Den Nachwuchs absichern Was bringt eine Kinderunfallversicherung?
05.02.2019, 06:49 Uhr
Im Alltag lauern viele Gefahren auf Kinder - zumindest vor den finanziellen Folgen von Unfällen können manche Versicherungen schützen.
(Foto: imago/McPHOTO)
Die meisten Menschen können eine kleine Narbe vorzeigen, die sie sich in der Kindheit zugezogen haben. Oft bleibt es bei solchen Schrammen. Doch manchmal passieren Kindern Unfälle, die langfristige Folgen haben. Dies kann eine Familie auch finanziell schwer belasten. Um den Nachwuchs abzusichern, können Eltern eine Kinderunfallversicherung abschließen. Doch wie sinnvoll ist dies, und welche Alternativen gibt es?
"Eine Kinderunfallversicherung bietet nur begrenzten Schutz", erklärt Michael Nischalke von der Stiftung Warentest. Folgen von Krankheiten blieben außen vor. "Sie zahlt nur, sofern ein Unfall eine Invalidität verursacht." Unter Invalidität verstehen Versicherungen einen bleibenden körperlichen Schaden, für den dauerhaft, also mehr als drei Jahre, keine Besserung zu erwarten ist. Als versicherter Unfall gilt ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Das kann ein Autounfall sein oder eine Stichflamme auf dem Herd.
Besser eine Kinderinvaliditätsversicherung
Doch durch einen Unfall entstehen Schwerbehinderungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei weniger als zwei Prozent der Fälle. Hauptursache sind Krankheiten. Auch wenn nicht jede Invalidität eine Schwerbehinderung ist, geben die Zahlen einen Hinweis darauf, dass schwere Krankheiten eher eine Gefahr sind als Unfälle.
Der Abschluss einer Unfallversicherung sei zwar nicht unsinnig, habe aber nicht höchste Priorität, erklärt Nischalke. "Besser ist der Abschluss einer Kinderinvaliditätsversicherung. Die bietet umfassenderen Schutz, zahlt auch bei Invalidität durch Krankheit."
Die Kinderinvaliditätsversicherung springt ein, sobald ein Arzt dem Kind einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent bescheinigt. Sie zahlt dann in der Regel eine lebenslange Rente. Mindestens 1000 Euro Rente pro Monat sollten es sein, empfiehlt Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Einige Anbieter leisten zusätzlich eine Einmalzahlung. Damit können Eltern etwa nötige Umbauten oder die Anschaffung eines behindertengerechten Autos finanzieren. "Was sinnvoll ist, hängt von den Umständen ab. Wer sich mehr leisten kann, sollte durchaus auch eine höhere Rente versichern", sagt Grieble.
Günstigere Alternative
Wer diese Versicherung für seine Kinder abschließen will, muss einen umfassenden Fragebogen zu deren Krankengeschichte ausfüllen. Möglich ist der Abschluss meist nach dem ersten Lebensjahr, bei einigen Anbietern auch schon früher. Hat ein Kind schon Krankheiten, kann die Versicherung diese vom Versicherungsschutz ausschließen.
Beim Vergleich der Angebote sollten Eltern darauf achten, wann der Versicherer nicht zahlt. "Allerdings gibt es nur wenige Angebote am Markt, Eltern müssen oft gezielt bei den Versicherungen nach einem Angebot fragen", erklärt Grieble. Gute Verträge können mitunter mehr als 400 Euro im Jahr kosten. Für viele Familien ist das eine hohe Summe. "Wer sich dadurch keinen Nachhilfeunterricht leisten kann, sollte lieber auf die Versicherung verzichten", erklärt Nischalke. Im Ernstfall gebe es im begrenzten Umfang auch staatliche Hilfen.
Eine günstigere Alternative kann dann die Kinderunfallversicherung sein - gute Policen gibt es ab etwa 50 Euro im Jahr. Sie eignet sich für Kinder, die wegen einer Vorerkrankung keine Invaliditäts-Police bekommen oder als zusätzlicher Schutz. Denn die Unfallversicherung leistet auch bei geringen Invaliditätsgraden.
"Entscheiden sich Eltern für eine Unfallversicherung, sollten sie diese aber für die wirklich schweren Fälle abschließen", erläutert Nischalke. In vielen Verträgen sei die Versicherungssumme zu niedrig. Nischalke empfiehlt Tarife, die bei Vollinvalidität mindestens 500.000 Euro auszahlen und bei 50 Prozent Invalidität 100.000 Euro leisten.
Auf Progression achten
Eine Unfallversicherung sei ein ziemlich kompliziertes Konstrukt, was den Vergleich der Tarife erschwert, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Wie viel die Versicherung im speziellen Fall tatsächlich leistet, hänge von mehreren Faktoren ab. Zum einen von der Grundversicherungssumme und der sogenannten Gliedertaxe. Die Gliedertaxe gibt an, welchem Grad an Invalidität der Verlust eines Körperteils entspricht. Ein fehlender Daumen kann bei einigen Tarifen eine Invalidität von 20 Prozent bedeuten. Die Versicherung zahlt also 20 Prozent der Grundsumme aus.
"Damit schwerere Fälle aber höher versichert sind, gibt es zusätzlich die Progression", erklärt Boss. Je höher der Invaliditätsgrad, desto stärker kann die Auszahlung ausfallen. Sie steigt anfangs nur leicht, bei stärkeren Beeinträchtigungen aber deutlicher an.
Beträgt die Progression etwa 225 Prozent, bekommt der Versicherte bei Vollinvalidität das 2,25-Fache der Grundsumme. Der BdV empfiehlt eine Grundsumme von 200.000 Euro mit einer Progression zwischen 225 und 350 Prozent. Ein voll invalides Kind bekäme bei einer Progression von 225 Prozent 450.000 Euro ausgezahlt.
Von einer Unfallversicherung mit Beitragsrückgewähr rät Boss ab. Sie kombiniert den Unfallschutz mit einem Sparvorgang und wird als "Versicherung zum Nulltarif" beworben. Dabei werden nur die zusätzlich zu den Unfallversicherungsbeiträgen gezahlten Sparanteile berücksichtigt – mit schlechter Verzinsung.
Ein guter Tarif sollte Infektionskrankheiten, Insektenstiche und Tierbisse absichern, rät Boss. Verletzungen beim Toben oder Heben sollten auch abdeckt sein - Fachleute sprechen von einem Unfall durch Eigenbewegung und erhöhte Kraftanstrengung. Auf Verträge mit einer Dynamik sollten Eltern laut Boss verzichten. Dabei erhöht sich jedes Jahr die Versicherungssumme. Stattdessen sollten sie besser gleich zu Anfang eine ausreichende Grundsumme vereinbaren.
Quelle: ntv.de, Annika Krempel, dpa