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Trotz pöbelndem Pfleger Fast Hundertjährige darf in Wohnung bleiben

In diesem Haus in Schwabing lebt die Frau seit den 50er Jahren.

In diesem Haus in Schwabing lebt die Frau seit den 50er Jahren.

(Foto: dpa)

Eine 97-Jährige soll nach über 60 Jahren ihre Wohnung räumen. Grund: der Pfleger, an den sie untervermietet hat, beschimpft die Vermieterin wüst. Eigentlich ein Kündigungsgrund. Doch der BGH entscheidet anders.

Mieter, die ihre Pflichten schwer verletzten, können nicht in jedem Fall außerordentlich gekündigt werden. Wenn schwerwiegende persönliche Härtegründe vorliegen, müssen diese berücksichtigt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Das Gericht lässt damit eine 97-jährige demente Frau vorerst weiter in ihrer Münchener Mietwohnung leben - obwohl ihr Betreuer die Vermieterin massiv beleidigt hatte.

Falls sich der Gesundheitszustand der bettlägerigen Mieterin durch Kündigung und Auszug verschlechtere oder gar Lebensgefahr drohe, habe deren Wohl Vorrang vor dem Interesse der Vermieterin an einer Kündigung, erklärte der BGH. (Az. VIII ZR 73/16)

Der Fall kam wegen seiner besonderen Konstellation bis vor den BGH: Die beklagte Frau wohnt seit mehr als 60 Jahren in einem Mietshaus in München-Schwabing. Neben ihrer Dreizimmerwohnung mietete sie eine im selben Stockwerk gelegene Einzimmerwohnung an, die sie ihrem Pfleger, einem Iraker, überließ. Der Mann pflegt die Frau seinen Worten zufolge seit 17 Jahren "wie eine eigene Großmutter" und wurde deshalb 2007 von Gericht zum Pfleger bestellt. Gegenüber der Vermieterin zeigte er sich allerdings weniger freundlich. Mit  ihr geriet er so sehr in Streit, dass er sie und die Hausverwaltung unter anderem als "Terroristen" und "Nazis" beschimpfte.

Gericht muss Einzelfall genau prüfen

Solch grobe Beleidigungen rechtfertigen zwar grundsätzlich eine Kündigung, das sah auch der BGH so. Das Gesetz verlange aber dabei die "Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls". Im konkreten Fall müsse deshalb abgewogen werden, ob das hohe Alter der Beklagten sowie ihre Bettlägerigkeit und Pflegebedürftigkeit gegen einen Auszug sprächen, weil dies den Gesundheitszustand der Frau verschlechtern könnte.

Nun muss die Vorinstanz prüfen, inwieweit die Frau auf die Betreuung durch ihren Pfleger in ihrer bisherigen Umgebung angewiesen ist. Wenn bei einem Wechsel oder einem Umzug schwerste Gesundheitsschäden drohen würden, dann sind der Vermieterin die Hände gebunden.

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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