Ratgeber

Umkleide ausspioniert Wenn der Arzt heimlich filmt

Die Anfertigung unerlaubter Bildaufnahmen in der Umkleidekabine stellt unabhängig von der damit verfolgten Motivation einen erheblichen Eingriff in die Intim- und Privatsphäre dar.

Die Anfertigung unerlaubter Bildaufnahmen in der Umkleidekabine stellt unabhängig von der damit verfolgten Motivation einen erheblichen Eingriff in die Intim- und Privatsphäre dar.

(Foto: dpa)

Ein Arzt ist dem Wohl der Patienten verpflichtet. Und mit eigener Praxis auch dem der Mitarbeiter. Unschön, wenn diese dann mit einer versteckten Kamera beim Umziehen gefilmt werden. Aber kostet der verbotene Voyeurismus auch die Zulassung?

Jeder Mensch hat laut Gesetz das Recht auf Anonymität. Wird ungefragt ein Foto oder Film einer anderen Person gemacht, können die Persönlichkeitsrechte verletzt sein. Werden hingegen fremde Menschen lediglich im Hintergrund als "Beiwerk" abgelichtet, ist dies von den Betroffenen hingegen auch meist ungefragt zu tolerieren. Davon ist in einem vor dem Landessozialgericht (LSG) Thüringen verhandelten Fall aber wohl eher nicht auszugehen (Az.: L 11 KA 807/16).

Entdeckten hier doch die bei einem Zahnarzt beschäftigten Zahnarzthelferinnen eine versteckte Kamera im Umkleideraum. Mit dieser erstellte der Arzt ohne Wissen seiner Mitarbeiterinnen Aufnahmen von diesen. Ein deswegen geführtes Strafverfahren wurde vom Landgericht Gera nach der Zahlung eines Schmerzensgeldes und Rücknahme des Strafantrages durch die Praxisangestellten eingestellt. 

Allerdings wurde auf Antrag der kassenzahnärztlichen Vereinigung ein Verfahren mit dem Ziel der Entziehung der Zulassung des Zahnarztes eingeleitet. Und auch beschlossen. Dagegen wehrte sich der Voyeur mit einer Klage vor dem LSG.

Ohne Erfolg. Denn nach Auffassung des Gerichtes ist der Zahnarzt aufgrund einer groben Verletzung seiner Pflichten ungeeignet für die Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit. Demnach kann die Ungeeignetheit eines Arztes nicht nur mit schweren Pflichtverstößen im Hinblick auf die ihm anvertrauten Patienten oder dem System der vertragszahnärztlichen Versorgung begründet werden. Vielmehr kann sich eine solche auch aus dem Verhalten gegenüber den Praxisangestellten ergeben. Dass der Mann über einen Zeitraum von sechs Jahren wiederholt Bildaufnahmen von seinen Praxisangestellten ohne deren Kenntnis angefertigt hatte, wertete das LSG denn auch als eine solche Pflichtverletzung.

Denn die Anfertigung unerlaubter Bildaufnahmen in der Umkleidekabine stellt unabhängig von der damit verfolgten Motivation einen erheblichen Eingriff in die Intim- und Privatsphäre der Mitarbeiterinnen und in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieser ist von der Schwere genauso zu werten, wie eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Da der Arztberuf aber besondere Anforderungen an die charakterliche Eignung desjenigen, der ihn ausübt, erfordert, befand das Gericht den Entzug der Zulassung als gerechtfertigt.

Quelle: ntv.de, awi

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen