Es steht viel auf dem Spiel Bundesregierung warnt europäische Länder
07.09.2015, 11:14 Uhr
Derzeit nehmen Deutschland, Österreich und Schweden den Großteil der Flüchtlinge in Europa auf. Dies könne so nicht bleiben, sagt Kanzlerin Merkel. Deutschland selbst steht vor einer nationalen Kraftanstrengung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen erneut eine europäische Lösung angemahnt. "Wir brauchen eine Kraftanstrengung der Europäischen Union", sagte die CDU-Politikerin. Die Herausforderungen seien nur "mit gemeinsamer europäischer Solidarität zu meistern". Dabei müssten die Werte und die Rechtsordnung der Maßstab sein. Mit Blick auf Deutschland sprach sie von einer nationalen Kraftanstrengung. "Was wir jetzt erleben, ist etwas, das unser Land in den kommenden Jahren weiter beschäftigen und verändern wird."

Bundeskanzlerin Merkel (l) und ihr Vize Gabriel dringen auf mehr Europa.
(Foto: picture alliance / dpa)
Vize-Kanzler Sigmar Gabriel sagte, es müsse ein "großes Interesse" bei den bislang zurückhaltenden europäischen Ländern geben, "ihre Haltung zu überdenken". Wenn die Lage unverändert bleibe, könne sich in der EU auch die Debatte ändern. Dazu verwies er auf die Frage offener Grenzen, von denen gerade die osteuropäischen Länder profitierten, und die Verteilung von EU-Mitteln. Am Ende lebt Europa davon, "dass wir uns verständigen". Er habe die "Hoffnungen, dass sich Haltung verändert, wenn die Länder sehen, was Europa droht".
Merkel zeigte sich zuversichtlich, dass die "Dynamik des Geschehens" nicht ohne Wirkung bleiben werde. "Wir alle müssen uns gegenseitig unterstützen." Es gehe nicht, dass jemand sage, "wir haben damit nichts zu tun". Dies werde "auf Dauer nicht tragen. Dann werden andere Gedanken Überhand gewinnen". Hoffnungen setzen beide dabei in eine Grundsatzrede von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Mittwoch. Ausdrücklich forderte Merkel ein einheitliches EU-Asylrecht, das die Bundesregierung vorantreiben werde. Hintergrund ist der Widerstand der osteuropäischen EU-Staten etwa gegen eine verbindliche Quotenverteilung der Flüchtlinge auf die Staaten.
"Nationale Aufgabe"
Die Unterbringung in Deutschland sei eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Länder und Kommunen. Die Einzelheiten der Verteilung der Mittel sollen bis 24. September geklärt und bis Ende Oktober alle erforderlichen Gesetze auf dem Weg gebracht sein. "Wir waren schnell, als es darum ging, Banken zu retten. Und wir müssen nun schnell sein, um den Kommunen zu helfen."
SPD-Chef Gabriel sprach von der "größten Herausforderung seit der Wiedervereinigung": Er appellierte, mit Zuversicht und Realismus an die Aufgaben zu gehen. Derzeit zeige Deutschland ein Bild, "auf das es stolz sein kann". Auch er fordert eine europäische Flüchtlingspolitik. Deutschland könne die gegenwärtige Lage bewältigen, weil es wirtschaftliche stark ist. "Aber genauso klar ist jedem, dass das nicht auf Dauer sich jedes Jahr wiederholen kann."
Zudem müsse in Deutschland offen über Ängste gesprochen werden. "Wir müssen das Land auch zusammenhalten. Wir müssen den Menschen Ängste und Sorgen nehmen" und klarmachen, dass keine Konkurrenz geschaffen werde, etwa auf dem Arbeitsmarkt.
In der Diskussion über die Kosten hält Merkel ein kolportierte Summe von zehn Milliarden Euro für nachvollziehbar. Sie könne eine solche Zahl für Bund, Länder und Kommunen insgesamt zwar nicht bestätigen. Aber angesichts der allein vom Bund bereitgestellten sechs Milliarden Euro für 2016 sei eine solche Summe irgendwie getroffen, sagte sie. Gabriel betonte, der Bund übernehme nicht sämtliche Kosten.
Quelle: ntv.de, jwu