Recht verständlich Gehaltskürzung für miese Mitarbeiter?
15.04.2016, 09:36 UhrManche Mitarbeiter machen viele Fehler, arbeiten nicht schnell genug, sind schlechter als der Durchschnitt – kann der Arbeitgeber bei einer Schlechtleistung dann auch die Gegenleistung kürzen und weniger oder bei zu vielen Fehlern gar kein Gehalt auszahlen?
Arbeitnehmern, die unterdurchschnittliche Leistungen erbringen, kann in der Regel nicht das Gehalt gekürzt oder dieses gar ganz einbehalten werden. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Sachsen-Anhalt entschieden (Az.: 6 Sa 188/14). Arbeitgeber, die Entgelt nicht oder nicht rechtzeitig zahlen, riskieren zusätzlich zu einer Zahlungsklage auch noch einen pauschalen Verzugsschadensersatzanspruch iHv 40 EUR des Mitarbeiters, der diese Schadenshöhe nicht beweisen muss. Dies gilt gemäß Paragraf 288 Absatz 5 BGB für alle Arbeitsleistung ab dem 1. Juli 2016 und bereits jetzt für alle Arbeitsverhältnisse, die nach dem 28. Juli 2014 begründet wurden.
In dem dieser LAG-Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte ein Arbeitgeber für zwei Monate nur Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer an die zuständigen Stellen abgeführt, aber dem Mitarbeiter kein Nettogehalt ausgezahlt. Der Arbeitgeber war von den Arbeitsergebnissen des Mitarbeiters als kaufmännischer Angestellter enttäuscht. Er habe die ihm im Bereich der Personalsachbearbeitung und Lohnabrechnung übertragenen Aufgaben nur mangelhaft erfüllt, so dass andere Mitarbeiter die Arbeitsergebnisse hätten korrigieren müssen, so der Vorwurf. Der Mitarbeiter sei mit seinen Aufgaben offensichtlich überfordert. Da der Arbeitgeber deshalb keinerlei Mehrwert in der Leistung des Arbeitnehmers sah, wollte er dafür auch kein Gehalt zahlen.
Zu Unrecht, wie das LAG Sachsen-Anhalt entschied. Ein Arbeitnehmer schuldet – anders als zum Beispiel ein Werkunternehmer – grundsätzlich nicht einen konkreten Erfolg, sondern er muss "Dienste leisten". Für diese Dienste, die nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auch nur durchschnittlich sein müssen, ist er auch bei Fehlern vollständig zu bezahlen.
Demnach darf der Arbeitgeber nicht einfach das Gehalt kürzen. Er kann bei konkret nachweisbaren Fehlern oder Missachtung von Weisungen den Mitarbeiter je nach Einzelfall ermahnen oder abmahnen, im Wiederholungsfall auch kündigen. Und – darauf wies auch das LAG hin – wenn durch Fehler des Arbeitnehmers Schäden entstehen, dann kann der Arbeitgeber diese unter Umständen mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen. Das heißt, er kann diese grundsätzlich nur oberhalb der Pfändungsfreigrenze vom Gehalt abziehen und ausdrücklich die Aufrechnung gegenüber dem Mitarbeiter erklären. Auch dies ist aber nur in wenigen Fällen zulässig, denn die Rechtsprechung hat im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses besondere Grundsätze für die eingeschränkte Haftung eines Arbeitnehmers entwickelt.
So haftet der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit in der Regel nicht, bei Vorsatz (der schwer nachzuweisen ist) oder grober Fahrlässigkeit in der Regel voll und bei allen anderen Fahrlässigkeitsstufen je nach Einzelfall meist allenfalls anteilig. Auch die Gehaltshöhe ist hierbei zu berücksichtigen – denn ein Arbeitnehmer soll durch einen mittleren Fehler bei seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber nicht in den Ruin getrieben werden.
Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel MM ist Partnerin der Kanzlei FPS.
Quelle: ntv.de