tribute von Panem jagen wieder
19.11.2013, 11:42 Uhr
Heldin wider Willen: Jennifer Lawrence als Katniss Everdeen.
(Foto: Studiocanal)
"Catching Fire" lautet der Untertitel des zweiten Teils der Panem-Saga. Doch eigentlich ist das Motto abermals "Catch as catch can". Wieder müssen Katniss und Peeta in die Arena. Und wieder geht es dort zur Sache, dass selbst Vampire und Werwölfe erzittern würden.
Dass sie den Vergleich mit den blutsaugenden und felligen "Twilight"-Schluffis nicht zu scheuen brauchen, haben "Die Tribute von Panem" bereits bewiesen, als sie 2012 das erste Mal im Kino zuschlugen. Obwohl als Teenie-Tralala verschrien, hat die Saga auf Basis der Romane von US-Autorin Suzanne Collins bei Weitem mehr Biss als der Untoten-Kitsch, den einen Robert Pattinson und Kristen Stewart jahrelang kredenzten. Ja, sogar so viel Biss, dass sie einem eigentlich nur bedingt jugendfrei erscheint. Dass die FSK nach dem ersten Teil "The Hunger Games" nun auch das zweite Panem-Abenteuer mit dem Untertitel "Catching Fire" bereits für Kinobesucher ab zwölf Jahren für unbedenklich hält, ist schon ziemlich erstaunlich. Schließlich geht es darin abermals fast am laufenden Band um Unterdrückung, Folter, Mord und Totschlag.
Nachdem Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) und Peeta Mellark (Josh Hutcherson) die Hungerspiele überstanden haben, schickt sie Präsident Snow (Donald Sutherland) auf eine weniger gefährliche, dafür aber umso demütigendere Reise. Auf der "Tour der Sieger" durch die vom Kapitol unterjochten Distrikte sollen die beiden Tribute ihren Triumph über die getöteten Leidensgenossen bei den Spielen zelebrieren. Doch die Auftritte von Katniss und Peeta tragen nicht zur Beruhigung des aufgestauten Zorns gegen die brutale Willkür des Kapitols in den Distrikten bei. Im Gegenteil: Immer deutlicher wird, dass sich der Unmut zu einer Rebellion ausweiten könnte - mit den beiden Tributen aus Distrikt 12 als Galionsfiguren des Aufstands. Schließlich hatten sie mit ihrer Weigerung, in den Hungerspielen aufeinander loszugehen, dem Regime beeindruckend die Stirn geboten.
Deshalb ersinnt Snow, als die alljährlichen Spiele erneut anstehen, abermals einen teuflischen Plan. Kurzerhand verkündet er anlässlich des 75. "Jubel-Jubiläums" der Wettkämpfe, dass in diesen nun ausschließlich Sieger aus vorangegangen Spielen ein weiteres Mal antreten müssten. Da Katniss die bis dahin einzige weibliche Gewinnerin aus Distrikt 12 ist, muss sie auf jeden Fall wieder in die Arena. Und auch Peeta teilt dieses Schicksal - er meldet sich jedoch freiwillig, nachdem eigentlich Haymitch Abernathy (Woody Harrelson), sein und Katniss' Mentor, als männlicher Tribut ausgelost worden war.
In der Arena angekommen, nimmt das Grauen seinen bekannten Lauf. Nicht nur die Tribute metzeln sich gegenseitig bestialisch nieder. Die Spielemacher haben sich auch sonst allerlei tödliche Bedrohungen für die Teilnehmer ausgedacht - von giftigem Nebel über rasende Affen bis hin zu Regengüssen aus Blut. Werden die Pläne des Kapitols aufgehen und Katniss und Peeta getötet? Oder wird zumindest einer der beiden erneut triumphieren? Oder kommt womöglich alles noch ganz anders?
