Sicherste und rentabelste Anlage Verbraucherschützer fordern Aktien-Rente
02.11.2021, 13:16 Uhr
Damit Rentner auch in Zukunft noch was zu lachen haben, muss einiges passieren.
(Foto: imago/Westend61)
Vor lauter Corona und Klima wird gerne vergessen, dass es auch um die Rente nicht gut steht. Das Thema wurde lange vernachlässigt - und fällt nun der neuen Regierung auf die Füße. Denn damit das Geld im Alter reicht, muss einiges passieren. Zum Beispiel, Aktien für die Altersvorsorge staatlich verordnet zu nutzen.
Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente hierzulande steht auf wackeligen Beinen. Oder genauer, sie wird schlicht nicht zum Leben reichen. Das hat verschiedene Gründe: die Veränderungen der Arbeitswelt, fehlende künftige Beitragszahler, der Renteneinritt der geburtenstarken Jahrgänge bis 2030 und falsche politische Schwerpunkte. Ein weiterer, unbestrittener Faktor ist die Schwäche der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, der Riester-Rente.
Auf die neue Bundesregierung kommt also eine Menge Arbeit zu oder sollte zumindest. Das Rentenalter anzuheben, die Beiträge zu erhöhen oder die Leistungen zu reduzieren, kommt dabei für die Politik nicht infrage. Zu groß ist die Sorge vor dem Zorn der Wähler. Doch vielleicht hilft ja eine langjährige Forderung der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) weiter. Denn geht es nach der VZBV, muss die oberste Priorität für die neuen Verantwortlichen die Einführung einer kostengünstigen und auf Aktien basierten kapitalgedeckten Altersvorsorge sein. Denn Aktien können - staatlich verordnet - eine stabilisierende und gewinnbringende Option sein. Und Länder wie Australien, Großbritannien, Norwegen oder Schweden machen vor, wie das gelingen kann.
Nur für die private Vorsorge oder doch die gesetzliche Rente?
Wobei sich die Verbraucherschützer für eine bessere Kapitalanlage von Aktien in der privaten Altersvorsorge einsetzen und sich gegen eine Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung aussprechen. Ermöglicht soll das dadurch werden, dass ein Fonds, der die Riester-Rente ersetzen soll, auf Selbstkostenbasis und ohne Gewinnerzielungsabsicht von einer öffentlichen Stelle verwaltet werden soll. Zudem sollen dem Sparer flexible Lebenszyklenmodelle, die sowohl frei wählbare Investitionen in Aktien und/oder Anleihen erlauben, möglich sein - mutmaßlich in Form von Indexfonds (ETFs). Genau wie die Riester-Rente soll der Vorsorgefonds freiwillig sein. Allerdings müssten sich Arbeitnehmer explizit gegen den Fonds aussprechen, ansonsten würden die Beiträge automatisch vom Arbeitgeber abgeführt. In Schweden wird ein solches Modell bereits erfolgreich praktiziert. Mit dem Unterschied, dass die zusätzliche private Altersvorsorge hier Pflicht ist.
Eine Lösung, bei der die Aktienanlage in der gesetzlichen Rentenversicherung Einzug halten soll, favorisiert beispielsweise die FDP. Um das Rentenniveau langfristig wieder zu steigern, sollen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung demnach aufgeteilt werden. Statt bislang 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens - von Arbeitgeber und -nehmer zusammen - sollen nur noch beispielsweise 16,6 Prozent in die bisherige Rentenversicherung fließen und dafür 2 Prozent in eine "Aktienrente". Auch dieser Fonds soll unabhängig verwaltet werden.
Das Vorbild: Auch hier Schweden. Das schwedische Rentensystem stützt sich ebenfalls auf drei Pfeiler: die staatliche Regelaltersrente, die Betriebsrente vom Arbeitgeber, welche die meisten Rentner erhalten, und zusätzlich private Ansparungen auf die Rente. Wobei Letztere aus dem 18,5-prozentigen Rentenbeitragssatz mit 2,5 Prozent automatisch gespeist werden. Diese werden am Kapitalmarkt investiert. Arbeitnehmer wählen selbst, ob sie das Geld in bestimmten Fonds platzieren möchten oder ob sie es im staatlich ausgewählten Fonds AP7 Såfa belassen. Mehr als die Hälfte der Bürger legt ihr Geld so im 66 Milliarden Euro großen und stark aktienlastigen Staatsfonds an. Und das ziemlich erfolgreich. In den vergangenen zehn Jahren schaffte der eine durchschnittliche jährliche Rendite von mehr als 14 Prozent.
Die VZBV hält einen Eingriff in die gesetzliche Rente hingegen als zu riskant und weist darauf hin, dass die Rentenversicherung aus dem Rentenbeitrag nicht nur die Altersrente finanziert, sondern auch zusätzliche Aufgaben wie Erwerbsminderungsrenten, Witwen- und Waisenrenten oder Reha-Leistungen. Werden Teile der Rentenbeiträge in den Aufbau eines Kapitalstocks geleitet, könne dies zwar die Altersrenten erhöhen, für die solidarischen Aufgaben fehle dann aber wiederum Geld in der Rentenkasse.
Das Deutsche Aktieninstitut kann sich ein Ansparverfahren mit Aktien in allen Säulen (gesetzliche Rente, Betriebsrente, private Vorsorge wie Riester- oder Rürup-Rente) der Altersvorsorge vorstellen.
Aktien sicherer und rentabler als Anleihen
In einem Hintergrundpapier ("Kapitalgedeckte Altersvorsorge mit Aktien! 120 Jahre Aktien und Staatsanleihen im Renditevergleich") des Deutschen Aktieninstituts und des Verbraucherzentrale Bundesverbands in Zusammenarbeit mit dem Finvia Family Office werden die historischen Vorteile von Aktien für die Altersvorsorge dargelegt. Unabhängig von der Frage, in welcher Säule der Altersvorsorge Kapitaldeckung stattfindet. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
- Anleger, die einen langen Atem mitbringen und breit gestreut in Aktien sparen, können sich über hohe Erträge freuen. In der aktuellen Analyse wird das aktuelle Kapitalmarktumfeld in den historischen Kontext der vergangenen 120 Jahre gesetzt. Im Ergebnis zeigt sich, dass eine breit diversifizierte Aktienanlage langfristig höhere Erträge erwirtschaftet als anleihebasierte Vorsorgeformen, ohne mit höheren Risiken verbunden zu sein.
- Aktien haben nach Abzug der Inflation in diesem Zeitraum 5,7 Prozent Rendite pro Jahr erwirtschaftet - Anleihen dagegen nur 2,1 Prozent.
- Schwächephasen an der Börse können ausgesessen werden. Gleichzeitig ist die langfristige Anlage in Aktien auch weniger riskant als das Investment in Staatsanleihen. An den Aktienmärkten hat es im Durchschnitt in den letzten 120 Jahren maximal elf Jahre gedauert, bis Anleger, die zum jeweiligen historischen Rekordstand gekauft hatten, den nachfolgenden Verlust wieder aufgeholt hatten. Bei Staatsanleihen musste der Anleger im schlimmsten Fall 53 Jahre warten, bis die Gewinnzone wieder erreicht wurde.
- Nach den Prognosen der Finvia werden Aktien auch zukünftig im Vergleich zu Staatsanleihen höhere Erträge erwirtschaften. Obwohl Aktien derzeit weltweit auf Rekordwerten notieren, wird auch in Zukunft mit deutlich positiven Erträgen von real (bei einer Inflationserwartung von drei Prozent) bis zu drei Prozent pro Jahr in den nächsten zehn Jahren gerechnet. Die Erträge deutscher Staatsanleihen werden sich dagegen mit real minus 3,2 Prozent voraussichtlich stark negativ entwickeln. Die Prognose zeigt bei Aktien weiterhin ein erhebliches Ertragspotenzial und widerspricht der weit verbreiteten Meinung, das Investment in Aktienmärkte sei (zurzeit) übermäßig risikoreich.
Fazit: An Aktien geht laut der Untersuchung beim erfolgreichen Vermögensaufbau und der Altersvorsorge kein Weg vorbei. Das war so, ist so und wird auch künftig so sein. Umso wichtiger ist es, dass die Politik endlich den Weg für eine stärkere Aktienorientierung in der kapitalgedeckten Altersvorsorge ebnet, fordert die VZBV.
Dazu Klaus Müller, VZBV-Vorstand: "Auch wenn die gesetzliche Rente wie geplant stabilisiert wird: Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihren Lebensstandard im Alter halten wollen, bleiben auf eine Zusatzvorsorge über den Kapitalmarkt angewiesen. Das Problem: Deutschland muss 20 Jahre falsche Kapitalanlage mit überwiegend festverzinslichen Altersvorsorgeprodukten reparieren. Deswegen muss die neue Ampel-Koalition den Weg für eine kostengünstige und renditestarke Altersvorsorge freimachen, die breit diversifiziert in Aktien anlegt."
Quelle: ntv.de