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Es läuft nicht für die CDU Merz verhagelt sich den Sommer

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Es läuft derzeit nicht rund bei Friedrich Merz und der CDU.

Es läuft derzeit nicht rund bei Friedrich Merz und der CDU.

(Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen)

Der Sommer ist eigentlich gut für eine Verschnaufpause im Politikbetrieb. Doch die CDU und ihr Vorsitzender agieren plan- und glücklos. Statt über Probleme der Ampel wird über eine Zusammenarbeit mit der AfD und nun auch noch die K-Frage diskutiert. Während Scholz den Urlaub genießt.

Ein wenig symptomatisch für die Lage der CDU dieser Tage ist ein Satz, den Parteichef Friedrich Merz in einem Interview sagte: "Die Union steht ohne Wenn und Aber zum Sozialstaat", und fuhr dann gegenüber der Zeitung "Merkur" fort: "Aber der lässt sich nicht aufrechterhalten, wenn immer mehr Leistungen versprochen werden, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, von denen, die arbeiten können."

So folgte gleich ein "Wenn" und ein "Aber" auf die eigene Äußerung, die genau das zuvor ausgeschlossen hatte. Der Spott ließ nicht lange auf sich warten. Das mag eine Lappalie sein, ist aber typisch für die Äußerungen des Parteichefs dieser Tage: In der Sache vertretbar, aber in der Art und Weise bestenfalls unglücklich. Noch unglücklicher war, dass sein Team ausgerechnet diesen Satz herausgriff, um ihn auf Twitter weiterzuverbreiten.

Es war nicht der erste Fehltritt des Vorsitzenden. Ein anderes Beispiel war die Äußerung, die CDU sei die "Alternative für Deutschland mit Substanz" - gut, eine Oppositionspartei will immer eine Alternative sein, das liegt in der Natur der Sache. Aber sich den gleichen Namen wie die Rechtspopulisten zu verpassen, warf Fragen auf. Es war klar, dass das Debatten auslösen würde. War das Absicht? Ist die CDU unter Merz wirklich ohne Wenn und Aber gegen die AfD? Dass einer wie Merz so etwas gedankenlos dahinsagt, erscheint unwahrscheinlich.

Das Gleiche gilt für das Sommerinterview, das Merz dem ZDF gab. Was er dort sagte, war in der Sache gar nicht so kontrovers. Er sagte, dass die CDU in den Städten und Gemeinden, mit der AfD zusammenarbeiten müsse, nur in Landtagen und im Bundestag sei das ausgeschlossen. Die einfache Logik dahinter: Wer im Gemeinderat die Renovierung eines Turnhallendachs oder das Befüllen von Schlaglöchern beschließen will, kann das nicht infrage stellen, nur weil die AfD auch dafür ist. Genauso handeln auch die anderen Parteien. Dass Merz aber dann davon sprach, dass "gemeinsam gestalten" müsse, klang das dann doch wieder nach Gemeinsamkeit als nach klarer Abgrenzung.

Trendbarometer-Werte mies

Dass diese Strategie, falls es überhaupt eine ist, beim Wahlvolk nicht ankommt, zeigte sich einmal mehr im aktuellen Trendbarometer von RTL und ntv. Die CDU steht in der Forsa-Umfrage nur noch bei 25 Prozent, die AfD bleibt bei 21 Prozent. Auch Merz' persönliche Beliebtheit ist katastrophal. Nur 17 beziehungsweise 19 Prozent würden ihn als Kanzler direkt wählen, je nachdem, ob Robert Habeck oder Annalena Baerbock für die Grünen anträte. Merz verlor dabei sogar noch einen Punkt im Vergleich zur Vorwoche. Da ist es ein schwacher Trost, dass auch Olaf Scholz nicht über 22 Prozent hinauskommt und dennoch im Kanzleramt sitzt.

