Kino

Sport und Mord "Foxcatcher" - Ein Millionär ringt um Respekt

"Nennt mich 'Goldener Adler'": Steve Carell in der Rolle des John du Pont ist als bester Hauptdarsteller für den Oscar nominiert.

"Nennt mich 'Goldener Adler'": Steve Carell in der Rolle des John du Pont ist als bester Hauptdarsteller für den Oscar nominiert.

(Foto: AP)

Die Brüder Mark und Dave Schultz gehören zu den berühmtesten Ringern der USA. Auch den wunderlichen Multimillionär John du Pont kennt dort fast jeder. Wie sich ihre Wege kreuzten und warum es mit ihnen ein ungutes Ende nahm, erzählt "Foxcatcher".

In den USA kennt die Geschichte fast jedes Kind - die Geschichte vom durchgeknallten Multimillionär John du Pont, der wegen Mordes ins Gefängnis kam und dort starb. "Foxcatcher" basiert also auf wahren Begebenheiten - John du Pont aus der französisch-amerikanischen Industriellenfamilie Du Pont gab es wirklich und auch die Brüder Mark und Dave Schultz, zwei der besten Ringer, die die USA je hervorgebracht hat.

Die Brüder Mark (Channing Tatum) und Dave Schultz (Mark Ruffalo) verstehen sich wortlos.

Die Brüder Mark (Channing Tatum) und Dave Schultz (Mark Ruffalo) verstehen sich wortlos.

(Foto: ©Fair Hill LLC)

Beide haben sportlich das Größte erreicht, was man erreichen kann: 1984 holten sie in Los Angeles den Olympiasieg. Der Film setzt etwa drei Jahre später ein, als sie den Höhepunkt ihrer Karrieren bereits überschritten haben; beide trainieren aber noch regelmäßig, meist auch zusammen. Dave (Mark Ruffalo) hat mittlerweile eine Familie mit Frau und zwei Kindern, Mark (Channing Tatum) wohnt hingegen allein in einer ungemütlichen Bude, in der ein kleiner Sport-Altar mit Medaillen und einer Cola-Flasche mit olympischen Ringen die einzige Dekoration ist. Er stopft Takeaway-Fastfood aus Wegwerfgeschirr in sich und auch sonst hat sein Leben nichts Glamouröses, nichts von einem Sportstar.

Geld ohne Liebe

Bis er einen Anruf bekommt, der alles umkrempelt: John du Pont (Steve Carell) möchte ihn sehen, der Spross des Konzerns Du Pont. Der ist unfassbar reich, aber ohne Liebe und ohne Freunde und hat sich beim Ringen um Respekt und Aufmerksamkeit schon auf einigen Gebieten versucht hervorzutun: als Sammler seltener und sehr teurer Briefmarken, als Vogelkundler, als Waffennarr. Und als Sportmäzen - einen großen Teil des riesigen Familienvermögens steckt er in den Aufbau des Ringer-Teams Foxcatcher. Sein Ziel: den Ringsport in den USA zu retten.

Fehl am Platz: Mark Schultz (hinten) auf einem Empfang von Jean du Pont (Vanessa Redgrave), der Mutter seines Mentors.

Fehl am Platz: Mark Schultz (hinten) auf einem Empfang von Jean du Pont (Vanessa Redgrave), der Mutter seines Mentors.

(Foto: ©Fair Hill LLC )

Sehr zum Missfallen seiner lieblosen Mutter Jean du Pont, verkörpert von der großartigen Vanessa Redgrave. Denn für die ist Ringen eine niedere Sportart. Man wälzt sich dabei auf dem Boden, umklammert sich und schwitzt - das ist bei Weitem nicht so edel wie ihre Rennpferde, das Einzige, was ihr wichtig ist. Immer kühl, ja kalt, lässt sie ihren Sohn ihre Missachtung spüren. Sie ist zwar kaum zu sehen, aber dennoch sehr präsent - als Graue Eminenz, als Schatten, mit dem John kämpft.

Wer das Geld hat, hat die Macht

Und er kämpft um Liebe, um Anerkennung, lässt sich mit seiner eigenen PR-Abteilung feiern als der große Gönner, der Menschenfreund, der Erfinder, der Supertrainer. Der er nicht ist - aber das kann ihm keiner der Sportler sagen, denn wie schon "Ton Steine Scherben" wussten: Wer das Geld hat, hat die Macht und wer die Macht hat, hat das Recht. So berichtet es auch der Ringer Greg Satell bei "Forbes": John du Pont war weithin bekannt für sein äußerst merkwürdiges Benehmen. Aber darüber durfte beim Training nicht gesprochen werden, das war ein striktes Tabu. Jeder wusste, dass du Pont gefährlich war, aber jeder hat von seiner Großzügigkeit profitiert und deswegen darüber hinweggesehen.

