Beschwerde über SPD, CDU und Co. Zur Wahl-Beeinflussung: Parteien sollen Facebook illegal genutzt haben
21.03.2023, 11:08 Uhr
Soziale Netzwerke und ihre Möglichkeiten sind für politische Parteien ein Segen. Einige Möglichkeiten sollen laut Aktivisten jedoch gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen.
(Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto)
Facebook ist immer noch eines der mächtigsten sozialen Netzwerke der Welt mit Millionen Nutzern. Über das Medium soll die US-Wahl 2016 beeinflusst worden sein - und auch zur Bundestagswahl 2021 wird seit Längerem über Ungereimtheiten berichtet. Eine Organisation reicht nun Beschwerde ein.
Die internationale Datenschutz-Organisation noyb hat im Namen von mehreren deutschen Staatsbürgern beim Berliner Landesdatenschutzbeauftragten Beschwerde gegen sechs Parteien eingereicht. Betroffen sind die CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD, Die Linke sowie die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP). In den Beschwerden wird den Parteien vorgeworfen, die Betroffenen im Bundestagswahlkampf 2021 rechtswidrig mit personalisierten Wahlversprechen angesprochen zu haben.
Die Parteien sollen dabei das sogenannte Microtargeting auf Facebook verwendet haben, also das gezielte Ausspielen von Werbung an bestimmte Personengruppen. Facebook habe dabei im Hintergrund die politischen Ansichten der Nutzerinnen und Nutzer ausgewertet. Damit hätten sowohl die Parteien, als auch das soziale Netzwerk gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen, erklärte Max Schrems. Der österreichische Jurist ist Gründer der europäischen Datenschutz-Organisation noyb ("none of your business").
Datenauswertungen von noyb hätten ergeben, dass bei der Bundestagswahl 2021 Facebook-User gezielt mit politischer Werbung adressiert wurden. Das "ZDF Magazin Royale" berichtete bereits kurz vor dem Urnengang in einer Sendung mit Jan Böhmermann über Microtargeting im Wahlkampf. Dies sei laut noyb per se zwar nicht verboten. Allerdings seien politische Meinungen nach Artikel 9 der DSGVO besonders geschützt und dürften nicht Grundlage einer gezielten Werbeansprache sein.
Daten machen Manipulation möglich
"Die DSGVO schützt Daten zur politischen Einstellung von Personen besonders streng", sagte Felix Mikolasch, Datenschutzjurist bei noyb. "Solche Daten sind nicht nur extrem sensibel, sondern erlauben auch großflächige Manipulation von Wählern, wie Cambridge Analytica gezeigt hat."
Cambridge Analytica war eine britische Datenanalysefirma, die persönliche Daten von Millionen von Facebook-Nutzern ohne deren Zustimmung gesammelt hatte. Das Unternehmen verwendete diese Daten unter anderem im Umfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016 und der britischen Brexit-Abstimmung, um psychografische Profile der betroffenen Nutzer zu erstellen und gezielte politische Werbung zu betreiben.
In den Beschwerden beim Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit fordern die Betroffenen, dass ein Verstoß der Parteien gegen die DSGVO festgestellt wird. Außerdem sollen die politischen Akteure dazu verpflichtet werden, die personenbezogenen Daten der Beschwerdeführer nicht weiterzuverarbeiten. Außerdem verlangen die Betroffenen, dass die Behörde eine "wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Geldbuße" gegen die Parteien verhängen.
Quelle: ntv.de, rog/dpa