Kino

Liebe mit zwei Schwestern Friedrich Schillers Menage à trois

Schiller kann, will und muss sich nicht entscheiden.

Schiller kann, will und muss sich nicht entscheiden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der junge Schiller verliebt sich in die Schwestern Caroline und Charlotte - eine Dreiecksbeziehung, die den Poeten bis zu seinem Tod verfolgt. Dem Film "Die geliebten Schwestern" gelingt es, diese Geschichte ganz natürlich zu erzählen.

Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) kommt im Herbst 1787 nach Weimar. Der Spross einer verarmten Kleinadelsfamilie soll dort eine gute Partie machen. Stattdessen erweckt die ernsthafte  Charlotte das Interesse des mittellosen, jungen Dichters Friedrich Schiller (Florian Stetter). Hinter dem Rücken ihrer Schwester spielt die ältere Caroline (Hannah Herzsprung) die Kupplerin und beantwortet einen Brief  des skandalösen "Räuber"-Autors an Charlotte.

Eine Liebe zu dritt - schon immer ein gewagtes Unterfangen.

Eine Liebe zu dritt - schon immer ein gewagtes Unterfangen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der bürgerliche Dichter verbringt einen schicksalhaften Sommer in Rudolstadt in Gesellschaft der Schwestern. Er kommt nicht nur der sanftmütigen Charlotte, sondern vor allem auch der leidenschaftlichen Caroline näher. Das Trio schwört einander unverbrüchliche Treue und will eine aufgeklärte Liebe zu dritt jenseits aller gesellschaftlichen Konventionen wagen. Allerdings ist Caroline verheiratet, eine Scheidung steht außer Frage, ihr vermögender Mann hält ihre Familie finanziell über Wasser. Der Dichter macht der jüngeren Schwester schließlich einen Antrag und Charlotte willigt in die Heirat ein. Dabei hat sie aber weniger ihr eigenes denn das Liebesglück zwischen ihrem Mann und Caroline im Blick.

Schiller tritt eine Professur in Jena an und erhält endlich die ihm gebührende Anerkennung. Eine der Schwestern begreift, welchen Schaden ihre Liebe zu dritt anrichtet und kündigt den Pakt auf. Schiller ist dennoch bis zu seinem Tode zwischen Charlotte und Caroline hin- und hergerissen.

Liebesgeschichte mit Lücken

Die Beziehung zwischen Schiller und den Schwestern ist in vielen Briefen überliefert. Wie tief sie ging und wie lange sie anhielt, ist unter Experten allerdings umstritten. "So einiges an dieser Geschichte konnte nur Vermutung sein, denn etliche Zeugnisse und Briefe verschwanden seither an entscheidenden Stellen", räumt denn auch Regisseur Dominik Graf ein.

"Frey und sicher bewegt sich meine Seele unter euch – und immer liebevoller kommt sie von Einem zu dem andern zurücke", hatte der Dichter am 15. November 1789 seine Gefühle in einem Brief an beide Schwestern in Worte gefasst. Im selben Schreiben gab er auch unumwunden zu, tiefere Gefühle für Caroline als für seine spätere Frau zu hegen. "Sie hat mehr Empfindungen in mir zur Sprache gebracht als du meine Lotte – aber ich wünschte nicht um alles, daß dieses anders wäre, daß du anders wärest als du bist."

Dominik Graf erzählt den Film, als würde er schreiben.

Dominik Graf erzählt den Film, als würde er schreiben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor zehn Jahren war Produzentin Uschi Reich auf die Dreiecksgeschichte gestoßen, als sie für den Fernsehfilm "Schiller" mit Matthias Schweighöfer recherchierte. Reich konnte Graf für das Projekt gewinnen. Den mit zehn Grimme-Preisen ausgezeichneten Regisseur reizte es, "einen Film über Worte zu machen". Denn die oft räumlic h getrennten Liebenden verliehen ihren Gefühlen in Briefen Ausdruck, teils mehrmals täglich. Diesem Schriftverkehr räumt Graf in seinem ersten abendfüllenden Kinofilm seit acht Jahren viel Raum ein und selbst die Machart wurde von diesem Motiv beeinflusst. "Von heute aus gesehen, hab' ich versucht, zu filmen, so wie man schreibt – als wäre das Filmmaterial das Papier", sagte Graf.

Diese Liebe zum Detail führt zu einer Laufzeit von 138 Minuten. Langeweile kommt selten auf, nachdem man sich erst einmal an den gemächlichen Erzählton gewöhnt hat. Dies ist auch den hervorragenden Schauspielern geschuldet, allen voran Henriette Confurius und Hannah Herzsprung. Es glückt ihnen wunderbar, die Schwestern in all ihrer gegenseitigen Zärtlichkeit und Abhängigkeit zu porträtieren. Und das ist entscheidend, denn obwohl Schiller die bekannteste Figur des amourösen Dreigestirns ist, kreist der Film doch in erster Linie um die Beziehung der Schwestern und den Wandel ihrer Liebe zueinander.

Zentralgestirn Schiller

Hannah Herzsprung, Florian Stetter und Henriette Confurius (v.l.) auf der Berlinale 2014.

Hannah Herzsprung, Florian Stetter und Henriette Confurius (v.l.) auf der Berlinale 2014.

(Foto: picture alliance / dpa)

Leider ist Graf in seinem Fokus am Ende zu inkonsequent und lässt die Frauen dann doch wieder nur im Kontext zu Schiller existieren. Mit seinem Tod endet der Film abrupt, die über zwei Stunden entsponnene Beziehung der Schwestern ist dem Regisseur danach leider nicht mal mehr eine einzige Schauspielszene wert. Zwar zeigt der Film, wie Caroline mithilfe Schillers zur erfolgreichen Autorin aufsteigt. Ihre literarischen Errungenschaften sind aber nur insofern von Interesse, als sie direkt von Schiller beeinflusst wurden.

Dass Caroline für sich allein genommen große Anerkennung genoss, ihr Haus in Weimar Treffpunkt von Philosophen und Literaten wie Johann Wolfgang von Goethe und Wilhelm von Humboldt war, lässt Graf unerwähnt. Auch Charlottes Expertise in Philosophie, Literatur und Naturwissenschaften fallen unter den Tisch. Häufig wird sie hingegen bei Hausarbeit und Kinderbetreuung gezeigt.

Gut möglich, dass diese Kritikpunkte in der Langfassung des Stoffs obsolet werden. Auf der diesjährigen Berlinale waren "Die geliebten Schwestern" noch in einer 30 Minuten längeren Version im Wettbewerb angetreten. Der von Anfang an mitgeplante TV-Zweiteiler wird sogar auf eine Gesamtlaufzeit von 190 Minuten kommen.

"Die geliebten Schwestern" kommt am 31. Juli in die deutschen Kinos.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen