Jamaika-Verhandlungen in Berlin Nahles stört sich an "halbstarker" FDP
22.10.2017, 15:39 Uhr
Hat die FDP zurück in den Bundestag geführt: Christian Lindner.
(Foto: picture alliance / Kay Nietfeld/)
Mit markanten Sprüchen versuchen die Parteien, öffentlich ihre Forderungen für eine Jamaika-Koalition durchzubringen. Doch die FDP übertreibt es nach Ansicht von SPD-Fraktionschefin Nahles: Sie spricht vom Diktat des 10-Prozent-Lindners.
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles ärgert sich über das Auftreten der FDP in den Sondierungsgesprächen mit Union und Grünen. "Die Liberalen laufen schon wieder herum wie die Halbstarken", sagte Nahles der "Bild am Sonntag". Obwohl die Partei nur 10 Prozent bei der Bundestagswahl erreichte, habe man das Gefühl, dass ihr Vorsitzender Christian Lindner der ganzen Republik diktieren wolle, wo es lang gehe.
Die FDP warf Nahles im Gegenzug "Planlosigkeit" vor. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Marco Buschmann erklärte: "Wenn Freie Demokraten sich für das Programm einsetzen, für das wir gewählt wurden, dann nennt Andrea Nahles uns halbstark. Wenn sie selbst aber was von 'ab morgen kriegen sie in die Fresse' fabuliert, soll es verantwortungsvolle Politik sein?"
Union, FDP und Grüne hatten am Freitag erstmals in großer Runde über eine mögliche Jamaika-Koalition diskutiert. Aus Teilnehmerkreisen war anschließend von einem durchwachsenen Treffen die Rede. Es habe eine offene, konstruktive und konzentrierte Atmosphäre geherrscht, hieß es.
"Das wird noch haarig"
Nach Ansicht von FDP-Vize Wolfgang Kubicki stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Regierungsbildung nach wie vor bei 50 Prozent. Seine Zuversicht sei weder gestiegen noch gesunken, sagte er nach der ersten Sondierungsrunde. "Die inhaltlichen Differenzen sind nicht verschwunden, nur weil man sich etwas kennengelernt hat. Das wird in den nächsten Wochen noch haarig."
Dass noch dieses Jahr mit einer neuen Regierung gerechnet werden kann, hält Kubicki nicht für ausgeschlossen, aber eher für unwahrscheinlich. "Die Union hat drei Wochen vertrödelt, bis sie überhaupt zu Gesprächen eingeladen hat", erklärte er. In seinen Augen ist eine Einigung Mitte Januar wahrscheinlicher. Dann könnte Ende Januar eine Regierung stehen. "Der Weg ist noch sehr weit", sagte Kubicki. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir gemeinsam zum Ziel kommen."
Am kommenden Dienstag wollen sich die Parteien nach der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages zu ihrer zweiten großen Sondierungsrunde treffen. Dann sollen die schwierigen Themen intensiver beraten werden. Beispielsweise sperren sich die Grünen gegen Steuersenkungen, die Union und FDP ausdrücklich befürworten. Große Differenzen gibt es auch bei der Inneren Sicherheit, der Migrationspolitik und der Sicherung der EU-Außengrenzen.
Quelle: ntv.de, chr/dpa