Rotation und Kontinuität
"Catching Fire" macht grundsätzlich da weiter, wo "The Hunger Games" aufgehört hat - und das, obwohl hinter den Kulissen kräftig rotiert wurde. So übernahm Francis Lawrence ("I Am Legend", mit Jennifer Lawrence nicht verwandt) den Regiestuhl von Gary Ross, der den Zeitplan für die Produktion für zu eng hielt, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Auch die Verantwortlichkeiten für Drehbuch und Kamera wurden in komplette andere Hände gelegt als beim ersten Teil. Trotzdem fügt sich der im IMAX-Format realisierte Streifen visuell recht nahtlos an "The Hunger Games" an. Den Widerspruch zwischen der Dekadenz des Kapitols und der apokalyptischen Szenerie in den Distrikten bringt auch Francis Lawrence in äußerst intensiven Bildern auf die Leinwand. Und in der Arena packt er in Sachen Effekte sogar noch eine gehörige Schippe oben drauf.
Auch bei den Schauspielern dominiert die Kontinuität - nicht nur auf Grund ihrer Leistungen, sondern in diesem Fall auch wirklich personell. Jennifer Lawrence verdeutlicht mit ihrer charismatischen Darstellung der Heldin wider Willen erneut, weshalb sie mit ihren gerade mal 23 Jahren bereits einen Oscar im Regal stehen hat. Elizabeth Banks verkörpert abermals herrlich abgedreht die vom Kapitol eingesetzte Distrikts-Betreuerin Effie Trinket mit Hang zu den wildesten Perücken. Der Miley-Cyrus-Ex und "Thor"-Bruder Liam Hemsworth ist als Katniss' eigentlicher Liebhaber Gale Hawthorne ebenso wieder mit von der Partie wie Rocker Lenny Kravitz als ihr Stylist Cinna. Und mit Philip Seymour Hoffman in der Rolle des neuen obersten Dirigenten der blutigen Gladiatorenkämpfe namens Plutarch Heavensbee holte man sich sogar noch einen weiteren Oscar-Preisträger mit an Bord.
Sterben am Fließband
Doch trotz alledem leistet sich "Catching Fire" auch ein paar Schwächen, von denen sein Vorgänger noch weitgehend frei war. Dann etwa, wenn die Affen los sind. Die Situation in der Arena ist für die aufeinandergehetzten Tribute schon längst bedrohlich genug, als dass man ihnen unbedingt auch noch eine Schar wild gewordener Primaten auf die Pelle jagen müsste. Anstatt zu erkennen, dass weniger manchmal einfach mehr ist, überdreht die Geschichte vom ganz realen Kampf auf Leben und Tod bisweilen zu B-Horror der Marke Monsteraffen. Zuvorderst ist dies aber natürlich der literarischen Vorlage geschuldet und nicht den Filmemachern.
Schon eher müssen sich Francis Lawrence und Co die übereilte Inszenierung vorhalten lassen, wenn es ans Foltern, Verprügeln und Sterben geht. Trotz einer Lauflänge von knapp zweieinhalb Stunden (!) werden Szenen wie diese in der Gesamtschau geradezu fließbandartig abgehandelt, als wäre nichts gewesen. Das erinnert dann schon manchmal ein wenig an den Tod, wie ihn Nebendarsteller in Serien wie etwa "Star Trek" klassisch erleiden müssen. Oh, tot - blöd - weiter geht's. Als Gale bis auf die Knochen ausgepeitscht, Cinna bis zum Zusammenbruch vermöbelt und diverse ihrer Mitstreiter sowieso bis zum Tod gejagt werden, bekommt Katniss kaum die Zeit, darauf auch nur mit einer Gefühlsregung zu reagieren. Möglicherweise soll just dies die Atemlosigkeit ihrer Situation simulieren. Doch das Umschalten von Trauer und Verlust auf bedingungslosen Überlebenskampf bekommt in einem derart ansatzlosen Hauruckverfahren selbst die tolle Jennifer Lawrence nicht immer glaubhaft vermittelt.
Vielleicht ist es deshalb ja ganz gut, dass der dritte und letzte Teil der Panem-Saga in zwei Filme aufgeteilt werden soll. Hier lässt die "Twilight"-Trilogie, bei der ebenso vorgegangen worden war, dann doch grüßen. Aber eben nur hier. Denn trotz seiner kleinen Schwächen ist "Catching Fire" wie schon "The Hunger Games" ein durchaus sehenswerter Film. Und seine Geschichte mit ihren sozial- und medienkritischen Untertönen eine um Längen bessere als die von den Werwölfen und Vampiren.
"Die Tribute von Panem - Catching Fire" läuft ab dem 21. November 2013 in den deutschen Kinos
Quelle: ntv.de