Nach 40 Jahren im Mietshaus Rauchender Rentner muss ausziehen
26.06.2014, 08:54 Uhr
Grundsätzlich kann man Mietern das Rauchen in der Wohnung nicht verbieten. Ein Düsseldorfer Rentner muss nun allerdings nach Jahrzehnten aus einem Mietshaus ausziehen, weil er die Nachbarn massiv durch Zigarettenqualm belästigte. Eine Chance bleibt dem Mann aber noch.
Im Streit um Zigarettenrauch in einem Düsseldorfer Mietshaus muss ein rauchender Rentner nach 40 Jahren seine Wohnung räumen. Das hat das Landgericht entschieden und die Berufung des 75-Jährigen zurückgewiesen. Die Räumung soll bis Jahresende erfolgen.
Das Gericht befand, Rauchen eines Mieters in seiner Wohnung stelle für sich genommen kein vertragswidriges Verhalten dar und könne dementsprechend weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Der rauchende Mieter Friedhelm Adolfs habe jedoch einen schwerwiegenden Pflichtverstoß begangen: Der Rentner habe nicht versucht zu verhindern, dass Zigarettenrauch in den Hausflur zieht. Er habe die unzumutbare Geruchsbelästigung sogar noch gefördert, indem er seine Wohnung unzureichend gelüftet und seine zahlreichen Aschenbecher nicht geleert habe.
Zum Verhängnis wurde Adolfs, dass seine frühere Anwältin in der ersten Instanz das Vorliegen einer "unzumutbaren Belästigung" nicht bestritten hatte. Somit hatten die Gerichte die Belästigung als unstreitige Tatsache zu werten.
Aussage gegen Aussage
In der mündlichen Verhandlung im Januar hatte das Landgericht noch durchblicken lassen, dass es die Räumungs-Entscheidung des Amtsgerichts für falsch hielt. Auch deshalb, weil die Vermieterin zwischen Abmahnung und Kündigung über ein Jahr verstreichen ließ. Doch die Vermieterin legte nach: Sie habe keinesfalls tatenlos abgewartet, sondern den Mieter mehrfach mündlich abgemahnt. Adolfs bestritt das, doch die Vermieterin konnte einen Zeugen bringen, den das Landgericht für glaubwürdig hielt. Bei der Bemessung der vergleichsweise langen Räumungsfrist berücksichtigte das Gericht, dass der ehemalige Hausmeister der Immobilie bereits seit rund 40 Jahren in der Wohnung lebt.
Noch hat Adolfs eine Chance, doch noch zu bleiben, denn das Landgericht hat überraschenderweise die Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof zugelassen. Damit wollen die Richter eine grundsätzliche Klärung der Frage ermöglichen, ob die durch das Rauchen eines Mieters verursachten Immissionen innerhalb eines Mehrfamilienhauses einen Kündigungsgrund darstellen können.
Adolfs hatte bei der mündlichen Verhandlung im Januar noch angekündigt, sich notfalls durch alle Instanzen zu klagen. "Sehr vieles spricht dafür, dass wir die Rechtsmittel ausschöpfen", sagte Adolfs Anwalt Martin Lauppe-Assmann nach dem Richterspruch. Vor einer Entscheidung müsse er aber das schriftliche Urteil studieren. Den Mieter hat das Urteil offenbar überrascht. Er habe sich für den Fall einer Niederlage keine Gedanken gemacht, wie es mit ihm weitergehe und müsse sich nun mit seinem Anwalt beraten, sagte der Kläger.
Auftritt bei Raucher-Demonstrationen
Adolfs Fall geriet zu einem bundesweit beachteten Politikum. Der 75-Jährige trat bei Raucher-Demonstrationen auf. Sympathisanten spendeten dem Rentner Geld für die Prozesskosten. So wurde der Rentner seinem Anwalt zufolge zum "zweitbekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt".
Das Rauchen in der eigenen Wohnung gilt als höchstrichterlich geschützte persönliche Freiheit. Der Bundesgerichtshof ließ aber 2006 und 2008 ausdrücklich offen, ob "exzessives Rauchen" als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Außerdem hatten Gerichte Nichtrauchern, die sich durch Qualm belästigt fühlten, Mietminderungen zugesprochen.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP