Ratgeber

Werbeversprechen ist tabu Bier darf nicht "bekömmlich" sein

 "Alkohol macht mehr kaputt, als du denkst" warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

"Alkohol macht mehr kaputt, als du denkst" warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

(Foto: dpa)

Mit welchen Begriffen darf man für Bier werben? Mit der Bezeichnung "bekömmlich" auf jeden Fall nicht. Denn das EU-Recht verbietet für Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol Angaben, die eine Verbesserung des Gesundheitszustands suggerieren.

Käufer von Lebensmitteln werden heiß umworben: Die Vorgaben für Bezeichnungen wie "kalorienarm" oder "reich an Vitaminen" sind äußerst streng. In der Europäischen Union ist das in der sogenannten Health-Claims-Verordnung geregelt. Um deren Auslegung stritten die Brauerei Härle aus dem Allgäu und ein Berliner Verband vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Der Verband sah in dem Begriff "bekömmlich" unlauteren Wettbewerb und setzte sich am Donnerstag nun erneut durch. Härle darf mit dem Adjektiv weiterhin nicht werben.

Worum ging es bei dem Rechtsstreit?

Die Brauerei mit 30 Beschäftigten hatte auf ihrer Internetseite drei Biersorten mit dem Begriff "bekömmlich" beworben. Der Begriff werde seit 1902 verwendet und stehe für Wohlbefinden, sagte Chef Gottfried Härle. Außerdem stehe das Wort für eine "reine Qualitätsaussage". Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) aus Berlin hingegen sah darin eine "gesundheitsbezogene Angabe", und diese sei nach EU-Recht im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken nicht erlaubt. Deshalb zog der Verband im Sommer 2015 vor das Landgericht Ravensburg und verklagte das Unternehmen auf unlauteren Wettbewerb. Das Landgericht untersagte daraufhin die Werbung.

Wie argumentiert der Verband?

Die Wettbewerbschützer berufen sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2012. Damals ging es um das Thema Wein. Winzer dürfen dem Richterspruch zufolge nicht mit Werbeslogans wie "bekömmlich", "sanfte Säure" oder "Edition Mild" für ihren Wein werben. Das seien gesundheitsbezogene Angaben, die auf den geringen Säuregehalt und die leichtere Verdaulichkeit hinwiesen, aber die Gefahren beim Trinken von Alkohol verschwiegen (Rechtssache C-544/10).

Das EU-Recht verbietet für Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol Angaben, die eine Verbesserung des Gesundheitszustands suggerieren. Zum Schutz der Verbraucher dürfen Hersteller weder auf dem Etikett noch in der Werbung solche Begriffe verwenden. Ist das EuGH-Urteil auf den vorliegenden Fall anwendbar? Die Stuttgarter Richter bejahten das. Dem Urteil lasse sich in allgemeiner Form entnehmen, dass Angaben zu den von der Verordnung erfassten alkoholischen Getränken frei von jeder Mehrdeutigkeit sein müssten. Nach den gängigen Wörterbüchern sei der umstrittene Begriff gleichzusetzen mit "zuträglich", "leicht verdaulich" oder "gesund", urteilte der Zivilsenat. Auch der Begriff "zuträglich" schließe nicht nur ein allgemeines Wohlbehagen ein. Er sei im Sinne eines "Langzeitversprechens" zu verstehen, dass das beworbene Lebensmittel auch bei längerem Konsum in keiner Weise schade.

Wie geht es nun juristisch weiter?

Brauereichef Härle zeigte sich enttäuscht über das Urteil. Er ließ offen, ob er die Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof anfechten will. Das Oberlandesgericht hat die Revision zugelassen. Welche anderen Möglichkeiten gibt es sonst noch? Der Zivilsenat wies darauf hin, dass Härle eine Ausnahmegenehmigung bei der EU beantragen könne, um den Begriff weiterzuverwenden. Danach könne für Bezeichnungen, die "traditionell zur Angabe einer Eigenschaft einer Kategorie von Lebensmitteln oder Getränken verwendet werden und die auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten könnten", eine Ausnahme vom Verbot zugelassen werden. Diese Variante wolle er prüfen, sagte Härle.

Quelle: ntv.de, Oliver Schmale, dpa

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