Ratgeber

"Für Waffen, Koks und Nutten" Lesen Banken bei Überweisungen mit?

Hauptsache, der Empfänger weiß Bescheid.

Hauptsache, der Empfänger weiß Bescheid.

"Waffenfähiges Plutonium" mag ein origineller Verwendungszweck bei einer Überweisung sein, doch bei der Bank kommt der Scherz nicht allzu gut an. Viele Kunden ahnen nicht, dass ihre Zahlungsaufträge nicht nur vom Empfänger gelesen werden.

Die "sexuellen Gefälligkeiten" sind fast schon ein Klassiker unter den Verwendungszwecken im Überweisungsformular. Bußgelder, Unterhalt oder GEZ-Beiträge kommentieren frustrierte Zahler auch schonmal mit "Ein herzliches Fuck you!" oder ähnlichen Despektierlichkeiten. Das könnte freilich eine Anzeige wegen Beleidigung nach sich ziehen, wenn der Empfänger seine Kontoauszüge liest. Dass auch die Bank ein Auge auf die Details hat, zeigt der Fall eines Mannes, der vor drei Jahren eine 40 Euro-Überweisung mit der Erklärung "Waffenfähiges Plutonium" versehen hatte.

Die Reaktion der Bank landete verspätet auf Twitter und macht derzeit in diversen Medien die Runde. Inzwischen ist unter den Kommentatoren schon eine Art Wettstreit um originelle Überweisungsanmerkungen entbrannt. "Koks und Nutten", "Schutzgeld" oder "Schweigegeld" sind offenbar fast schon Standard, "Danke für die Niere" scheint ebenfalls beliebt zu sein. Etwas ausgefallener sind da Betreffs wie "Für die Beseitigung sterblicher Überreste", "Danke, dass ich Ihr Klo benutzen durfte" oder auch "2 Liter Eigenurin".

Die Empfänger finden das erfahrungsgemäß im besten Fall lustig, reagieren bisweilen aber auch peinlich berührt, insbesondere dann, wenn sie ihre Kontoauszüge bei Ämtern oder Vermietern vorlegen müssen. Wer etwa dem Jobcenter Zahlungseingänge wegen "Blowjobs und Gras" erklären soll, wird an der Kreativität des Absenders wenig Freude haben. Auch bei Steuerberatern sind zwielichtige Zahlungsgründe offenbar nicht allzu gerne gesehen.

Zehn Jahre gespeichert

Ärger mit der Bank ist eher selten, kommt aber vor. Schaut man sich in Foren und Netzwerken um, ist die Verwarnung wegen des Verwendungszwecks keineswegs ein Einzelfall. Gerade wenn es um Waffen und Munition geht, werden die Banken hellhörig. Im besten Fall gibt es dann nur einen Brief mit der Aufforderung, solche Scherze künftig zu unterlassen. Wenn es schlechter läuft, wird die Überweisung nicht ausgeführt und man steht künftig unter Beobachtung des Bundeskriminalamts. So ging es im letzten Jahr einem jungen Münchner mit arabischem Vornamen, der einem Freund in der Schweiz Geld für einen gemeinsamen Urlaub überwiesen hatte. Der Verwendungszweck: "danke für die nacht … kommune1 … bin laden".

Auch wenn es sich recht offensichtlich nur um eine scherzhafte Provokation handelte, wird der junge Mann nun zehn Jahre lang auf einer Liste des Bundes- und des Landeskriminalamts stehen, wegen des nicht begründeten Verdachts der versuchten Terrorfinanzierung. Hätte sich der Verdacht bestätigt, wären es sogar 20 Jahre gewesen.

Dass der Bankkunde überhaupt davon erfuhr, ist keineswegs selbstverständlich. Normalerweise werden die Betroffenen nämlich gar nicht informiert, wenn sie im Visier der Geldwäschejäger landen. Auch wenn sich der Verdacht nicht erhärtet, können die Folgen unangenehm sein: "Bei Polizeikontrollen und Kontrollen am Flughafen wird man intensiver überprüft und auch ein Antrag für einen Kredit wird deutlich schwieriger werden", warnen die Juristen des Blogs Datenschutzbeauftragter-info.de.

Banken müssen prüfen

Dass Scherzbolde überhaupt bei der Bank auffällig werden, ist eine Folge des Geldwäschegesetzes. Das verpflichtet Banken dazu, sicherzustellen, dass sie nicht zur Geldwäsche und zur Terrorismusfinanzierung missbraucht werden. Das bedeutet aber nicht, dass Bankmitarbeiter jede einzelne Überweisung lesen. Das wäre auch wenig zielführend. Ein Waffenhändler wird wohl kaum "30 AK 47" in die Betreffzeile schreiben und ein islamischer Terrorist wird auch nicht mit Begriffen wie "Dschihad" oder "Allahu Akbar" Aufmerksamkeit erregen wollen.

Um Ungewöhnlichkeiten zu erkennen, die auf strafbare Handlungen hindeuten, überwachen Banken den Zahlungsverkehr mit spezieller Software. Zu diesen Screenings sind die Kreditinstitute gesetzlich auch verpflichtet. Die Algorithmen klopfen nicht nur den Verwendungszweck ab, sondern auch Summen und Empfängerdaten.

In der Regel funktioniert die Software nach dem Prinzip der Scoringsysteme, wie man sie etwa von der Schufa kennt. Für Auffälligkeiten werden Punkte vergeben, ist eine bestimmte Schwelle überschritten, schrillen bei der Bank die Alarmglocken. Auffällig sind verdächtige Schlagworte, aber auch beispielsweise hohe Bareinzahlungen oder plötzliche große Zahlungsaufträge an ein Auslandskonto, nachdem es vorher viele kleinere Geldeingänge gab. Überweisungen in Länder wie Nordkorea, den Iran oder auch nach Pakistan oder in den Jemen geben ebenfalls Punkte. Und wenn der Empfänger auf der EU-Embargoliste steht, kann man sich sicher sein, dass bei dem Programm alle Sirenen heulen.

Fällt eine Überweisung beim Screening auf, kommt der Mensch ins Spiel. Dann müssen die Geldwäschebeauftragten der Banken genauer nachsehen und die Lage einschätzen. Erhärtet sich der Verdacht gegen den Absender, werden die zuständige Strafverfolgungsbehörde und das BKA eingeschaltet. Und spätestens dann wird es für die Kunden unangenehm. "Die Meldeschwelle ist bei der letzten Geldwäschegesetz-Novelle bewusst noch einmal gesenkt worden", sagt Tanja Beller vom Bundesverband deutscher Banken n-tv.de. "Kunden sind deshalb gut beraten, auf scherzhafte Angaben in Überweisungsaufträgen zu verzichten". Die "sexuellen Gefälligkeiten" sind natürlich keine Straftat im Sinne des Geldwäschegesetzes. Hier könnte es allenfalls Ärger mit dem Empfänger der Zahlung geben.   

Quelle: ntv.de

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