Hier drohen Einschränkungen Ist die Betriebsrente sicher?
28.04.2016, 07:07 Uhr
Arbeitgeber müssen sich an ihre Zusagen halten - unter wirtschaftlichem Druck können Versprechen aber eingeschränkt werden.
(Foto: imago/MiS)
Dass die gesetzlichen Renten sicher sind, glaubt heute ohnehin fast keiner mehr. Doch auch auf Betriebsrenten ist nicht unbedingt Verlass. Wer Ansprüche aus Direktzusagen hat, sollte dem (Ex-)Arbeitgeber auf die Finger gucken.
Bis zu 1000 Euro Zusatzrente für Flugbegleiter, 4000 Euro für Piloten - Angestellte der Lufthansa mussten sich um ihre Altersvorsorge lange keine Sorge machen. Der Konzern stattete sie mit üppigen Betriebsrenten aus. Eine Fürsorge, die auch viele andere Großkonzerne ihren Mitarbeitern zuteil werden lassen, wenn auch meist in geringerem Ausmaß. Die Rentenversprechen gibt es immer noch, nur wird es zunehmend schwieriger, sie einzuhalten.
Das liegt zum einen an der demografischen Entwicklung. Weil Menschen immer länger leben, müssen auch die Renten länger fließen. Zum anderen bringt die anhaltende Niedrigzinsphase die Arbeitgeber unter Druck. Es wird immer schwerer, die vorhandenen Rücklagen zu vermehren. Was heißt das für die betroffenen Arbeitnehmer? Können ihnen die Firmen die versprochenen Betriebsrenten einfach zusammenstreichen? Und womit müssen diejenigen rechnen, die heute schon Betriebsrenten beziehen? Was, wenn der (Ex-)Arbeitgeber Pleite geht?
Verschiedene Durchführungswege
Zunächst mal kommt es darauf an, auf welche Art die Firma die betriebliche Altersvorsorge organisiert hat. Denn vom Durchführungsweg hängt es ab, wie sicher das Geld bei einer Firmenpleite ist. Kleinere Betriebe und Mittelständler schließen für ihre Mitarbeiter oft Direktversicherungen ab, die in der Regel durch Entgeltumwandlung bespart werden. Dann organisiert eine externe Versicherung die Altersvorsorge. Wenn es dem Arbeitgeber schlecht geht, ist die Rente nicht in Gefahr. Falls die Versicherung ins Taumeln gerät, springt die Sicherungseinrichtung Protektor ein. Ähnlich läuft das bei den Pensionskassen. Sie werden von verschiedenen Lebensversicherern angeboten und organisieren die Altersvorsorge für einzelne Firmen oder auch gleich für ganze Branchen. Auch hier zahlt Protektor die Rente, wenn die Pensionskasse Insolvenz anmeldet.
Pensionsfonds sind dagegen selbständige Versorgungseinrichtungen, die von einzelnen Firmen unterhalten werden. Geht der Arbeitgeber Pleite, besteht der Pensionsfonds erstmal weiter. Kippt auch der Fonds, springt der Pensions-Sicherungs-Verein ein und zahlt die Rente.
Großunternehmen und Konzerne setzen oft auch auf hauseigene Unterstützungskassen. Andere Unternehmen lagern die Altersvorsorge überhaupt nicht aus, sondern geben eine Direktzusage. Dann soll die Rente aus dem Betriebsvermögen gezahlt werden. Solange es den Firmen gut geht, funktionieren die beiden Systeme. Doch wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet, trifft das direkt auch die künftigen und heutigen Betriebsrentner. Dann kommt der Pensions-Sicherungsverein zum Zuge, den die Mitglieder jedes Jahr mit Beiträgen speisen müssen. Das Problem: Der Pensions-Sicherungs-Verein wird erst aktiv, wenn die Firma tatsächlich Konkurs angemeldet hat. Die Renten werden zwar rückwirkend erstattet, im Ernstfall müssen Betriebsrentner aber erstmal monatelang ohne Zahlungen auskommen.
Kein Inflationsausgleich

Bei einer Firmenpleite werden die Renten durch Sicherungseinrichtungen aufgefangen.