Dabei wollte die Partei doch eigentlich inhaltlich durchstarten - das hatte Merz schon zum Jahresbeginn im ntv.de-Interview angekündigt und es seitdem regelmäßig betont. Dazu passte auch, dass er Mario Czaja als Generalsekretär absetzte und stattdessen Carsten Linnemann installierte. Der hatte bisher die Arbeit am Grundsatzprogramm geleitet und ist wesentlich angriffslustiger als sein Vorgänger. Er führte sich gleich öffentlichkeitswirksam ein mit Forderungen nach schnellen Prozessen gegen Freibad-Schläger. Damit bestätigte er die Erwartungen: Dass er auf den Putz hauen wird, auch mit Blick auf die eher bis sehr konservativen CDU-Sympathisanten.

Merz hätte dann eigentlich die Gelegenheit gehabt, selbst konzilianter aufzutreten. Das könnte hilfreich sein, um Wähler in der Mitte anzusprechen. Bisher ist es ihm nicht gelungen, weit über die Grenzen der CDU hinaus zu wirken. CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hatte genau diese Rollenverteilung im "ntv Frühstart" propagiert. Doch der Vorsitzende scheint darauf gar keine Lust zu haben. Stattdessen flirtete er absichtlich oder unabsichtlich mit der AfD und sein Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei forderte die Abschaffung des individuellen Asylrechts zugunsten fester Kontingente. Dass Merz selbst nun wieder mittiger auftreten würde, ist jedenfalls kaum wahrnehmbar.

Immerhin gibt es Versuche, inhaltliche Akzente zu setzen: Am Wochenende stellte Merz gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder einen Fünf-Punkte-Plan vor. Darin werden drängende Themen angesprochen: Energiekosten sollen sinken, neue Bürokratie soll gestoppt, Überstunden steuerfrei gestellt und die Grunderwerbsteuer abgesenkt sowie, das durfte nicht fehlen, das geplante Heizungsgesetz gestoppt werden.

Und plötzlich reden wieder alle über die K-Frage

Generalsekretär Linnemann warb damit, dass diese Maßnahmen sofort umgesetzt werden könnten. Die Idee schien gar nicht schlecht: Hätte dieser Fünf-Punkte-Plan Wirkung entfaltet, hätte die Union damit die Ampel vor sich hertreiben können. Wie gesagt: "hätte". Denn die Wirkung entfaltete sich bislang auch deshalb nicht, weil Söder in seinem Sommerinterview wieder der Lieblingsfrage der Hauptstadtpresse ein klein wenig Nahrung gab - wer wohl Kanzlerkandidat der Union werden wird.

Eigentlich ist Merz als CDU-Vorsitzender der natürliche Kandidat. Doch hinter den Kulissen wird eifrig diskutiert - NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst soll ebenfalls Ambitionen haben. Auch Söder ist ein Schattenkandidat. Sollte er bei der Landtagswahl in Bayern in zwei Monaten ein starkes Ergebnis holen, wäre er zumindest wieder im Gespräch. In der ARD sagte er zwar, er wolle nicht kandidieren. Doch machte er deutlich, dass Merz noch nicht gesetzt ist. So sagte er, die K-Frage solle erst im Herbst nach den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen entschieden werden. Das ließ aufhorchen, denn Merz sagt immer, das solle im Spätsommer geschehen.

Söder zufolge müssten die Ergebnisse dann "sehr genau analysiert" und "daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage" gefunden werden. So sehen Seitenhiebe aus. Merz mühte sich dann ab, den vermeintlichen Widerspruch zwischen Herbst und Spätsommer wegzumoderieren. Der Sommer ende ja erst am 23. September, argumentierte er. Das sei ja voraussichtlich nach den Wahlterminen in Ostdeutschland. Söder sage also das Gleiche wie er.

Olaf Scholz musste sich jedenfalls keine Mühe geben, aus seinem Urlaub in der Provence auf Attacken zu reagieren. Die Union war mit sich selbst beschäftigt.

Quelle: ntv.de

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