
Am 13. September empfing Wladimir Putin den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un am Weltraumbahnhof Wostotschny.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
In den vergangenen Tagen terrorisiert Russland die Ukraine mit so vielen Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern wie nie - und setzt erstmals ballistische Raketen aus Nordkorea ein. Die Ukraine hat es kommen sehen: Ein Sabotageakt auf die russische Eisenbahn sollte die Lieferung stoppen.
Im September rollt der gepanzerte Zug von Kim Jong Un in Russland ein. Am Weltraumbahnhof Wostotschny im Fernen Osten trifft er zum ersten Mal seit 2019 auf den russischen Präsidenten. Russland werde Nordkorea beim Bau von Satelliten helfen, erklärt Wladimir Putin kurz nach der Begrüßung, worum es bei dem Treffen gehen soll. "Der Führer der Demokratischen Volksrepublik Korea zeigt großes Interesse an der Raketentechnologie und versucht, seine Präsenz im Weltraum auszubauen." Das sei der Grund, warum der Weltraumbahnhof als Treffpunkt ausgewählt worden sei.
Man kann mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass sich die russische Technologiehilfe nicht auf das nordkoreanische Raumfahrtprogramm beschränkt, sondern auch ballistische Raketen und andere Waffensysteme wie Atom-U-Boote betrifft. Umsonst ist die russische Hilfe ganz sicher nicht: Regierungen und Geheimdienste in den USA, Europa und der Ukraine sind überzeugt, dass Putin für seine Unterstützung eine Gegenleistung erwartet - und auch bekommt, wie der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA am John Kirby am Donnerstag erklärte: "Unsere Informationen deuten darauf hin, dass die Demokratische Volksrepublik Korea Russland kürzlich ballistische Raketenwerfer und mehrere ballistische Raketen zur Verfügung gestellt hat."
Kim sagt russischen Sieg voraus
Die Raketen sollen eine Reichweite von etwa 900 Kilometern haben. Mindestens eine davon hätten die russischen Streitkräfte am 30. Dezember auf die Ukraine abgeschossen, sagte Kirby. "Diese Rakete scheint auf einem offenen Feld in der Region Saporischschja gelandet zu sein." Am 2. Januar habe Russland erneut mehrere ballistische Raketen aus Nordkorea auf die Ukraine abgefeuert, führte er aus.
Welchen Schaden die einzelnen Raketen angerichtet haben, lässt sich nur schwer beurteilen. Sicher scheint, dass es nicht die letzten waren, die Russland einsetzen wird: "Wir gehen davon aus, dass Russland und Nordkorea aus diesen Raketenstarts lernen werden, um die zivile Infrastruktur der Ukraine ins Visier zu nehmen und unschuldige ukrainische Zivilisten zu töten", mahnte Kirby.
Offiziell bestreiten Nordkorea und Russland nach wie vor jegliche Waffengeschäfte, doch dass Kim Jong Un beim Krieg in der Ukraine an der Seite von Wladimir Putin steht, daran lässt er keinen Zweifel: "Ich bin tief überzeugt davon, dass die heldenhafte russische Armee und das Volk glänzend die Siegestradition übernehmen werden und ihre Ehre und ihren Ruhm an den Fronten der militärischen Spezialoperation demonstrieren", sagte Kim bei seinem Besuch im September einen russischen Sieg voraus.
Doppeltreffer des SBU
Für die Ukraine kommt die nordkoreanische Militärhilfe alles andere als überraschend. Mutmaßlich hat sie bereits vor zwei Monaten versucht, diese mit einem Sabotageakt an der mongolischen Grenze zu unterbinden: Am 29. November sollen Partisanen im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes SBU den mehr als 15 Kilometer langen Seweromuisker Tunnel im fernöstlichen Burjatien in die Luft gesprengt haben, als ein Güterzug hindurchfuhr.
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Als Umgehungsstrecke legte Russland eine alte Bahnstrecke fest, die über eine 35 Meter hohe Brücke führte. Auch damit schien der ukrainische Geheimdienst gerechnet zu haben: Nur einen Tag nach dem Tunnel wurde auch die Brücke in die Luft gesprengt, als ein Güterzug darüberfuhr.
"Ein sinnvoller Angriff", erklärt Dmytro Jefremow im "Wieder was gelernt"-Podcast von ntv.de. Denn die Strecke sei ein Flaschenhals, sagt der Professor für Internationale Beziehungen an der Nationalen Universität Kiew-Mohyla-Akademie - nicht nur für chinesische Waren und Transporte zu den russischen Pazifikhäfen, sondern auch für nordkoreanische Waffenlieferungen.
1000 Container voller Waffen
Im Oktober hatte die US-Regierung Satellitenbilder veröffentlicht, die nordkoreanischen Lieferungen von Artilleriemunition, Panzerabwehrraketen, gepanzerten Fahrzeugen und augenscheinlich auch ballistischen Raketen an Russland belegen sollen. Es handle um mehr als 1000 Container mit militärischer Ausrüstung und Munition, hieß es aus dem Weißen Haus.
Der Ablauf war demnach wie folgt: Die Container wurden von Mitte August bis Anfang Oktober im nordkoreanischen Hafen Rajin auf Schiffe verladen und zum russischen Pazifikhafen Dunai verschifft. Von dort wurden sie auf der Schiene zu einem Munitionslager bei Krasnodar in der Nähe der ukrainischen Grenze gebracht - zu diesem Schluss kam die britische Denkfabrik Rusi, das Royal United Services Institute, nach der Auswertung der Bilder.
Eisenbahnstrecke ist überlastet
Doch die Eisenbahnverbindungen von der russischen Pazifikküste zur Fron in der Ukraine sind begrenzt. Die bekannteste ist die Transsibirische Eisenbahn: Die weltweit längste Eisenbahnstrecke führt von Wladiwostok aus einmal quer durch Russland bis nach Moskau. Auf mehr als 9000 Kilometer folgt sie weitgehend dem russischen Grenzverlauf und schlängelt sich entlang der chinesischen, der mongolischen und später auch der kasachischen Grenze.
Diese Transportwege sind allerdings "überlastet", hatte ein russischer China-Experte bereits vor Monaten gewarnt. Denn nach dem Angriff auf die Ukraine hat Russland im Westen so gut wie alle Wirtschaftspartner verloren. Die verbliebenen Abnehmer für Waren und vor allem Rohstoffe wie Gas und Öl sitzen im Fernen Osten, wo auch die nordkoreanischen Waffen herkommen. Für diesen sehr ostlastigen Handelsstrom ist die russische Infrastruktur aber nicht ausgebaut. Als Entlastung wurden deshalb zunehmend Transporte über die Baikal-Amur-Magistrale mit dem Seweromuisker Tunnel abgewickelt, die nördlich der Transsibirischen Eisenbahn. Das ist der Schwachpunkt der russischen Militärlogistik. Die Ukraine weiß das.
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Quelle: ntv.de