(Foto: imago stock&people)
Zudem werden Renten, die der Pensions-Sicherungsverein zahlt, nicht mehr an die Inflation angepasst. Das ist bei Unterstützungskassen und Renten aus dem Betriebsvermögen nämlich sonst üblich - oder zumindest vorgeschrieben. Alle drei Jahre muss der Arbeitgeber prüfen, ob eine Anpassung der Renten nötig ist. Anhaltspunkte sind die Lohnentwicklung im Unternehmen oder der Verbraucherpreisindex. Damit ist aber nicht garantiert, dass die Rente tatsächlich steigt. Die Anpassung ist eine Ermessensentscheidung. Kann sich die Firma keine höheren Zahlungen leisten, dann muss sie diese auch nicht bewilligen. Mitteilen muss sie das den Betriebsrentnern nicht.
Vielen Arbeitnehmern und Rentnern ist nicht klar, dass die Betriebsrente eine Holschuld ist. Sie müssen die Rentenanpassung gegebenenfalls aktiv einfordern. Die Stiftung Warentest rät Betriebsrentnern deshalb, unbedingt die Dreijahresfrist im Blick zu behalten und nachzuhaken, wenn sie von der Firma nichts hören. Entsprechende Musterbriefe findet man auf test.de. Lehnt der Ex-Arbeitgeber eine Erhöhung ab, kann man Widerspruch einlegen. Als letzte Konsequenz bleibt der Gang vors Gericht. Erstreitet man sich dort ein Urteil, gilt das aber nur für einen selbst und nicht für alle anderen Betroffenen. Denn es gehört zum Charakter einer Holschuld, dass sie individuell beantragt werden muss.
Ein Beispiel zeigt, dass es sich durchaus lohnt, hinter der Rentenerhöhung her zu sein. Selbst bei einer schwachen Inflationsrate von 1,5 Prozent hat eine Betriebsrente von 1000 Euro nach zehn Jahren nur noch eine Kaufkraft von gut 860 Euro. Im Schnitt werden Betriebsrenten rund 20 Jahre gezahlt. Nach diesem Zeitraum liegt die Kaufkraft bei knapp über 740 Euro. Real ist die Rente als gut ein Viertel weniger wert. Bei einer Inflationsrate von 2 Prozent würde die Kaufkraft in 20 Jahren auf etwa 670 Euro schrumpfen.
Wenn die Firma einfach verschwindet
Dass die Betriebsrente eine Holschuld ist, hat auch weitere Folgen: Arbeitnehmer müssen sich aktiv darum kümmern, dass das Geld an sie ausgezahlt wird. Wenn man bis zum Renteneintritt beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt war, ist das normalerweise kein Problem. Heikel wird es dann, wenn man die frühere Firma aus den Augen verliert. Wurde das Unternehmen zwischenzeitlich verkauft, haftet der neue Besitzer für die Rentenverpflichtungen. Doch wehe, die Firma wird später aufgelöst. Dann müssen die Liquidatoren zwar die Rentenansprüche auffangen - aber nur, wenn sich die ehemaligen Arbeitnehmer rechtzeitig gemeldet haben. Die jedoch erfahren oft gar nichts vom Verschwinden ihres früheren Arbeitgebers. Die Liquidatoren müssen einen sogenannten Gläubigeraufruf im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen. Doch wer liest den schon? Nach Ablauf eines Sperrjahres kann die Firma gelöscht werden und wer bis dahin keine Forderungen angemeldet hat, geht leer aus.
Solange man noch bei der Firma arbeitet, die einem eine Betriebsrente verspricht, hat man die Forderungen natürlich im Blick. Doch auch hier kann man sich nicht uneingeschränkt auf die Zusagen verlassen. Gerät die Firma in finanzielle Schwierigkeiten, kann sie die Versorgungsordnung anpassen - allerdings nicht nach eigenem Gutdünken. Ansprüche, die man sich schon erarbeitet hat, kann der Arbeitgeber allenfalls im äußersten Notfall zusammenstreichen. Leistungen, die erst in Zukunft entstehen, kann das Unternehmen kappen, wenn es unter erheblichem wirtschaftlichen Druck steht. Tragen Mitarbeiter selbst per Entgeltumwandlung zu ihrer Rente bei, darf dieser Teil aber nicht angetastet werden.
Quelle: ntv.de