Politik

"Brauchen Zeit zum Luftholen" Tsipras hat es doch nicht so gemeint

Alexis Tsipras fühlt sich seinen Wählern verpflichtet. Dennoch will er den griechischen Verpflichtungen gegenüber der EZB und dem IWF nachkommen.

Alexis Tsipras fühlt sich seinen Wählern verpflichtet. Dennoch will er den griechischen Verpflichtungen gegenüber der EZB und dem IWF nachkommen.

(Foto: AP)

Mit dem Rauswurf der Gläubiger-Troika sorgen die Griechen in ganz Europa für Schlagzeilen. Einen Tag später äußert sich der neue Ministerpräsident versöhnlicher. Man werde alle Verpflichtungen einhalten, versichert Tsipras. Doch er bedingt sich Zeit aus.

Nach der spektakulären Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der Gläubiger-Troika hat der neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras versöhnliche Töne angeschlagen. Niemand wolle Streit, und es sei niemals die Absicht seiner Regierung gewesen, "einseitig auf Griechenlands Schulden zu reagieren", versicherte der Linkspolitiker in einer zunächst an die US-Nachrichtenagentur Bloomberg gerichteten Erklärung, die dann auch an andere Medien verbreitet wurde. Darin bat Tsipras gleichzeitig um mehr Zeit für sein Reformprogramm.

Er fühle sich dem Mandat der griechischen Bevölkerung verpflichtet, die bisherige Sparpolitik durch eine Wachstumspolitik zu ersetzen, erklärte Tsipras. Dies habe jedoch "keineswegs zur Folge, dass wir unseren Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Zentralbank oder dem Internationalen Währungsfonds nicht nachkommen werden". Vielmehr bedeute es, "dass wir Zeit zum Luftholen brauchen, um unser eigenes mittelfristiges Programm zur Erholung" von Wirtschaft und Finanzen aufzustellen. Dazu zählten unter anderem radikale Maßnahmen gegen Steuerflucht, Korruption, Klientelpolitik sowie für einen ausgeglichenen Haushalt.

Tsipras äußerte sich zuversichtlich, andere europäische Regierungen für seine Anti-Austeritäts-Politik gewinnen zu können. Die Beratungen hätten gerade erst begonnen, doch sei er "überzeugt, dass wir bald eine für alle Seiten förderliche Übereinkunft finden werden", von der nicht nur Griechenland profitiere, sondern "Europa als Ganzes".

Varoufakis trifft Amtskollege in Paris

Ähnlich hatte sich bereits Finanzminister Giannis Varoufakis geäußert. Nachdem er der Troika aus IWF, EZB und EU-Kommission am Freitag mit scharfen Worten die Tür gewiesen hatte, sagte er am Abend der BBC, "alles, was wir von unseren Partnern verlangen, sind einige Wochen Zeit, um sinnvolle und vernünftige Vorschläge zu erarbeiten". Varoufakis und Tsipras reisen in den nächsten Tagen nach Frankreich, Zypern und Italien, um für ihre Politik zu werben. Ein Stopp in Berlin ist nicht vorgesehen.

Am Sonntag will Varoufakis in Paris mit französischen Regierungsvertretern sprechen. Nach Angaben seines französischen Kollegen Michel Sapin wollen die beiden Finanzminister am Nachmittag zu einem anderthalbstündigen Treffen zusammenkommen.

Schulz alarmiert

Europaparlamentspräsident Martin Schulz zeigte sich unterdessen alarmiert von Varoufakis' Ankündigung, mit der Troika nicht mehr zusammenzuarbeiten und das noch bis Ende Februar laufende Hilfsprogramm vorzeitig zu beenden. "Wenn die griechische Regierung wirklich nicht mehr mit den Geldgebern auf der bisherigen Grundlage zusammenarbeiten will, dann halte ich das für verantwortungslos", sagte Schulz der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Über neue Formen der Zusammenarbeit müsse verhandelt werden, "das geht nur auf dem Wege des Konsenses und nicht der Provokation".

Die einseitigen Ankündigungen des griechischen Finanzministers passten nicht in das Bild, das er sich vergangenen Donnerstag bei seinem Gespräch mit Tsipras über die griechische Regierung gemacht habe, sagte der SPD-Politiker weiter. Er fügte hinzu: "Vielleicht bringt Alexis Tsipras nochmal Ordnung in seine Regierung".

Quelle: ntv.de, nsc/AFP

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