Sienna Miller spielt Nancy Schultz, die Frau von Dave - eine der wenigen Frauenrollen im Film.

Sienna Miller spielt Nancy Schultz, die Frau von Dave - eine der wenigen Frauenrollen im Film.

(Foto: ©Fair Hill LLC)

So auch Mark. Er genießt die luxuriösen Trainingsbedingungen, verbringt auch privat viel Zeit mit John du Pont, der ihn bald als "Freund" bezeichnet, nimmt mit ihm Drogen. Eine merkwürdige Freundschaft - die keine ist, denn zu ungleich ist ihre Stellung. Das lässt der Millionär ihn auch spüren, wird immer unberechenbarer, schlägt schon mal zu. Da bietet Marks Bruder Dave ihm schon mehr Widerstand - er lehnt erst das Angebot du Ponts ab, Teil von Team Foxcatcher zu werden, lässt sich aber schließlich doch überreden. Mit seiner Ankunft im Trainingszentrum und der seiner Frau Nancy Schultz (Sienna Miller) ändert sich die Atmosphäre deutlich. Aggressionen, erst unterschwellig zu spüren, brechen aus, bis die Dreierkonstellation aus John, Mark und Dave ein schockierendes, unerwartetes, dramatisches Ende nimmt.

Kein Film der schnellen Schnitte

Bis zu diesem Showdown ist "Foxcatcher" kein Film der schnellen Schnitte. Im Gegenteil - er lässt sich Zeit für lange Einstellungen, Gesichter und Stimmungen. Und er ist ein Männerfilm - bis auf kurze Auftritte sind Frauen kaum zu sehen. John Irving hätte den Film sicher gemocht - er ist bekanntermaßen selbst leidenschaftlicher Ringer, und Ringerszenen bekommt man hier reichlich zu sehen. Zeitweilig mutet "Foxcatcher" an wie eine Sport-Doku, so nah, so lange und ausführlich liegt das Kameraauge auf den sich umklammernden, stöhnenden und schwitzenden Männern.

Auch den exzentrischen Multimillionär John du Pont lernt der Zuschauer gut kennen. Lange verweilt das Bild auf seinem vogelähnlichen Gesicht (wie passend, dass er zudem Vogelkundler war und wollte, dass man ihn "Adler" oder "Goldener Adler" nennt) und auf seiner schmächtigen, unsportlichen Gestalt.

Vogelkundler mit Vogelgesicht: Steve Carell hat John du Ponts Mimik, Gestik, Körperhaltung und Sprache genau studiert.

Vogelkundler mit Vogelgesicht: Steve Carell hat John du Ponts Mimik, Gestik, Körperhaltung und Sprache genau studiert.

(Foto: ©Fair Hill LLC )

Viele Zuschauer werden Steve Carell eher als Komiker ("Jungfrau (40), männlich, sucht ...") kennen und überrascht sein, ihn in einer so ernsten Rolle zu sehen. Um seinem Part des John du Pont möglichst nahe zu kommen, hatte er zuvor dessen Sprache und seine Körperhaltung per Video genau studiert - mit Erfolg, wie Mark Ruffalo bestätigt: "Mir war das körperliche Auftreten des Mannes bestens vertraut. Ich wusste, wer er war, wie er klang, wie er sich bewegte. Steves Fähigkeit, die körperlichen Qualitäten dieses Typen einzufangen und zu verinnerlichen, war beängstigend."

Für einen Oscar nominiert

Möglich, dass diese Fähigkeit mit einem Oscar belohnt wird - Steve Carell ist für seine Rolle in "Foxcatcher" als bester Hauptdarsteller nominiert, Mark Ruffalo für die beste Nebenrolle. Und es wären nicht die ersten Lorbeeren für den Film von Regisseur Bennett Miller: Er gewann 2014 bei den Filmfestspielen von Cannes in der Kategorie "Beste Regie". Für die beste Ensemble-Performance wurde die "Foxcatcher"-Besetzung zudem mit dem Gotham Jury Award und dem Hollywood Film Award ausgezeichnet. Das American Film Institute und der amerikanische "Rolling Stone" wählten ihn sogar unter die 10 besten Filme des Jahres 2014.

"Foxcatcher" läuft ab dem 5. Februar 2015 in den deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

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