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Recht verständlich Kann die Kündigung zurückgenommen werden?

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Doch lieber beim alten Job bleiben? Nach einer rechtsgültigen Kündigung muss man wahrscheinlich mit der Entscheidung leben.

Doch lieber beim alten Job bleiben? Nach einer rechtsgültigen Kündigung muss man wahrscheinlich mit der Entscheidung leben.

(Foto: Christin Klose/dpa-tmn)

Ein Arbeitnehmer kündigt fristgemäß sein Arbeitsverhältnis. Wenige Tage später bereut er das und nimmt die Kündigung per E-Mail zurück. Der Arbeitgeber verweigert die Weiterbeschäftigung - zu Recht?

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen (Az.: 5 Sa 243/22) urteilte, dass ein Arbeitnehmer seine Kündigung nicht einseitig zurücknehmen könne. Rechtlich stelle die "Rücknahme" einer Kündigung lediglich ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dar, das aber durch die andere Vertragspartei auch angenommen werden müsse. Allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber auf eine per E-Mail mitgeteilte Kündigungsrücknahme nicht antwortet und den Mitarbeiter während der Kündigungsfrist weiterarbeiten lässt, stellt keine stillschweigende Annahme des Fortsetzungsangebots dar.

Wie war der Fall?

Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

Das LAG entschied über den Fall eines Schichtmeisters, der nach über 20 Jahren Tätigkeit für das Unternehmen sein Arbeitsverhältnis kündigte, und zwar "fristgemäß zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist".

Keine zwei Wochen später bereute er dies und erklärte per E-Mail, dass er die Kündigung zurücknehme. Die Arbeitgeberseite antwortete weder auf diese Mail noch auf eine weitere Erinnerungsmail. Der Mitarbeiter arbeitete ganz normal weiter und argumentierte später, dass er deshalb davon ausgegangen sei, dass alles beim Alten bleibe und die Rücknahme der Kündigung damit akzeptiert worden sei. Im November - das war der siebte Monat seit Kündigungszugang im April - teilte ihm sein Vorgesetzter mit, dass er aufgrund seiner Eigenkündigung zum Ende des Monats ausscheide, ab sofort noch Resturlaub habe und daher seinen Schlüssel, Werksausweis und das Diensthandy herausgeben solle.

Die Kündigungsfrist betrug laut Arbeitsvertrag drei Monate zum Quartalsende und die Klausel verwies auf die Geltung der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des Paragraf 622 Absatz 2 BGB ausdrücklich für beide Parteien. Bei einer über 20-jährigen Beschäftigungszeit gilt demnach eine Kündigungsfrist von sieben Monaten. Bei einer Kündigung im April also zum Ende November. Der Schichtmeister klagte auf Weiterbeschäftigung ab Dezember.

Das Urteil

Das LAG entschied gegen den Arbeitnehmer. Der Kern der Begründung ist einfach: Eine Kündigung ist eine Kündigung - das gilt für beide Arbeitsvertragsparteien. Durch eine Kündigung wird - bildlich gesprochen - das "Vertragsband" zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einseitig und endgültig "zerschnitten". Eine Kündigung sollte deshalb wohlüberlegt sein. Bereut man die Kündigung, dann benötigt die kündigende Vertragspartei die Zustimmung der anderen Partei zur Rücknahme der Kündigung und der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Hierzu besteht aber keine Verpflichtung.

Die Begründung

Eine "Kündigungsrücknahme" ist rein rechtlich also immer nur ein Angebot auf Fortsetzung des Vertrages, das man annehmen kann, aber nicht muss. Hier gab es weder eine ausdrückliche noch konkludente Annahme des Arbeitgebers. Das LAG hielt die Arbeitsvertragsklausel, die grundsätzlich eine Kündigungsfrist von drei Monaten vorsah und im Übrigen auf die Fristen des Paragrafen 622 Absatz 2 BGB verwies, für üblich, transparent und wirksam.

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Dass der Schichtmeister offenbar von der kürzeren Frist ausging (das wäre ein Ende per 30. September gewesen) und dann spätestens im Oktober dachte, es ginge alles normal weiter, half ihm nicht. Denn bei einer Kündigungsfrist bis Ende November (sieben Monate) kann natürlich in das schweigende "Weiterarbeitenlassen" ab Oktober durch die Arbeitgeberseite kein besonderer Erklärungswert hineininterpretiert werden. Es war schlicht die Umsetzung der Eigenkündigung des Mitarbeiters. Denn zur Arbeit während der Kündigungsfrist war der Arbeitnehmer verpflichtet.

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

Quelle: ntv.de

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